Johanne Gesine Stolle – Biographie

Johanne Gesine Margarete Stolle wird am 15. Oktober 1870 als zweites Kind von Gerhard Hinrich Stolle und Margareta Stolle in Hurrel geboren, sehr wahrscheinlich auf dem Pachthof ihrer Eltern am Brink (heute: Hartmut und Ute Stolle). Sie ist die jüngere Schwester von Johann Hinrich Stolle und die ältere Schwester von Anna Gesine Stolle. Darüber hinaus hat sie mit Meta Katharine Stolle, Gerhard Stolle, Heinrich Stolle und Bertha Claußen noch vier jüngere Halbgeschwister aus der zweiten Ehe ihres Vaters mit Margaretas Schwester Beta von Seggern.

Den ganzen Oktober 1870 hindurch tobt der Deutsch-Französische Krieg, der mit der Niederlage der Franzosen in der Schlacht von Sedan und der Gefangennahme ihres Kaisers Napoleon III. Anfang September eigentlich schon entschieden schien. Doch in Paris bildet sich daraufhin eine republikanische Regierung unter Führung von Léon Gambetta und Jules Favre, die nach der Mitte September einsetzenden Belagerung der Hauptstadt von Tours aus mit der Aushebung einer neuen Armee beginnt. Auf spektakuläre Art und Weise gelingt dabei am 7. Oktober Innenminister Gambetta die Flucht aus Paris: Er überwindet die feindlichen Linien an Bord eines Heißluftballons.

Die zeitweise in Vergessenheit geratene Erfindung der Gebrüder Montgolfier hatte sich bereits bei der Belagerung von Metz bewährt. In Paris holen die Verteidiger daraufhin alle noch verfügbaren Ballons – der Überlieferung zufolge sieben – aus den Depots und stellen fieberhaft neue her. Dabei verwandeln sich die verwaisten Bahnhöfe Gare du Nord und Gare d’Orléans kurzerhand in Ballon-Fabriken. Innerhalb weniger Wochen sind fast 60 neue Luftfahrzeuge einsatzbereit. Einer dieser Ballons bringt René Dagron nach Tours, den Erfinder des Mikrofilms. Dank seiner Hilfe können Brieftauben fortan tausende Briefe und Depeschen von Tours nach Paris und zurück transportieren. Das funktioniert den Umständen entsprechend gut, aber nur für relativ kurze Zeit: Schon bald setzen die Belagerer eilig aus Deutschland herangeschaffte Falken zur Taubenjagd ein. Am 28. Januar 1871 muss Paris kapitulieren, der Krieg ist vorbei.

Der Sieg und die Ausrufung von Preußens König Wilhelm I. zum deutschen Kaiser dürften auch in Hurrel bejubelt werden. Sehr schnell kehren jedoch die Sorgen des Alltags zurück, der oft genug ebenfalls lebensbedrohend ist. Wie im Falle von Johanne Gesine: Sie fällt gemäß Kirchenbuch-Eintrag am 19. April 1871 einer „Brustkrankheit“ zum Opfer – im damaligen Sprachgebrauch ein Synonym für die Volksseuche Tuberkulose. Beerdigt ist Johanne Gesine sechs Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.