Sechs Wochen nach ihrer Ankunft in Iowa schreibt Clara ihrer Schwester Martha einen Brief, in dem sie die Erlebnisse ihre Atlantik-Überfahrt schildert:
Hier der aus der Schreibschrift übertragene Inhalt:
Liebe Schwester und Schwager,
haben Euren Brief erhalten, sagen besten Dank. Uns geht es recht gut. Haben die Reise auch gut überstanden und haben uns von jedem Tag der Reise etwas notiert. Berta und Metta haben uns bis Bremerhaven begleitet. Um ein Uhr am 13. September fuhr der Dampfer ab, mit der Musik „Wer weiß, ob wir uns wiedersehn“. Um halb vier musste ich mich einmal übergeben, dann bin ich zu Bett gegangen bis zum anderen Morgen. Das war aber nicht schlimm, habe auch noch etwas gegessen. Die See war heute unruhig.
14. September: Heute bin ich wieder besser. Heini fehlt noch nichts. Sind recht gut zuwege und machen es uns recht gemütlich. Sitzen augenblicklich im Rauchzimmer, da wird allerhand getrieben. Karten gespielt und sonstige Spiele werden gemacht, geknobelt und gehandarbeitet. In diesem Zimmer ist auch ein Klavier. Um acht Uhr lief unser Dampfer in einen französischen Hafen ein und hatte vier Stunden Aufenthalt. Unterdessen fuhr ein kleiner Dampfer an unseren heran und circa 120 Personen kamen zu uns rauf. In diesem Hafen waren noch drei große Dampfer, zwei waren viel größer als unserer. Ich will noch eben bemerken, dass unser der zweitgrößte ist vom Norddeutschen Lloyd. Die See ist heute ruhiger, es ist regnerisches Wetter.
15. September: Die See ist heute unruhig. Es werden viele seekrank. Am Abend kommen noch 60 Irländer auf unser Schiff. Und nun geht es in den Ozean.
16. September: Nichts Besonderes. Gutes Wetter.
17. September: See unruhig.
18. September: Die Nacht vom 17. zum 18. kam Sturm und hielt den ganzen Tag an, das war nicht schön. Das Schiff schaukelte schlimm. Das Wasser schlug übers Deck. Es wurden viele wieder krank. Ich musste auch wieder zu Bett. Am schlimmsten ist dann das Aufstehen, dann bin ich immer so schwindelig. Aber Heini hilft mir beim Anziehen.
19. September: Der Sturm hat sich heute gelegt. Die See ist ruhiger. Heute Abend war Kino, das war wunderschön.
20. September: Heute ist die See wie ein Spiegel. Die Sonne scheint so schön. Es ist der schönste Tag bisher und wird es wohl auch bleiben, den wir auf der See erleben. Am Abend war Kostümball, wir haben tüchtig mitgetanzt.
21. September: Heute ist ein schöner warmer Tag. Am Abend kam Nebel und unser Schiff gab alle zwei Minuten ein Signal ab, welches fürchterlich dröhnte.
22. September: Heute regnet es den ganzen Tag ein klein wenig, ist sonst aber schönes Wetter. Heute Abend war wieder Kino. Das war sehr interessant.
23. September: Heute ist der letzte Tag. Am Mittag kam unser Schiff in New York an. Es dauerte aber recht lang, ehe wir mit allem fertig waren. Um zwanzig nach sechs fuhr der Zug, den wir noch erreichen konnten. Wir bekamen vom Norddeutschen Lloyd noch einen Karton mit Lebensmitteln mit.
24. September: Sind die ganze Nacht im Zug gefahren, konnten auch gut darin schlafen. Den Tag über bekamen wir doch vieles zu sehen, unter anderem schon große Maisfelder. Abends um elf Uhr kamen wir in Chicago an und mussten dort die Nacht bleiben bis zum anderen Morgen zehn Uhr, eher hatten wir keinen Anschluss nach Austinville.
25. September: Kamen um neun Uhr abends in Austinville an. Es gab ein frohes Wiedersehen.
Für heute will ich schließen. Nun seid herzlich gegrüßt von Clara und Heini. Hoffe, dass es dem Kleinen wieder recht gut geht. Schreibt bald mal wieder
Quelle: Privat