Reinhard Asseln – Biographie

Reinhard Wilhelm Asseln wird am 25. Januar 1885 als sechstes Kind von Eilerd Asseln und Johanna Marie Asseln in Zetel geboren. Er ist der jüngere Bruder von Talke Margarete Peeks, Johanne Elise Fiene, Eduard Asseln, Anna Catharina Osterloh und Wilhelmine Therese Ehlers und der ältere Bruder von Johanne Marie Wessels und Diedrich Asseln.

Am Tag nach Reinhards Geburt erreicht der seit 1881 im Sudan tobende Mahdi-Aufstand mit der Erstürmung von Khartum einen vorläufigen Höhepunkt. Nach zehnmonatiger Belagerung schlagen die zahlenmäßig deutlich überlegenen, vom „Mahdi“ Muhammad Ahmad befehligten Truppen der Aufständischen die britischen und ägyptischen Verteidiger der Stadt vernichtend, dabei stirbt auch deren Anführer Charles George Gordon. Ein zur Rettung der Eingeschlossenen von Kairo aus in Marsch gesetztes Expeditions-Heer kommt zwei Tage zu spät. Die Nachricht von Gordons Tod ruft in Großbritannien große Bestürzung hervor. Premierminister William Gladstone ordnet daraufhin den Rückzug aller britischen Truppen aus dem Sudan an.

Während Großbritannien in seiner bereits im 17. Jahrhundert begonnenen Kolonialisierung Afrikas einen herben Rückschlag hinnehmen muss, gewinnt die entsprechende Politik des Deutschen Reiches mehr und mehr an Fahrt. Nach der Errichtung Deutsch-Westafrikas und Deutsch-Südwestafrikas 1884 kommen im Februar 1885 auf Betreiben der von Carl Peters gegründeten Gesellschaft für deutsche Kolonisation auch umfangreiche Schutzgebiete in Ostafrika hinzu – durchaus in Konkurrenz zu den Briten, die in der Region eigene Interessen verfolgen. Im Sommer 1890 kommt es zu einer Verständigung, als das Deutsche Reich auf eine weitere Ausbreitung Deutsch-Ostafrikas verzichtet und dafür die zuvor zu Großbritannien gehörende Insel Helgoland erhält.

Vom steigenden Interesse vieler Deutscher an Afrika profitiert in den folgenden Jahren auch der sächsische Schriftsteller Karl May. Er veröffentlicht ab 1891 zunächst in der Zeitschrift „Deutscher Hausschatz“ und später in Buchform die „Mahdi-Trilogie“. Dort erlebt Ich-Erzähler Kara Ben Nemsi zahlreiche Abenteuer in Ägypten und im Sudan und begegnet dabei der historischen Person Muhammad Ahmad. Letzterer stirbt übrigens nur wenige Monate nach der Erstürmung Khartums 1885 an Typhus. Nachfolger Abdallahi ibn Muhammad etabliert ein islamisches Kalifat, das aber 1898 nach der Niederlage in der Schlacht von Omdurman auseinanderbricht. Fortan gehört der Sudan wieder zum Britischen Weltreich, das im Osten des Kontinents von Ägypten über Kenia und Rhodesien bis nach Südafrika reicht.

Unter welchen Umständen Reinhard in den dazwischen liegenden 13 Jahren aufwächst, liegt heute weitgehend im Dunkeln. Aus diversen Einträgen in Kirchenbüchern lässt sich allerdings herauslesen, dass bereits Vater Eilerd Asseln wie Reinhard und alle seine Geschwister in Zetel geboren ist, Mutter Johanna Marie stammt aus der Nähe von Friedeburg. Der Beruf des Vaters ist in amtlichen Urkunden mal mit „Arbeiter“ angegeben, mal mit „Webermeister“. Irgendwann nach der Geburt des achten Kindes zieht die Familie von Zetel ins benachbarte Grabstede. Ebenfalls öffentlich in Archiven einsehbar: Gleich drei von Reinhards Schwestern – Johanne Elise, Anna Catharina und Wilhelmine Therese – wohnen als Erwachsene im Oldenburger Stadtteil Osternburg und heiraten auch dort (1899, 1906 und 1909). Über Bruder Eduard wiederum enthüllen die Verlustlisten des Ersten Weltkriegs, dass er im Sommer 1918 vorübergehend als vermisst gilt und kurz darauf als Kriegsgefangener wieder auftaucht.

Ob auch Reinhard am 1914 ausbrechenden Krieg teilnimmt und wann er seine spätere Ehefrau Adele Busch aus Hurrel kennenlernt, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Beide heiraten am 13. Januar 1920 in Hude, wobei das Traubuch der Kirchengemeinde als Reinhards Wohnort Metjendorf und als Beruf Bäcker angibt. Erzählungen aus der Familie zufolge arbeitet er schon seit längerer Zeit für Adeles Vater: Carl Busch besitzt in Hurrel eine Bäckerei mit mehreren Angestellten und führt zudem den Gasthof „Zur fröhlichen Einkehr“ (heute: Hajo und Dagmar Mehrings).

Zum Zeitpunkt der Hochzeit ist Carl Busch 59 Jahre alt und hat sich zudem mit seinem einzigen Sohn Adolf überworfen – da liegt es nahe, dass er in Reinhard den legitimen Nachfolger für sein Lebenswerk sieht. Schon bald nach der Geburt von Reinhards und Adeles Tochter Ilse im April 1920 zieht sich Carl mehr und mehr aus dem Geschäft zurück. Er stirbt im September 1923 kurz vor dem Höhepunkt der auf den verlorenen Krieg und die anschließende Ruhrbesetzung zurückgehenden Hyperinflation. Dreieinhalb Jahre später stirbt auch Reinhards Schwiegermutter Bertha Busch.

Trotz des Generationswechsels bleibt in Bäckerei, Gastwirtschaft und dem dazugehörigen Ladengeschäft fast alles beim Alten. Auch die kleine, nebenbei betriebene Landwirtschaft läuft weiter wie bisher. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Veranstaltungen des 1899 gegründeten Schützenvereins. Wie aktiv Reinhard dort selbst als Schütze ist, lässt sich heute nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Auf einem in der zweiten Hälfte der 20er Jahre entstandenen Foto der Vereinsmitglieder ist er jedoch in vorderster Reihe zu sehen.

Die 30er Jahre bescheren Deutschland infolge der Weltwirtschaftskrise eine politische Radikalisierung und mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 einen ähnlich radikalen Wechsel von der Demokratie zur Diktatur. Was sich in Reinhards Leben nicht ändert, ist die Doppelbelastung durch Bäckerei und Gastwirtschaft, die schon Schwiegervater Carl Busch in seinen letzten Lebensjahren zu schaffen gemacht hat. Bereits vor Reinhards 50. Geburtstag im Januar 1935 stellen sich bei ihm erste gesundheitliche Probleme ein. Tochter Ilse, die nach ihrem Schulabschluss in der Nähe von Reinhards Geburtsort Zetel die Haushaltungsschule auf Schloss Neuenburg absolviert, ist für eine Übernahme des Betriebs noch zu jung und zeigt – von der Landwirtschaft einmal abgesehen – auch kein übermäßig großes Interesse daran. Deshalb trägt sich Reinhard spätestens ab 1937 mit dem Gedanken, Bäckerei, Gastwirtschaft und Laden zu verpachten.

Dieser Gedanke spricht sich herum. Eines Tages im Sommer 1938 steht deshalb Otto Mehrings aus Burhave bei Reinhard im Laden und erkundigt sich nach den Modalitäten eines solchen Pachtvertrags. Otto arbeitet in der Bäckerei von August Helms in Kirchhatten, hat dort seine Meisterprüfung abgelegt und sucht nun nach einer Möglichkeit, sich selbstständig zu machen. Beide Männer finden offenbar Gefallen aneinander und vereinbaren eine sechswöchige Probezeit, die am 8. August 1938 beginnt. Mitte Oktober 1938 siedelt Otto dann mit Ehefrau Karla und der vier Monate alten Tochter Lore nach Hurrel über.

Der mit Otto Mehrings geschlossene Pachtvertrag sieht vor, dass Reinhard und Adele im Hause wohnen bleiben können. Die folgenden Monate sind deshalb geprägt von Umbauarbeiten, in deren Verlauf auf der früheren Diele des Haupthauses drei separate Zimmer entstehen. Kaum ist alles fertiggestellt und auch Platz für Ottos und Karlas im August 1939 geborenem Sohn Bodo geschaffen, nehmen die Ereignisse einen gänzlich unerwarteten Verlauf: Otto erhält einen Stellungsbefehl zur Wehrmacht, kurz darauf beginnt mit dem Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg.

Von einem Tag auf den anderen sieht sich Reinhard gezwungen, seinen gerade erst aufgegebenen Posten in der Backstube wieder einzunehmen. Eine Aufgabe, der er sich bis zu Ottos Rückkehr aus Krieg und Gefangenschaft mehr als sechs Jahre lang klaglos stellt. Seiner ohnehin angeschlagenen Gesundheit tut Reinhard damit aber natürlich alles andere als einen Gefallen. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich der zuvor betriebene Raubbau am eigenen Körper in den nach der Währungsreform von 1948 endlich wieder ruhiger werdenden Zeiten umso stärker bemerkbar macht – zeitweise fesseln ihn einzelne Schübe von Gicht und Rheuma wochenlang ans Bett. Dazwischen gibt es aber auch immer wieder Phasen, in denen die Beschwerden deutlich nachlassen.

Bereits seit Januar 1944 ist Tochter Ilse mit Johann Heinemann vom benachbarten Heinemann-Hof verheiratet (heute: Günter und Renate Heinemann). Aus der Ehe gehen nach Kriegsende mit Günter, Hans und Erich drei Enkelkinder hervor. Der Schützenverein, dem Reinhard nach wie vor angehört, ernennt ihn bald nach der Wiedereröffnung im April 1950 zum Ehrenmitglied. Als einige Jahre später Otto Mehrings mit dem Wunsch an ihn herantritt, den bislang nur gepachteten Betrieb zu kaufen, verschließt sich Reinhard diesem Ansinnen nicht. Mit dem Eigentümerwechsel einher geht der Bau eines Altenteiler-Hauses, das Reinhard und Adele 1958 beziehen.

Die letzten Lebensjahre verbringt Reinhard relativ zurückgezogen in seinem neuen Refugium. Zu seinen Lieblingsplätzen gehört eine kleine Gartenlaube hinter dem Saal, in der er in den Sommermonaten abends des Öfteren anzutreffen ist. Hin und wieder besucht er mit Adele deren Schwestern Emma Schmidt in Aschhauserfeld und Frieda Martens in Kirchhatten, ab und zu reist auch deren jüngste Schwester Else Kornagel aus Wiesbaden an. In der Nachbarschaft hat Reinhard unter anderem bis zu dessen Tod im Juni 1963 Kontakt mit Georg Barkemeyer.

Reinhold selbst stirbt am 20. Mai 1964, beerdigt ist er drei Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.