Hinrich Tönjes – Biographie

Tönjes Hinrich Tönjes – Rufname Hinrich – wird am 19. Dezember 1808 als zweites Kind von Berend Tönjes und Anna Sophie Elisabeth Tönjes auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Heiko Pflug) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Johann Berend Tönjes und der ältere Bruder von Johann Hinrich Tönjes, Berend Tönjes, Johann Tönjes, Gerd Hinrich Tönjes, Anna Sophia Tönjes, Catharina Margarete Tönjes und Anna Sophia Tönjes. Zwei weitere, am 25. Dezember 1824 zur Welt gekommene Schwestern sind noch am selben Tag verstorben und somit namenlos geblieben.

Drei Tage nach Hinrichs Geburt erlebt in Wien die heute weltberühmte „Fünfte Sinfonie“ von Ludwig van Beethoven ihre Uraufführung. Mit der „Sechsten Sinfonie“ und dem von Beethoven persönlich vorgetragenen „Vierten Klavierkonzert“ sind gleich zwei weitere bedeutende Werke des Künstlers erstmals öffentlich zu hören. Allerdings unter wenig einladenden Begleitumständen: Zum einen ist es ein bitterkalter Winterabend und das Theater an der Wien, das Beethoven wie zur damaligen Zeit üblich auf eigene Kosten gemietet hat, ist aufgrund von Geldmangel nicht beheizt. Die überwiegend gutbetuchten Premierengäste müssen den knapp vierstündigen Auftritt deshalb in dicke Pelzmäntel gehüllt verfolgen. Zum anderen hat Beethoven die Arbeit an den Musikstücken erst unmittelbar vor der Premiere beendet, dem Orchester bleibt im Vorfeld kaum Zeit zum Proben. Hinzu kommt, dass an jenem Abend viele renommierte Wiener Orchester-Musiker wegen einer von Beethovens ehemaligem Lehrer Antonio Salieri initiierten Konkurrenz-Veranstaltung nicht zur Verfügung stehen – etliche der bunt zusammengewürfelten Mitwirkenden sind mit ihrem Einsatz schlichtweg überfordert. Entsprechend reserviert reagieren große Teile des Publikums auf die Darbietung.

Für Beethoven endet der Abend somit in einer herben Enttäuschung. Das bestärkt ihn in dem Gedanken, Wien zu verlassen und ein Engagement als Kapellmeister am Hof von Jérôme Bonaparte in Kassel anzunehmen. Was einflussreiche Förderer um Erzherzog Rudolph von Österreich unbedingt verhindern wollen: Sie verpflichten sich, dem Komponisten im Falle seines Bleibens ein jährliches Gehalt in Höhe von 4.000 Gulden zu zahlen. Beethoven willigt ein, doch mit dem Beginn des Fünften Koalitionskriegs gegen Frankreich ist die im März 1809 geschlossene Vereinbarung bereits wenige Wochen später wieder in Frage gestellt. Anfang Mai 1809 belagern Napoleons Truppen Wien. Während Rudolf mit seinem Hofstaat flieht, findet Beethoven im Keller seines Bruders Zuflucht vor dem Beschuss. Erst Ende November 1809 ziehen die Franzosen wieder ab, im Frieden von Schönbrunn muss Österreich erhebliche Gebietsverluste akzeptieren.

Bewegte Zeiten also in Europa, von denen Hinrichs Heimat nicht verschont bleibt. Bereits seit 1806 steht das Herzogtum Oldenburg unter französischem Einfluss, im Dezember 1810 marschiert die Grande Armée in die von Hurrel nur 15 Kilometer entfernte Landeshauptstadt ein. Bald darauf beginnt in den umliegenden Dörfern die Rekrutierung für den 1812 beginnenden Russland-Feldzug. Der wiederum entwickelt sich für Napoleon zum Desaster, und noch vor Hinrichs Einschulung in die Volksschule in Lintel ist die Oldenburgische Franzosenzeit Geschichte. Am 5. Dezember 1813, einen Tag nach der Geburt von Hinrichs Bruder Berend, feiern die Bürger Oldenburgs die Rückkehr ihres Herzogs Peter Friedrich Ludwig aus dem russischen Exil mit einem großen Fest.

Als ältester überlebender Sohn – der im Oktober 1807 geborene Bruder Johann Berend ist nicht über das Säuglingsalter hinausgekommen – dürfte Hinrich schon von Kindesbeinen an in die Bewirtschaftung des elterlichen Hofes einbezogen sein. Sehr wahrscheinlich bleibt er das auch nach Schulabschluss und Konfirmation, denn der laut Jüngstenrecht designierte Hoferbe Gerd Hinrich kommt erst im Oktober 1818 zur Welt. Beim Tod des Vaters, der im August 1831 fünf Monate nach der Geburt der jüngsten Tochter Anna Sophia stirbt, ist er also erst zwölf Jahre alt.

Während auf dem Tönjes-Hof mit Hinrich und seinen Brüdern fünf männliche Nachkommen aufwachsen, ist es auf dem benachbarten Hof von Johann Hinrich und Margarete Schütte (heute: Ingo Stöver und Sara Bolte) lediglich einer: Hinrichs im Dezember 1810 geborener Schulkamerad Johann Martin Schütte. Doch auch Johann Martin stirbt im Mai 1836 weit vor der Zeit. Von insgesamt neun Kindern bleibt neben den Eltern lediglich seine 1817 geborene Schwester Anna zurück.

Ob Hinrich und Anna im Mai 1836 bereits ein Paar sind, liegt heute im Dunkeln. In jedem Fall aber tut sich Hinrich durch die am 14. April 1837 geschlossene Ehe eine Perspektive auf, die es zwei Jahre zuvor so noch nicht gab: Er siedelt auf den Hof seiner Schwiegereltern über und führt dort fortan mit Anna Regie. Zwölf Monate nach der Hochzeit kommt mit Johann Heinrich das erste gemeinsame Kind zur Welt, dem mit Johann (August 1840), Bernhard (Februar 1843), Meta (Februar 1845), Diedrich (März 1847), Hinrich Junior (Dezember 1849), Hermann (Februar 1852), Anna Sophia Catharina (April 1854), Catharine (Mai 1856) und Sophie (Juli 1861) neun weitere folgen. Die Geburt seiner jüngsten Tochter erlebt Hinrich allerdings nicht mehr mit: Er stirbt am 2. März 1861, ohne dass das Kirchenbuch der Gemeinde Hude eine Todesursache nennt. Beerdigt ist Hinrich sechs Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.