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Die Arbeit an der Hurreler Gedächtnis-Seite ist ein dynamischer Prozess, ständig kommen neue Texte hinzu. Zum Start im März 2016 waren 50 Biographien ehemaliger Hurreler online abrufbar, im Oktober 2016 dann 100 und Ende März 2022 bereits mehr als 500. Wer sich da einen ersten Überblick verschaffen möchte, hat es natürlich nicht leicht – schon gar nicht als Außenstehender. Doch auch für Besucher der Seite ohne Hurreler Wurzeln gibt es einiges zu entdecken. Zum einen, weil viele Biographien im wahrsten Sinne des Wortes das Leben spiegeln: Was die Hurreler erlebt haben, ist Millionen anderen Menschen derselben Generation so oder so ähnlich auch widerfahren. Zum anderen greift jede Biographie spannende und aus heutiger Sicht mitunter kurios anmutende Ereignisse auf, die außerhalb Hurrels Geschichte geschrieben haben.
Die für einen ersten Überblick ausgewählten zwölf Biographien spannen einen Bogen, der von 1856 bis 2013 reicht. Ins erstgenannte Jahr fällt die Geburt von Bernhard Wiedau: Er steht für all jene Hurreler, die nahezu ihr ganzes Leben im Dorf verbracht haben und dabei sehr alt geworden sind – in seinem Fall 97. Andere Beispiele sind Bernhards Tochter Adele Brinkmann, sein Nachbar Bernhard Haverkamp, Frieda Barkemeyer, Anna Schweers, Anna von Seghern und Mathilde Spreen. Adele Schweers, 2003 kurz vor ihrem 90. Geburtstag verstorben, gehört ebenfalls dazu. Sie repräsentiert als Kriegswitwe aber noch eine weitere, gar nicht mal so kleine Gruppe ehemaliger Hurreler. Dasselbe Schicksal haben unter anderem Martha Behmann, Martha Broers-Krumland, Hermine Hemme, Adele Lückemeyer, Frieda Martens, Anni Meyer, Anna Timmermann und Henny Tuschar erlitten. Sowie Martha Wachtendorf, die zusammen mit Erna Höpken, Sophie Meyer und einigen anderen wiederum für eine ganz besondere Gruppe steht: die jener jungen Frauen, die es nach dem Ersten Weltkrieg für mehrere Jahre als Hollandgängerin ins Nachbarland verschlagen hat.
Die Hurreler Gedenktafel für die Opfer der Weltkriege umfasst insgesamt 41 Namen. Fast alle dazugehörigen Biographien sind mittlerweile auf der Hurreler Gedächtnis-Seite zu finden. Stellvertretend ist an dieser Stelle Heino Stöver genannt, der seit März 1945 als vermisst gilt. Einige Hurreler Kriegsopfer wie Georg Haverkamp, Diedrich Lüers oder Heinrich Schwarting fehlen auf der Tafel, weil sie zum Zeitpunkt ihres gewaltsamen Todes Hurrel bereits verlassen und andernorts eine Familie gegründet hatten oder wie Johann Hinrich Stolle und Johann Hinrich Barkemeyer in einem ganz anderen Konflikt gestorben sind. Letzterer gehört mutmaßlich zu jenen jungen Männern aus dem damaligen Herzogtum Oldenburg, die 1812 Napoleon Bonaparte auf seinem Russlandfeldzug begleiteten.
Zwar mit dem Leben davongekommen, aber natürlich ebenfalls Kriegsopfer sind all jene, die nach dem Zweiten Weltkrieg als Heimatvertriebene nach Hurrel gekommen sind. Zu diesem Kreis gehören neben Grete Birth, deren Leidensweg besonders ausführlich dokumentiert ist, unter anderem Gretes Eltern Minna und Wilhelm Fenske sowie Emilie Ahrens, Artur Braun, Reinhard Braun, Waltraud Claußen, Frieda Härtig, Willi Härtig, Käthe Jung, Anna Kulz und Heinz Stolle. Schon nach dem Ersten Weltkrieg ihre zuvor auserwählte Heimat verloren haben nebst sieben Kindern Karl und Berta Franz aus Westpreußen sowie Leo Jung, der 1918 in Deutsch-Ostafrika von den Briten zunächst interniert und dann ausgewiesen wird.
Dass viele Hurreler früherer Generationen keineswegs an ihrer Scholle klebten, zeigt die beachtliche Liste der Nordamerika-Auswanderer. Anna Tönjes gehört ebenso dazu wie Ehemann Heinrich, ihre Geschwister Heinrich und Friedrich Wilkens, Schwägerin Sophie Wilkens, Johann Tönjes, Heinrich Janzen, Heinrich, Johann Christian und Hermann Brockshus, Clara und Heinrich Neuhaus oder Beta Mönnich. Etwas untypisch, aber ebenso erinnerungswert ist die Lebensgeschichte von Claire Vèbre, die sich nach dem Ersten Weltkrieg allem Gerede von der „Erbfeindschaft“ zum Trotz der Liebe wegen in Frankreich niederlässt. Oder jene von Walter Rüscher, der in den 1950er Jahren zur See fährt und dessen Spur sich 1961 im Indischen Ozean verliert.
Eine Gruppe, die in geschichtlichen Rückblicken fast immer zu kurz kommt, ist jene der über zahlreiche Generationen hinweg an Tuberkulose und anderen Krankheiten früh verstorbenen Kinder und Jugendlichen. Im Deutschland des 19. Jahrhunderts geht ihre Zahl in die Millionen. Auch für Hurrel ist diese Liste lang – bei weitem zu lang, um sie hier vollständig aufzuführen: Georg Rüdebusch ist nur ein Beispiel von vielen. Noch schneller vergessen werden zumeist behinderte Menschen – egal, ob sie wie Werner Ahlers, Heinrich Georg Schwarting und Gerd Wachtendorf schon als Kind sterben oder wie Karl Barkemeyer erst wenige Jahre vor ihrem 80. Geburtstag. Das soll in Hurrel nicht passieren.
In früheren Generationen arbeiteten fast alle Hurreler in der Landwirtschaft. Eine – allerdings nur Männern zugängliche – Alternative war das Evangelische Lehrerseminar in Oldenburg, das Friedrich Schwarting wie einige Jahre zuvor schon sein Bruder Heinrich von 1905 bis 1913 besuchte. Auch Heinrich Wieting und Johann Diedrich Mönnich, 1845 auf dem heutigen Hof von Werner Schnell geboren, entschieden sich für den Lehrerberuf. Dann gab es in Hurrel natürlich auch noch die Lehrer der 1897 eingerichteten Dorfschule wie Bernhard Schelling, Heino Schierenbeck oder August Meyer. Ihre Biographien warten jedoch noch darauf, geschrieben zu werden.
Schon einige Jahre länger als die längst geschlossene Schule existiert in Hurrel ein Dorfgasthof, derzeit geführt von Hajo und Dagmar Mehrings. Wie es dort zu Anfang des 20. Jahrhunderts und in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg zuging, lässt sich beispielhaft aus den Biographien von Bertha Busch und Karla Mehrings herauslesen. So viel vorweg: Beide Frauen prägten das örtliche Leben über Jahrzehnte, und in puncto Einsatzbereitschaft standen sie ihren nach außen den Betrieb führenden Ehemännern Carl Busch und Otto Mehrings in nichts nach.
Eine relativ neue, aber in Zukunft vermutlich noch wachsende Gruppe stellen jene Hurreler dar, die über den Kauf eines Resthofs oder eines Wochenend-Hauses Teil der Dorfgemeinschaft wurden. Dazu gehören Hans und Meta Meyer, aber auch der bekannte Agrarwissenschaftler Karl Schimmelpfennig und der ebenfalls weit über Hurrel und die Gemeinde Hude hinaus bekannte Maler Werner Ganteföhr.
Nach diesem kurzen Einführungs-Rundgang noch ein ganz praktischer Hinweis: Sämtliche rot markierten Stichworte der Hurreler Gedächtnis-Seite sind mit anderen Seiten oder weiterführenden Informationen verlinkt. Einfach mal ausprobieren und eintauchen …