Heinrich Ahrens – Biographie

Heinrich Ahrens wird am 28. August 1883 als fünftes Kind von Hermann Ahrens und Anna Katharina Ahrens auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Rolf Ahrens und Sonja Kosmann) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Catharine Gesine Ahrens, Sophie Helene Ahrens, Helene Ahrens und Johann Gerhard Ahrens und der ältere Bruder von Gesine Ahrens, Mathilde Münstermann, Hermann Friedrich Ahrens und Johann Ahrens. Darüber hinaus hat er mit Meta Ahrens, Adeline Marks und Anna Gesine Ahrens noch drei ältere Halbschwestern aus der ersten Ehe seines Vaters mit Margarete Elise Schweers.

Einen Tag vor Heinrichs Geburt lässt ein gigantischer Vulkanausbruch große Teile der unbewohnten, zu Niederländisch-Indien gehörenden Insel Krakatau im Meer versinken. Die sich durch vorangehende Eruptionen schon seit dem Frühjahr ankündigende Katastrophe ist ein Inferno der Superlative: Bei der finalen Explosion am Morgen des 27. August 1883 schleudern die insgesamt drei Vulkankegel auf der Insel 18 Milliarden Kubikmeter Asche und Gestein bis zu 80 Kilometer weit in die Höhe, das krachende Donnern ist in einem Umkreis von 4.500 Kilometern zu hören. Die Druckwellen rasen mehrmals um die Erde und lassen sich noch fast eine Woche lang messen. Der Explosion folgen mehrere bis zu 40 Meter hohe Flutwellen, die entlang der Küsten von Java und Sumatra etliche Ortschaften verwüsten und dabei schätzungsweise mehr als 36.000 Menschen in den Tod reißen. Der anschließende Asche-Regen bedeckt die Trümmer meterhoch mit Staub. Für mehrere Tage versinkt die gesamte Region in Dunkelheit.

Der Vulkanausbruch von Krakatau ist die erste schwere Naturkatastrophe, von der die Weltöffentlichkeit angesichts der kurz zuvor in den Ozeanen verlegten Tiefsee-Kabel zur Übermittlung von telegrafischen Nachrichten quasi in Echtzeit Kenntnis erhält. Schon am folgenden Tag berichten deshalb auch deutsche Zeitungen ausführlich über das Ausmaß der Zerstörungen. Nur durch das frühzeitige Wissen um die Hintergründe lassen sich zudem einige Ereignisse in Europa mit ihrer offensichtlichen Ursache in Verbindung bringen – etwa der plötzliche Anstieg des Meeresspiegels vor der französischen Hafenstadt Calais um zwei Zentimeter.

Später treten dann noch andere Auswirkungen zutage. So gibt es beispielsweise angesichts der in der Atmosphäre schwebenden Staub- und Asche-Partikel über Monate hinweg spektakuläre Sonnenuntergänge zu beobachten. Möglicherweise inspiriert einer davon sogar den norwegischen Künstler Edvard Munch zu seinem berühmten Gemälde „Der Schrei“. Verbürgt ist folgender Tagebuch-Eintrag Munchs aus jener Zeit: „Plötzlich färbte sich der Himmel blutrot, die Wolken aus Blut und Flammen hingen über dem blau-schwarzen Fjord und der Stadt.“ Für 1884 verzeichnen die Chronisten darüber hinaus einen kühlen und verregneten Sommer – wenn auch bei weitem nicht mit so gravierenden Folgen wie 1816 nach dem Ausbruch des östlich von Java gelegenen Vulkans Tambora.

Ob sich 1884 einige greise Hurreler noch an dieses für die Landwirtschaft so verheerende „Jahr ohne Sommer“ erinnern können? Auf dem Ahrens-Hof zumindest gehört niemand dazu: Heinrichs Eltern sind nach 1816 geboren, seine Großeltern bereits verstorben. In Hurrel ansässig ist die Familie seit 1828, als Heinrichs aus Großenkneten stammender Großvater Johann Gerd den noch weitgehend aus Heideland bestehenden Besitz gekauft hat. Die Schafzucht spielt deshalb auf dem Hof noch immer eine gewichtige Rolle, auch wenn Vater Hermann vermutlich viel Zeit damit verbringt, den Anteil des Ackerlandes durch Kultivierung zu vergrößern.

Mit wie vielen seiner insgesamt elf, zwischen 1865 und 1893 geborenen Geschwister Heinrich zusammen aufwächst, ist heute nicht mehr bekannt. Entsprechende Kirchenbuch-Einträge belegen, dass die 1880 geborene Schwester Helene und der 1882 geborene Bruder Johann Gerhard 1883 schon nicht mehr am Leben sind. Als Todesursache für Johann Gerhard nennt das Kirchenbuch „Brustkrankheit“ – ein Hinweis auf die im Dorf in jenen Jahren grassierende Volksseuche Tuberkulose. Die 1878 geborene Schwester Sophie stirbt 1891, die 1885 geborene Schwester Gesine 1887.

Sehr wahrscheinlich von Frühjahr 1890 an besucht Heinrich die in Lintel gemeinsam mit dem Nachbardorf betriebene Volksschule. Dort gehören aus Hurrel unter anderem Georg Barkemeyer, Georg von Seggern und Dietrich Schütte zu seinen gleichaltrigen Mitschülern. Alle vier Jungen verbindet die Gewissheit, später einmal den elterlichen Hof übernehmen zu können – was im Falle Heinrichs nicht selbstverständlich ist, gilt doch in Hurrel das Jüngstenrecht. Da allerdings Vater Hermann bei der Geburt des jüngsten Sohnes Johann die 60 schon überschritten hat, legt er sich frühzeitig auf Heinrich als Nachfolger fest.

Über die Jahre nach Schulentlassung und Konfirmation ist aus Heinrichs Leben nicht viel bekannt. Neben der Arbeit auf dem elterlichen Hof muss er vermutlich kurz nach der Jahrhundertwende seinen Militärdienst ableisten. Danach tritt er möglicherweise wie die meisten männlichen Hurreler dem 1899 gegründeten Schützenverein bei sowie eventuell auch dem 1902 hinzukommenden Radfahrer-Verein „Wanderlust“.

Im März 1911 stirbt Vater Hermann im Alter von 78 Jahren. Nun wird Heinrich auch ganz offiziell Eigentümer des Ahrens-Hofes – ist aber wie seine beiden ehemaligen Mitschüler Georg von Seggern und Dietrich Schütte noch Junggeselle. Neben Mutter Anna Katharina (damals 59 Jahre alt) leben und arbeiten vermutlich auch noch die drei jüngsten Geschwister mit auf dem Hof sowie diverse Knechte und Mägde. Im Juni 1912 erliegt Bruder Johann mit nur 18 Jahren einem Herzschlag.

Hätte es in Hurrel wie im nahegelegenen Bremen schon zur Kaiserzeit die Tradition des Fegens gegeben, so wäre Heinrich – da auch an seinem 30. Geburtstag noch unverheiratet – im August 1913 an der Reihe gewesen. Kennt er zu diesem Zeitpunkt bereits seine künftige, in jenem Sommer 22 Jahre alt gewordene Ehefrau Anna Rüdebusch aus Kirchkimmen? Ausgeschlossen ist das keineswegs, hat Anna doch Verwandte im Dorf: Auf dem heutigen Hof von Birgit Ganteföhr lebt die Familie ihres 1906 verstorbenen Onkels Johann Rüdebusch. Dessen Tochter Frieda (inzwischen mit Heinrichs ehemaligem Schulkameraden Georg Barkemeyer verheiratet) ist wiederum nur wenige Monate jünger als Heinrich und ihm somit aus der gemeinsamen Schulzeit bestens bekannt.

Wer weiß, vielleicht sind Heinrich und Anna im folgenden Sommer sogar schon ein Paar und planen ihre Hochzeit. Sollte es so sein, so macht ihnen aber wie Millionen anderen Menschen der Ausbruch des Ersten Weltkriegs erst einmal einen Strich durch die Rechnung. Heinrich wird zur kaiserlichen Armee eingezogen und Erzählungen aus der Familie zufolge bei einem Giftgasangriff schwer verwundet. Einzelheiten zu Zeit, Ort und den näheren Umständen sind heute allerdings nicht mehr bekannt. Das Gleiche gilt für die Frage, ob Heinrich danach noch einmal an die Front zurückmuss und bis zum Ende des für Deutschland verlorenen Krieges im Einsatz bleibt. Mutter Anna Katharina in Hurrel jedenfalls erlebt den am 11. November 1918 geschlossenen Waffenstillstand nicht mehr mit, sie stirbt im Juli 1916 an einer Lungenentzündung.

Heinrich und Anna heiraten am 8. April 1919, auf dem aus diesem Anlass entstandenen Hochzeitsfoto sind ihm die Strapazen der vorangegangenen Jahre nicht anzusehen. Man kann deshalb davon ausgehen, dass er seine Tätigkeit auf dem eigenen Hof zunächst wieder ganz normal aufnimmt. Mit Herbert Friedrich (Februar 1920) und Henriette (September 1921) kommen in der politisch wie wirtschaftlich äußerst unruhigen Frühphase der Weimarer Republik zwei Kinder zur Welt, von denen aber mit Henriette nur eines überlebt. Auch der zweite, im März 1925 geborene Sohn Wilhelm Hermann kommt nicht über das Säuglingsalter hinaus.

Bald darauf geht es Heinrich gesundheitlich wieder schlechter, so dass er seinen Hof 1927 an Wilhelm und Johanne Hohlen verpachtet und sich mit Anna und Henriette auf einen deutlich kleineren, in unmittelbarer Nähe an der Pirschstraße erbauten Altenteiler-Hof (heute: Erika und Gerhard Ahrens) zurückzieht. Dort wird er im November 1928 mit der Geburt von Helmut noch ein viertes Mal Vater. Neun Monate später stirbt in Lintel Heinrichs zwischenzeitlich zum gemeinsamen Onkel Heinrich Bernhard Tönjes nach Nebraska ausgewanderter Bruder Hermann Friedrich kurz vor seiner geplanten Hochzeit mit Martha Wilkens an einem Nierenleiden.

Über Heinrichs letzte Lebensjahre, die er zu einem großen Teil im Rollstuhl verbringt, ist heute ebenfalls nur noch wenig bekannt. Als 1932 die Huder Hermann Grüttemeyer und Martin Tönjes im Hurreler Sand einen von der evangelischen Kirche unabhängigen Friedhof – die heutige Ahnenstätte Hilligenloh – anlegen wollen, verkauft er ihnen aus seinem Besitz das dazu nötige Grundstück. Dass die ein Jahr später die Macht an sich reißenden Nationalsozialisten schon bald einen weiteren Weltkrieg anzetteln, erlebt Heinrich nicht mehr mit: Er stirbt am 22. Juli 1938 und wird drei Tage später in Hude auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche beerdigt.