❷ Köter und Brinksitzer machen Hurrel zum Dorf

Als Köter bezeichnen Heimatforscher die zweite Siedlergeneration eines Dorfes. Der Name leitet sich aus dem Begriff „Kote“ oder „Kate“ ab und beschreibt die meist nur sehr kleinen und ärmlichen Häuser, in denen die Neuankömmlinge wohnen. Entsprechend gering ist anfangs ihre soziale Stellung – wobei sich diese Einordnung im Laufe der folgenden Jahrzehnte schnell relativiert, als mit den sogenannten Brinksitzern die dritte Siedlergeneration hinzukommt. Letztlich ist damals in Hurrel wie andernorts auch der Zuzug weiterer Siedler nicht unbedingt gern gesehen, bedeutet er doch eine Minderung der nur spärlich vorhandenen Wirtschaftsflächen. Angesichts der vielen Feucht- und Sumpfgebiete gibt es zudem nur wenig Land, das sich überhaupt für eine Kultivierung eignet.

Insgesamt gibt es in Hurrel den Quellen zufolge ab 1508 sechs Köterstellen, von denen vier heute noch existieren: die Höfe von Heinz Brinkmann (Pirschstraße 2), Inge Pflug (Bremer Straße 35), Birgit Ganteföhr (Ortstraße 2) und Linda Helmers (Ortstraße 5).

Die weitaus größte Gruppe von Hofeigentümern ist die der Brinksitzer. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen verzeichnet Deutschland seit Beginn des 17. Jahrhunderts ein starkes Wachstum der Bevölkerung, das nur zeitweise durch den Dreißigjährigen Krieg gebremst wird. Zum anderen ist der Staat damals als Besitzer der unbesiedelten Marken an der Ansetzung neuer Stellen interessiert, um die Zahl der Steuerzahler zu vermehren.

Das bis ins Indogermanische zurückzuführende Wort „Brink“ bedeutet so viel wie „Rand“ oder „Ufer“. Gelegentlich steht er auch für den in der Mitte eines Dorfes angelegten, mit Gras bewachsenen Gemeinschaftsplatz. Das ist auch in Hurrel der Fall. Ohne besonderen Übergang taucht hier 1607 erstmalig in den Steuerlisten der Landesherrschaft die dritte Generation der Brinksitzer auf, und zwar von Anfang an recht zahlreich. Wahrscheinlich sind die ersten Brinksitzereien schon am Ende des 16 Jahrhunderts entstanden. Näheres lässt sich dazu allerdings nicht sagen, da die Aktenlage zu dieser Zeit recht lückenhaft ist. Weil die meisten Brinksitzer von der Landwirtschaft allein nicht leben können, üben sie zusätzlich noch ein Handwerk aus.

Was die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges betrifft, so hat die Grafschaft Oldenburg – und damit auch Hurrel – das große Glück, in Graf Anton Günther einen Regenten zu besitzen, der es mit Diplomatie und Geschick versteht, sein Land weitgehend aus den Kriegswirren herauszuhalten. Nach Anton Günthers Tod 1667 ist Oldenburg bis 1773 ein Teil Dänemarks und wird 1679 im Verlauf des Nordischen Krieges kurze Zeit von französischen Truppen besetzt. Aus diesem wenig erfreulichen Abschnitt der Hurreler Geschichte berichtet der Huder Pastor Diedrich Conrad Muhle in seiner Chronik, dass einer der durchziehenden Franzosen ein Gewehr auf einen Einwohner richtet, „als wenn’s ein Hasenschießen wär“. Doch hat er offenbar nicht mit einem anderen Hurreler gerechnet, der ihm zuvorkommt. Fünf weitere Franzosen müssen dann den Schilderungen zufolge noch dran glauben. Ob und wie dieser Vorfall geahndet wird, ist nicht überliefert.