Johann Hinrich Timmermann wird am 20. Januar 1900 als viertes Kind von Diedrich Timmermann und Katharine Timmermann in Hurrel geboren. Er ist der jüngere Bruder von Martha von Kempen, Adolf Timmermann und Heinrich Timmermann und der ältere Bruder von Bertha von Kempen, Karl Diedrich Timmermann, Karl Timmermann, Hanna Hagestedt, Georg Timmermann und Friedel Timmermann.
Markiert der 1. Januar 1900 den Beginn eines neuen Jahrhunderts? Das ist eine Frage, die in den Wochen und Monaten vor Johanns Geburt intensiv und durchaus kontrovers diskutiert wird. Bis für das Deutsche Reich am 14. Dezember 1899 eine behördliche Anordnung Klarheit schafft: Obwohl rein rechnerisch falsch, bestätigt der von Reichskanzler Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst geführte Bundesrat diese Sichtweise und macht den Jahreswechsel ganz offiziell zum Jahrhundertwechsel. Der wiederum wird im ganzen Land ausgiebig gefeiert, wenn auch bei meist trübem und regnerischen Wetter. Am Morgen des 1. Januar dann herrscht vielerorts dichter Nebel, der teilweise die von langer Hand geplanten militärischen Neujahrs-Festlichkeiten beeinträchtigt.
Die imposanteste Kundgebung findet in der Reichshauptstadt Berlin statt. Dort hält Kaiser Wilhelm II. im Zeughaus bei der feierlichen Weihe der Fahnen und Standarten des Gardekorps eine an die Offiziere der Garnison Berlin gerichtete Programmrede, in der er auf das vergangene Jahrhundert zurückblickt und das Heer auf neue Aufgaben einstimmt: „An Ihnen ist es nun, meine Herren, auch im neuen Jahrhundert die alten Eigenschaften zu bewähren und zu betätigen, durch welche unsere Vorfahren die Armee groß gemacht haben: Einfachheit und Anspruchslosigkeit im täglichen Leben, unbedingte Hingabe an den königlichen Dienst, volles Einsetzen aller Kräfte des Leibes und der Seele in rastloser Arbeit an der Ausbildung und Fortentwicklung unserer Truppen. Und wie mein Großvater für sein Landheer, so werde auch ich für meine Marine unbeirrt in gleicher Weise das Werk der Reorganisation fort- und durchführen, damit auch sie gleichberechtigt an der Seite meiner Streitkräfte zu Lande stehen möge und durch sie das Deutsche Reich auch im Auslande in der Lage sei, den noch nicht erreichten Platz zu erringen.“
Wie der ein Jahr zu früh gefeierte Jahrhundertwechsel und des Kaisers Streben nach dem oftmals zitierten „Platz an der Sonne“ in Hurrel aufgenommen werden, lässt sich nur vermuten. Als gesichert darf jedoch gelten, dass Johann in diesem so definierten 20. Jahrhundert der erste Hurreler Neugeborene ist. Auf welchem Hurreler Hof er seinen ersten Schrei tut, liegt dagegen ebenfalls im Dunkeln. Seine Eltern haben im Dorf keinen Grundbesitz, möglicherweise leben sie mit den älteren Geschwistern in einem der damals noch zahlreich vorhandenen Heuerhäuser. Schon bald nach der Geburt des jüngeren Bruders Karl im November 1906 zieht die Familie nach Nordenholz, was Johann kurz nach der Einschulung einen Schulwechsel beschert.
In Nordenholz kommen mit Hanna und Georg zwei weitere Geschwisterkinder zur Welt. Georg stirbt allerdings im August 1912 nur wenige Wochen nach seinem zweiten Geburtstag an Diphtherie. Der Verlust überschattet ein anderes, deutlich erfreulicheres Ereignis: Johanns Eltern haben mittlerweile genügend Geld zusammengespart, um sich am nordöstlichen Rand von Hurrel eine eigene Hofstelle (heute: Kerstin und Thomas Schwantje) kaufen zu können. Ende 1912 kehrt die Familie deshalb nach Hurrel zurück.
Am 11. August 1914 gibt es auf dem Timmermann-Hof eine weitere Premiere: Johanns jüngster Bruder Friedel ist das erste Hurreler Kind, das nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs geboren wird. Anders als auf vielen Nachbarhöfen reißt dieses den weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts maßgeblich bestimmende Ereignis in Johanns Familie keine Lücken: Sein älterer Bruder Adolf wird zwar mehrfach verwundet, kehrt aber nach Kriegsende ebenso in die Heimat zurück wie der zweitälteste Bruder Heinrich. Sehr wahrscheinlich erlebt auch Johann noch den mörderischen Front-Alltag hautnah mit. Näheres darüber ist in der Familie allerdings nicht mehr bekannt.
Gleiches gilt für die politisch und wirtschaftlich äußerst schwierigen Jahre nach Ausrufung der Weimarer Republik. Johann scheint diese Zeit jedoch auf dem elterlichen Hof oder zumindest in der näheren Umgebung zu verbringen, denn auch seine zukünftige Ehefrau Anna Osterloh kommt aus Hurrel. Aufgewachsen ist sie bei ihrer Tante Amalie Lange an der Ortstraße, nach Schulabschluss und Konfirmation arbeitet sie als Dienstmagd in der Bäckerei und Gastwirtschaft von Reinhard Asseln.
Johann und Anna heiraten am 22. März 1929, im Februar 1930 wird Tochter Katherine geboren. Bald darauf schwappt die wenige Monate zuvor mit dem Zusammenbruch der New Yorker Börse begonnene Weltwirtschaftskrise nach Deutschland über. Für Johann, der mit Frau und Tochter weiter auf dem elterlichen Hof an der Hurreler Straße wohnt, keine leichte Zeit – zumal seine Mutter Katharine schwer erkrankt ist und sich in Oldenburg einer längeren therapeutischen Behandlung unterziehen muss.
Als seine Mutter 1931 wieder nach Hause zurückkehrt, mietet Johann mit Anna ein der Gemeinde Hude gehörendes Haus am Postweg in Vielstedt. Eine regelmäßige Arbeit zu finden ist noch immer schwierig, doch mit zum Teil saisonal befristeten Jobs auf der Ziegelei Knabe in Kirchkimmen und in den Wäldern der Familie von Witzleben bringt er nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 die Familie über die Runden.
Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gehört Johann wie schon 25 Jahre zuvor nicht zu den Frontkämpfern der ersten Stunde: Vor 1913 Geborene erhalten zunächst nur vereinzelt einen Stellungsbefehl. Diese Praxis ändert sich jedoch bereits im Frühjahr 1940, und je länger der Krieg dauert, desto mehr Angehörige des Jahrgangs 1900 rücken nach. Als Johann im Spätsommer 1944 an die Reihe kommt, steht die Wehrmacht längst auf verlorenem Posten. Im Westen ist Paris befreit, im Osten erzielt die Rote Armee in mehreren Großoffensiven massive Geländegewinne und marschiert unaufhaltsam auf Schlesien und Ostpreußen zu.
Bei den erbittert geführten Kämpfen im Osten verliert schließlich auch Johann sein Leben. Unter welchen Umständen, ist bis heute ungeklärt. Als Angehöriger des Festungs-Infanterie-Bataillons 1436 fällt er Informationen des Suchdienstes des Roten Kreuzes zufolge irgendwann zwischen Mitte Januar und Anfang Februar 1945 bei Rückzugsgefechten aus dem Raum Praschnitz in Richtung Heiligenbeil, wahrscheinlich unmittelbar nach seinem Tod begraben von einem der in jenen verhängnisvollen Wochen bei Temperaturen von minus 20 Grad tobenden Schneestürme. Das in dieser Biographie genannte Datum 30. Januar 1945 ist dabei nicht gesichert und hat eher symbolischen Charakter – es markiert den vorläufigen Abschluss der sowjetischen Winteroffensive.