Karl-Heinz Hagestedt wird am 14. Oktober 1936 als zweites Kind von Hermann Hagestedt und Bertha Hagestedt in Hude geboren. Er ist der jüngere Bruder von Hans Hagestedt und der ältere Bruder von Annemarie Harms.
In den Wochen nach Karl-Heinz‘ Geburt rollt im nationalsozialistisch regierten Deutschen Reich eine Protestwelle durch das Oldenburger Münsterland, die als Kreuzkampf in die Geschichte eingeht. Ihren Anfang nimmt die Revolte am 25. Oktober: An diesem Tag wohnt der eigens aus Oldenburg angereiste Staatsminister Julius Pauly in Bösel der Einweihung einer neuen Volksschule bei – die der Überlieferung nach so terminiert ist, dass der örtliche, als Regime-Kritiker bekannte Pfarrer Franz Sommer bei der Zeremonie nicht zugegen sein kann. Prompt lädt Sommer daraufhin die Mitglieder seiner Gemeinde für den nächsten Tag zu einer geistlichen Einweihung ein und hängt in den Klassenzimmern sechs Kruzifixe auf. Pauly ist darüber derart verärgert, dass er am 4. November den sogenannten Kreuz-Erlass verkündet: Kreuze und Luther-Bilder sind im Gau Weser-Ems in öffentlichen Gebäuden fortan nicht mehr zulässig und müssen ohne Ausnahme entfernt werden.
Die katholische Bevölkerung ist empört. In den nächsten Wochen vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendeine Abordnung aus den südlichen Landesteilen in der Gau-Hauptstadt Oldenburg ihren Protest vorbringt. Einen vorläufigen Höhepunkt erreicht die Bewegung am 18. November: Vor 3.000 Pilgern in Bethel hält Franz Uptmoor, Kaplan in Sevelten, eine flammende Rede und verspricht, für das Kreuz als Zeichen des Christentums „bis zum Letzten und Äußersten“ zu kämpfen. Das hinterlässt nicht nur beim Kirchenvolk Eindruck, sondern auch bei den braunen Machthabern – die sich überdies von den seit Verkündung des Erlasses fast ständig irgendwo läutenden Kirchenglocken zunehmend genervt zeigen. Schließlich sieht sich Gauleiter Carl Röver am 25. November genötigt, auf einer eilig einberufenen öffentlichen Versammlung in der Münsterlandhalle in Cloppenburg die Anordnung seines Ministers zurückzunehmen.
Von den beschriebenen Ereignissen bekommt Karl-Heinz‘ Familie vermutlich nur am Rande etwas mit: Hude ist zur damaligen Zeit fast ausschließlich evangelisch bevölkert. Erst mit der Flüchtlingswelle aus den Ostgebieten gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wächst die Gruppe der katholischen Bewohner deutlich an. Zu diesem Zeitpunkt besucht Karl-Heinz bereits seit zwei Jahren die Volksschule im Klosterbezirk, die angesichts des bis Ende er 40er Jahre anhaltenden Zustroms weiterer Vertriebener aus allen Nähten platzt. Sein Schulweg ist vergleichsweise kurz: Mit den Eltern und den beiden Geschwistern wohnt er weniger als einen Kilometer entfernt in einer von Heinrich Hemme gemieteten Oberwohnung an der Burgstraße.
Vater Hermann, dem bei Kriegsausbruch 1939 die Einberufung zur Wehrmacht erspart geblieben ist, betreibt ein kleines Zementwerk in Dingstede. Dort produziert er unter anderem Dachpfannen, Platten und Brunnenringe. Auf seinem Grundstück baut er nebenbei ein Wohnhaus, das er 1955 mit der Familie bezieht. Zu diesem Zeitpunkt geht Karl-Heinz allerdings bereits eigene Wege – er beginnt Anfang Mai 1952 eine Lehre bei Bäckermeister Adolf Ellinghusen in Vielstedt, der ihn nicht nur drei Jahre lang ausbildet, sondern ihm auch wie damals üblich Kost und Logis gewährt.
Nach der Gesellenprüfung im Frühjahr 1955 arbeitet Karl-Heinz weiter bei Ellinghusen und er bleibt, weil er sich in Vielstedt sehr wohl fühlt, zunächst auch in der Bäckerei wohnen. Das spart nicht nur Geld, sondern auch Zeit, die in seinen beruflichen Anfangsjahren eher knapp bemessen ist: Schließlich steht Karl-Heinz nicht nur an sechs Tagen in der Woche ab spätestens drei Uhr morgens in der Backstube, sondern er liefert im Anschluss häufig auch noch Brot und andere Backwaren aus.
Den Samstagabend – Sonntag ist sein freier Tag – verbringt Karl-Heinz wie viele Altersgenossen häufig auf Tanz-Veranstaltungen und Festen in der näheren Umgebung, wo er Gunda Cordes kennenlernt. Die beiden werden ein Paar und heiraten im März 1961. Dem Umzug nach Steinkimmen, wo Gundas Eltern und ihre Geschwister Enno und Renate wohnen, folgt im Mai des gleichen Jahres die Geburt von Sohn Rolf. Im Juni 1962 kommt dann Tochter Rita zur Welt.
Kurz nach Ritas Geburt besuchen Gunda und Karl-Heinz zum ersten Mal gemeinsam Gundas Brieffreundin Gertrud Frass in Scherzheim bei Baden-Baden. Seit Gundas Vater dort im Zweiten Weltkrieg vor Ort stationiert war, sind beide Familien in enger Freundschaft verbunden – eine Verbindung, die auch in den folgenden Jahrzehnten nicht abreißt und mittlerweile die dritte Generation umfasst, zu der von norddeutscher Seite aus auch Rolfs und Ritas 1968 geborener Bruder Jens gehört.
Das Jahr 1968 bringt noch weitere Veränderungen für die junge Familie. Zunächst einmal hat die Suche nach einem eigenen Heim Erfolg: Nachdem Gunda und Karl-Heinz bereits 1967 eher durch Zufall erfahren haben, dass in Hurrel das alte Schulgebäude zum Verkauf steht, bekommen beide im Februar des Folgejahres den Zuschlag. Im Frühsommer beginnen sie mit der Renovierung, Ende August – knapp vier Wochen vor Jens‘ Geburt – ziehen sie ein. Noch einmal zwei Wochen später tritt Karl-Heinz seine neue Arbeitsstelle bei Diedrich Pape in Delmenhorst an. Zuvor hatte er nach seinem Abschied bei Ellinghusen zwei Jahre in der Großbäckerei Cebulla in Heidkrug gearbeitet.
In Hurrel wird Karl-Heinz – wie auch der Rest der Familie – schnell heimisch. Zwar macht es ihm sein Beruf nicht eben leicht, an dörflichen Veranstaltungen teilzunehmen, doch damit arrangiert er sich all die Jahre hinweg, so gut er kann. Ein neuer Tagesrhythmus beginnt, als Karl-Heinz Ende Dezember 1999 in Rente geht. Was nicht bedeutet, dass sein Leben von nun an in wesentlich geruhsameren Bahnen verläuft: Die Pflege von Haus und Grundstück, zu dem seit 1988 auch ein zuvor gemeindeeigener Feuerlöschteich gehört, nimmt ihn nach wie vor in Anspruch. Darüber hinaus verbringt er viel Zeit im expandierenden Betrieb seines Sohnes Rolf, der sich 1991 mit der Landmaschinen-Firma Hagestedt & Menkens selbstständig gemacht hat. Auch in der benachbarten Gastwirtschaft von Ursel Mehrings hilft er oft und gerne aus, wenn eine unterstützende Hand zum Backen benötigt wird.
Nach einer Ende 2008 erlittenen Lungenentzündung muss Karl-Heinz allerdings kürzertreten, die gesundheitlichen Beschwerden häufen sich. Nach einem längeren, vor allem zunehmenden Herzbeschwerden geschuldeten Krankenhausaufenthalt verbringt er die letzten Tage seines Lebens im Laurentius Hospiz in Falkenburg, wo er am 1. April 2013 stirbt. Beerdigt wird er vier Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.