Martha Broers-Krumland – Biographie

Martha Broers-Krumland wird am 27. September 1917 als sechstes Kind von Friedrich Georg Stöver und Marie Stöver auf dem Pachthof ihrer Eltern in Neustadt bei Ovelgönne geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Frieda Stöver, Heino Stöver, Erich Stöver, Johanne Strodthoff und Friedrich Edo Stöver und die ältere Schwester von Johannes Helmuth Stöver und Werner Stöver.

Wie es im September 1917 – der Erste Weltkrieg ist gerade ins vierte Jahr gegangen – an den Brennpunkten Europas aussieht, schildert ein Auszug aus dem deutschen Heeresbericht, den General Erich Ludendorff am Tag von Marthas Geburt verfasst hat: „Die Schlacht in Flandern hat gestern vom frühen Morgen bis tief in die Nacht hinein ununterbrochen getobt; in Kleinkämpfen setzte sie sich bis zum Morgen fort. Wieder hat die kampfbewährte 4. Armee dem britischen Ansturm getrotzt; Truppen aller deutschen Gaue haben Anteil an dem Erfolg des Tages, der dem Feinde noch geringeren Geländegewinn brachte als der 20. September. Trommelfeuer unerhörter Wucht leitete die Angriffe ein, hinter einer Wand von Staub und Rauch brach die englische Infanterie zwischen Mangelaare und Hollebeke vor, vielfach von Panzerwagen begleitet. Der beiderseits von Langemarck mehrmals anstürmende Feind wurde stets durch Feuer und im Nahkampf abgeschlagen.“

Tatsächlich bringt die Ende Juli 1917 von britischen Truppen eröffnete Dritte Flandernschlacht nicht die von Oberbefehlshaber Douglas Haig erhoffte Entscheidung. Zwar nehmen kanadische und britische Einheiten Anfang November unter hohen Verlusten den zunächst hinter den deutschen Linien liegenden Ort Passendale ein, schon wenige Tage später jedoch bleibt ihre Offensive stecken. Wer die Luftbilder des Dorfes vor und nach dem Angriff betrachtet, bekommt eine Vorstellung davon, warum diese Schlacht in Großbritannien bis heute ein Synonym für den Schrecken des Krieges an sich ist. Gleiches gilt für ein auf YouTube millionenfach abgerufenes Video zum 2003 von der britischen Rockband Iron Maiden aufgenommenen Song „Paschendale“. Dem Kommentar eines der zahlreichen Betrachter (“Das ist härter als ein Horrorfilm. Am Ende weißt Du, der Film ist Fiktion. Dieser Mist aber ist wirklich passiert.“) lässt sich wenig hinzufügen.

Ob sich Marthas Vater im Herbst 1917 in Flandern aufhält, ist heute in der Familie nicht mehr bekannt. Er nimmt allerdings als Soldat von Beginn an am Krieg teil und kehrt erst Ende 1918 nach Hause zurück. Anders als ihre älteren Geschwister dürfte Martha keine Erinnerung an diese schwere Zeit haben – und möglicherweise auch nicht an den Pachthof in Neustadt. Denn bereits im Frühjahr 1920 siedelt die Familie nach Rastede um, wo Vater Friedrich einen eigenen Hof gekauft hat. Dort kommen Marthas jüngere Brüder Johannes Helmuth (Juni 1920) und Werner (März 1922) zur Welt. Ersterer stirbt allerdings bereits sechs Monate nach der Geburt.

Kurz vor Marthas Einschulung steuert die Hyperinflation in Deutschland auf ihren Höhepunkt zu – und bringt Friedrich und Marie Stöver um die Früchte ihrer Arbeit. Marthas Eltern müssen den gerade erst in Besitz genommenen Hof wieder verkaufen und pachten stattdessen in Hurrel einen zuvor von Diedrich Heinemann bewirtschafteten Betrieb (heute: Ursula Schlake). Dort wächst Martha auf und besucht bis zum Frühjahr 1931 die rund 300 Meter entfernt gelegene Volksschule Hurrel.

Während die älteren Geschwister nach und nach den Heinemann-Hof verlassen, bleiben Friedrich Edo, Martha und Werner bis 1936 dort wohnen. Anschließend ziehen alle drei mit den Eltern nach Oldenburg, wo Friedrich und Marie Stöver in Kreyenbrück einen anderen Betrieb gepachtet haben (heute: Esso-Tankstelle an der Kreuzung zum Niedersachsendamm). In den folgenden Jahren, die durch den plötzlichen Unfalltod ihrer Schwester Frieda im Juni 1937, den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die Einberufung aller vier Brüder zur Wehrmacht überschattet werden, arbeitet Martha in der Kantine der Deutschen Reichsbahn an der Karlstraße. Nebenbei hilft sie auf dem Pachthof und wird, als ihre Eltern dort zwischenzeitlich im Schweinestall mehrere untergetauchte Juden verstecken, zur verschwiegenen Mitwisserin.

Wann genau Martha ihren künftigen Ehemann Heinz Broers kennenlernt, lässt sich heute nicht mehr exakt sagen. Er stammt aus Ostfriesland und ist in der nah des Stöver-Hofs gelegenen Hindenburg-Kaserne stationiert. Mitten in die Hochzeitsvorbereitungen platzt im Frühherbst 1944 die Nachricht, dass Marthas Bruder Werner in Rumänien vermisst wird. Das gleiche Schicksal erleidet Heinz Broers, nachdem er unmittelbar im Anschluss an die Hochzeit zur Ostfront abrücken muss. Auch ihren ältesten Bruder Heino sieht Martha nie wieder: Er gilt nach Ende der Fünften Kurland-Schlacht im März 1945 als verschollen.

Nicht nur an den einzelnen Frontabschnitten, sondern auch in Oldenburg spielen sich in den letzten Kriegstagen schreckliche Szenen ab. Einiges davon erleben Marthas Eltern und vermutlich auch sie selbst aus nächster Nähe mit. Letztlich bleibt die Stadt aber – anders als beispielsweise Bremen, Wilhelmshaven oder Friesoythe – von großflächigen Zerstörungen verschont. Nach der kampflosen Übergabe an die Alliierten Anfang Mai 1945 kehrt deshalb relativ rasch wieder Alltag ein. Fortan geht es in erster Linie darum, die für das tägliche Leben nötigen Dinge zu organisieren – eine Disziplin, die Martha Erzählungen von Familienmitgliedern zufolge ziemlich gut beherrscht.

Ihre Arbeit bei der Reichsbahn (ab September 1949 Deutsche Bundesbahn) nimmt Martha gleich nach Kriegsende wieder auf. Nach einem Lehrgang in Garmisch-Partenkirchen wechselt sie von der Kantine in den Schalterdienst und wird ins Beamtenverhältnis übernommen. Wenig später tritt auch ein neuer Mann an ihre Seite – an einem Tag, der sicher nicht zu den glücklichsten ihres Lebens gehört. Am 21. Juni 1950 hatte sie eigentlich die Hochzeit von Friedrich Edo Stöver mit Klara Rüdebusch feiern wollen. Stattdessen gibt sie ihrem Bruder das letzte Geleit: Während des Kranzbindens auf dem elterlichen Hof ist er vier Tage zuvor beim Grünes holen aus einem Baum gestürzt und hat sich das Genick gebrochen. Mit Martha und den anderen Angehörigen am Grab steht Friedrich Edos Kriegskamerad Georg Krumland – eine Bekanntschaft, aus der sich rasch mehr entwickelt.

Nach dem Tod von Mutter Marie im Mai 1956 zieht Martha mit Georg in Hundsmühlen in eine von Friedrich Stöver gekaufte Eigentumswohnung, in der – bis zu seinem Tod im Dezember 1964 – auch ihr Vater wohnt. Danach bleiben Martha und Georg in Hundsmühlen, wo sie aufgrund diverser ehrenamtlicher Tätigkeiten und Vereinszugehörigkeiten bald über einen großen Bekanntenkreis verfügen. Zwei Jahre vor ihrer Pensionierung im Herbst 1980 übernimmt Martha im Bundesbahnsozialwerk (heute: Stiftung Bahn-Sozialwerk) das Amt der Stadtteilbetreuerin, das sie mehr als 25 Jahre lang ausübt.

Im Herbst 1987 erkrankt Georg schwer. Daraufhin heiratet er Martha, um sie finanziell etwas besser abzusichern. Er stirbt im Juli 1988, ein halbes Jahr nach der Hochzeit. Martha selbst stirbt am 28. Februar 2005 nach einer Routine-Untersuchung in einem Oldenburger Krankenhaus, bei der sie sich eine Sepsis zuzieht. Beerdigt ist sie wenige Tage später auf dem Friedhof der Marienkirche in Wardenburg.