… von Linda Haverkamp
Aufgezeichnet im August 2015
Heino Schwarting war mein älterer Bruder, insgesamt habe ich mit ihm knapp acht Jahre gemeinsam auf dem elterlichen Hof in Hurrel verbracht. Als ich 1935 geboren wurde, war Heino bereits elf Jahre alt. Um meinen achten Geburtstag herum wurde er dann zur Wehrmacht eingezogen und kam vor seinem Tod nur noch einmal – im Frühjahr 1944 – für einen 14-tägigen Heimaturlaub nach Hause zurück.
Als kleine Schwester habe ich in Heino immer eine Art Beschützer gesehen – insbesondere dann, wenn ich mit meinem anderen, zwei Jahre älterem Bruder Ingo Stress hatte. Bei Geschwisterkindern mit dieser Altersdifferenz kommt das ja durchaus mal vor. Heino hat dann des Öfteren zu meinen Gunsten eingegriffen. Worum es bei diesen Streitereien im Einzelnen ging, daran kann ich mich allerdings nicht mehr so genau erinnern. Im Gedächtnis geblieben ist mir jedoch eine Erzählung meiner Mutter, die später geborenen Geschwister betreffend. Weil Ingo am 2. Januar, also nur zwei Tage vor Heinos Geburtstag, auf die Welt kam, fragte Heino nach der Geburt ganz skeptisch an, ob es denn nun künftig so sei, dass es an seinem eigenen Geburtstag nur noch den trockenen Kuchen vom Geburtstag seines Bruders zu essen gebe.
Seiner Rolle als Beschützer ist Heino auch im Krieg mindestens einmal gerecht geworden, ohne dass ich die exakten Details kenne. Auf jeden Fall hat er in einer akuten Gefahrensituation in Russland mehreren Kameraden das Leben gerettet, wofür er dann später mit dem Verdienstkreuz Zweiter Klasse ausgezeichnet wurde.
Sehr gut erinnern kann ich mich noch an die letzten Tage, die er zu Hause verbracht hat. Er war sehr stark erkältet, und unsere Eltern sagten bei Ablauf seines Urlaubs zu ihm, dass er doch vor der Rückkehr an die Front zunächst einmal zu einem Arzt nach Oldenburg gehen solle. Das hat Heino jedoch mit den Worten „Dat geit nich, se bruukt mi daar“ abgelehnt. Es war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe.