Johann Heinemann – Biographie

Johann Heinemann wird am 30. Juli 1861 als zweites Kind von Johann Hinrich Heinemann und Christine Heinemann auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Ursula Schlake) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Louise Piening und der ältere Bruder von Meta Gesine Heinemann, Mathilde Gesine Heinemann, Diedrich Heinemann, Magdalene Sparke, Gerhard Friedrich Heinemann, Frieda Looschen und Johanne Osterloh.

Zwei Tage nach Johanns Geburt erscheint in der „Times“ die weltweit erste für die Allgemeinheit bestimmte Wettervorhersage. Sie geht zurück auf den britischen Marineoffizier Robert FitzRoy – Zeitgenossen vor allem bekannt als Kapitän des Forschungsschiffs HMS Beagle, auf dem Charles Darwin zwischen 1831 und 1836 wertvolle Erkenntnisse für die später von ihm aufgestellte Evolutionstheorie sammelt. Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst gründet FitzRoy 1854 in London das Meteorological Office, das in erster Linie Sturmwarnungen für Schiffe herausgibt. Aufgrund seiner meteorologischen Kenntnisse ist er davon überzeugt, das Wetter der jeweils kommenden Tage voraussagen und damit viele Seeleute vor dem Ertrinken retten zu können. Seine Prognose für den 1. August 1861 ist kurz und knapp: „Leichter Westwind; gut.

FitzRoy nutzt für seine Vorhersagen ein Netz von über ganz Großbritannien verteilten Wetterstationen, deren Daten ihm per Telegrafie übermittelt werden. Das Problem dabei: Der durchaus relevante Einfluss von Tiefdruckgebieten über dem Atlantik fällt weitestgehend unter den Tisch, so dass sich viele in der „Times“ für das Festland veröffentlichte Prognosen schlicht als falsch herausstellen. Das bringt FitzRoy viel Spott ein und verstärkt möglicherweise die Depressionen, unter denen er bereits seit längerer Zeit leidet – am 30. April 1865 nimmt er sich wenige Monate vor seinem 60. Geburtstag das Leben. Daraufhin stellt die „Times“ die Veröffentlichung ihrer täglichen Wetterprognose zunächst ein.

Das Wetter von morgen, übermorgen oder gar der folgenden Woche im Voraus genau zu kennen mag in den Jahren um Johanns Geburt herum durchaus auch der Traum so manch eines Hofbesitzers in Hurrel und den umliegenden Dörfern sein. Wie in Großbritannien bleibt dies jedoch noch für längere Zeit reines Wunschdenken. Zwar entstehen ab 1847 in den deutschen Ländern zahlreiche meteorologische Institute, die ihr Netz an Wetterstationen stetig verbreitern und daraus Vorhersagen ableiten. Im Großherzogtum Oldenburg existieren 1861 acht derartige Stationen: außer in Oldenburg in Birkenfeld, Brake, Elsfleth, Eutin, Jever, Löningen und Tossens. Die Prognosequalität ist freilich mit der von heute nicht zu vergleichen, so dass neben der persönlichen Erfahrung vor allem althergebrachte Bauernregeln wie „Januar kalt und rau, nützt dem Getreidebau“ oder „Juli Sonnenstrahl gibt eine gute Rübenzahl“ das Handeln zur Saat- und Erntezeit bestimmen.

Wie sehr die Landwirtschaft von den Launen der Natur abhängt, erfährt Johann von Kindesbeinen an: Seine Eltern bewirtschaften in Hurrel den Hof seiner Großtante Lücke Wübbenhorst, der damals mit einem Grundbesitz von rund 70 Hektar zu den größten des Dorfes gehört. Und obwohl dafür eine Reihe von Mägden und Knechten bereitsteht, dürfte auch Johann früh mit in die tägliche Arbeitsroutine einbezogen werden. Dasselbe gilt für jene fünf seiner bis 1878 geborenen Geschwister, die das Erwachsenenalter erreichen: Die Schwestern Meta Gesine und Mathilde Gesine sterben schon im frühen Kindesalter.

Sehr wahrscheinlich ab Frühjahr 1868 besucht Johann die Volksschule im Nachbardorf Lintel. Neben seinem astrologischen Zwilling Sophie Tönjes gehören dort unter anderem Catharine Harfst, Georg Hartmann, Johann Schwarting, Martin Hermann Schwarting, Heinrich Tönjes, Anna Adeline Wiedau und Heinrich Wilkens zu den in etwa gleichaltrigen Mitschülern. Aus diesem Kreis, der vermutlich häufig zusammen den je nach Wohnsitz der Eltern bis zu drei Kilometer langen Hin- und Rückweg antritt, bilden sich nach Ende der Schulzeit gleich drei Paare heraus: Martin Hermann Schwarting und Anna Adeline Wiedau, Heinrich Wilkens und Sophie Tönjes sowie Johann und Catharine Harfst. Wobei die beiden letztgenannten als erste vor den Traualtar treten, sie heiraten am 28. November 1884.

Catharines Eltern besitzen an der Ortstraße einen ebenfalls recht großen Hof, auf den Johann nach der Hochzeit übersiedelt (heute: Günter und Renate Heinemann). Dort bringt Catharine am 1. März 1886 einen Jungen zur Welt, der allerdings noch am selben Tag stirbt und deshalb namenlos bleibt. Knapp 16 Monate später folgt mit Gerhard der zweite Sohn, im April 1889 mit Mathilde noch eine Tochter. Innerhalb von nur zwei Jahren wird dann jedoch aus der vierköpfigen Familie ein Witwer mit Sohn: Tochter Mathilde stirbt im April 1890, Ehefrau Catharine im Februar 1891 – Todesursache in beiden Fällen mutmaßlich die Volksseuche Tuberkulose.

Für Johann, der den Hof fortan mit seinen Schwiegereltern Gerhard Heinrich und Anna Catharina Harfst weiterführt, ein harter Schlag. Doch obwohl er mit 30 Jahren noch im besten heiratsfähigen Alter ist, bleibt er zunächst allein. Erst im Mai 1897 bekommt Sohn Gerhard mit Metta Bruns aus Kirchkimmen eine Stiefmutter. Wobei der Altersunterschied zwischen dem deutlich jüngeren Johann und seiner zweiten Ehefrau für diese Konstellation ungewöhnlich groß ist, er beträgt 15 Jahre. Metta bringt den Hof ihres 1887 ebenfalls an Tuberkulose verstorbenen ersten Ehemannes Johann Diedrich Bruns (heute: Harald Grashorn) in die Beziehung ein. Sie hat bereits Verwandtschaft im Dorf: Ihre Schwester Gesine ist mit Bernhard Haverkamp verheiratet, der an der Pirschstraße den mit rund 100 Hektar größten Hurreler Hof bewirtschaftet (heute: Eike und Nathalie Haverkamp).

Um das Jahr 1900 herum – das genaue Datum liegt heute im Dunkeln – bricht auf dem Harfst-Hof ein Feuer aus. Johann und Metta errichten daraufhin das Haupthaus neu. Als 1908 und 1909 kurz nacheinander Johanns Schwiegereltern sterben, wird Sohn Gerhard neuer Eigentümer. Gleichwohl bleiben Johann und Metta auch dann in die tägliche Bewirtschaftung eingebunden, als Gerhard im November 1913 Henni Schwarting heiratet, die Tochter von Johanns Schulkameraden Martin Hermann und Anna Adeline. Dies gilt umso mehr, als im August 1914 der Erste Weltkrieg ausbricht und Gerhard als Soldat an die Front muss. In dieser schwierigen Zeit werden Johanns Enkelkinder Johann Hermann (Oktober 1914) und Martha (März 1916) geboren.

Kurz vor Kriegsende kommt Gerhard in der Zweiten Marne-Schlacht ums Leben. Ein erneuter Schicksalsschlag für Johann, der zudem im November 1922 Mettas Tod verkraften muss. Fortan führt er den Hof mit Schwiegertochter Henni weiter, kann dabei aber auf die Hilfe diverser Knechte und Mägde zurückgreifen.

Aus dieser Zeit erzählt später Johann Schröder aus Steinkimmen einige Episoden. Unter anderem berichtet er, dass es auf dem Heinemann-Hof damals einen Groß- und einen Kleinknecht gibt. Letzterer führt lediglich Handlagerdienste aus und ist angehalten, das Haus nur über den Kuhstall und nicht etwa über die Diele zu verlassen. Johann selbst hat die Angewohnheit, die Arbeit der Knechte durch die bunten Fenster der Flurtür zu beobachten und sich so zu vergewissern, dass diese morgens pünktlich um sechs Uhr mit der Fütterung beginnen.

Dass Enkel Johann Hermann eines Tages Gelegenheit bekommen wird, den Hof weiterzuführen, dürfte Johann in der letzten Phase seines Lebens ein wichtiges Anliegen sein – ganz besonders nach dem plötzlichen Tod von Enkeltochter Martha im Frühjahr 1939, wenige Monate vor Beginn des Zweiten Weltkriegs. Dessen Ende und Johann Hermanns gesunde Rückkehr erlebt Johann nicht mehr mit: Er stirbt am 17. Januar 1941 und wird fünf Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.