Johann Dierk Rodiek – Biographie

Johann Dierk Rodiek wird am 19. April 1805 als siebtes Kind von Hinrich Rodiek und Gesche Margarete Rodiek auf dem elterlichen Hof in Sandersfeld (heute: Ingo und Elke Haverkamp) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Johann Hinrich Rodiek, Adelheid Margarete Osterloh, Eleonora Margarethe Grape, Abel Gerd Rodiek, Gesche Margarete Rodiek und Hinrich Rodiek. Mit Arend Rodiek hat er zudem noch einen älteren Halbbruder aus einer früheren Beziehung seiner Mutter mit Johann Hinrich Pieper aus Ohe.

Zwei Wochen vor Johann Dierks Geburt setzt in den USA die berühmte Expedition von Meriwether Lewis und William Clark nach fünfmonatiger Winterpause in Fort Mandan im heutigen Bundesstaat North Dakota ihren Weg Richtung Westen fort. Im Mai 1804 hatte sie nördlich von St. Louis den Mississippi überquert und war in die bis dahin kaum erforschte Wildnis aufgebrochen. US-Präsident Thomas Jefferson persönlich hatte seinen ehemaligen Privatsekretär Lewis und dessen Partner Clark beauftragt, einen schiffbaren Wasserweg zum Pazifik zu finden sowie neben Geographie und Geologie des unbekannten Landes auch Pflanzen, Tiere und Indianer zu studieren – mit dem Ziel, die weitere Ausbreitung der USA voranzutreiben.

Während ein kleiner Trupp zurück in die Zivilisation reist, um dort diverse Berichte sowie neu entdeckte Pflanzen und Tiere zu übergeben, paddeln die verbliebenen 33 Mitglieder der Expedition in mehreren Kanus weiter den Missouri hinauf und erreichen am 26. April den Zusammenfluss mit dem Yellowstone River. Zur ihrer großen Enttäuschung endet die Fahrt Mitte Juni in einem Gebiet mit mehreren Stromschnellen und Wasserfällen (heute: Great Falls) – der Traum von der direkten Verbindung zum Pazifik ist geplatzt. Bei sengende Hitze und bedroht von Grizzlys und Klapperschlangen tragen die Männer ihre gesamte Ausrüstung über Land am Hindernis vorbei, wofür sie fast einen Monat benötigen.

Damit sind die Strapazen allerdings längst nicht vorbei. Es warten noch die Rocky Mountains, die sich als weitaus höher und unwirtlicher erweisen als zunächst vermutet. Mit Hilfe ihrer indianischen Führerin Sacajawea gelingt es Lewis und Clark, beim Stamm der Schoschonen Pferde einzutauschen und so auch dieses Hindernis zu überwinden. Über den Clearwater River, den Snake River und den Columbia River erreicht die Expedition schließlich am 7. November 1805 die Westküste des Kontinents. Nach einer erneuten Überwinterung tritt sie im März des folgenden Jahres die Rückreise an und wird am 23. September 1806 bei ihrer Ankunft in St. Louis begeistert gefeiert.

Auf der anderen Seite des Atlantiks und ganz besonders im damaligen Herzogtum Oldenburg dürfte vom Erfolg der Lewis-und-Clark-Expedition kaum jemand Notiz nehmen. Denn dort bahnen sich im Herbst 1806 einschneidende Veränderungen an. Vier Wochen nach Napoleons Sieg in der Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober marschieren Truppen des Königreichs Hollands – befehligt von Napoleons Bruder Louis Bonaparte – in Oldenburg ein und besetzen die Stadt. Zwar rücken sie schon im Januar 1807 wieder ab. Dennoch bleibt das Herzogtum in den folgenden Jahren unter französischem Einfluss und wird Anfang 1811 sogar offiziell ein Teil Frankreichs. Erst nach Napoleons missglücktem Russland-Feldzug und der Niederlage seiner Armeen in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 kann Oldenburgs Herzog Peter Friedrich Ludwig aus dem russischen Exil zurückkehren.

Wie Johann Dierk diese bewegten Jahre bis zu seiner Einschulung in die Volksschule Kirchkimmen und auch darüber hinaus erlebt, lässt sich heute nur vermuten. Der von seinen Eltern bewirtschaftete Hof, auf dem er aufwächst, ist bereits im Oldenburger Salbuch von 1428 verzeichnet und gehört somit zu den ältesten der Umgebung. Er liegt in unmittelbarer Nähe der ab 1825 errichteten Bremer Chaussee, die nach ihrer Fertigstellung 1829 Oldenburg mit Bremen verbindet. Auch dieses für die Region durchaus bedeutsame Ereignis erlebt Johann Dierk quasi vor seiner Haustür hautnah mit.

Im Dezember 1830 stirbt Vater Hinrich Rodiek. Sehr wahrscheinlich steht Johann Dierk zu diesem Zeitpunkt gemäß Jüngstenrecht längst als Nachfolger fest – auf seinen Namen überschrieben wird der Hof im Jahr darauf. Wer ihm bei der Bewirtschaftung neben diversen Knechten und Mägden zur Hand geht, lässt sich aber ebenfalls nur vermuten: Verheiratet ist Johann Dierk nämlich noch nicht, und Mutter Gesche Margarete steht 1830 kurz vor ihrem 70. Geburtstag. Allem Anschein nach lebt und arbeitet aber auch der ältere Bruder Abel Gerd zeitlebens auf dem elterlichen Hof. Er stirbt dort im Januar 1844, fünf Jahre nach dem Tod der Mutter.

Erst kurz nach seinem 39. Geburtstag, am 21. Mai 1844, steht Johann Dierk vor dem Traualtar. Ehefrau Beke Wiedau aus Kirchkimmen ist ein knappes Jahr jünger als er, war aber im Nachbardorf schon 13 Jahre – bis zu dessen Tod 1838 – mit Hermann Wiedau verheiratet. Aus dieser Ehe sind insgesamt sechs Kinder hervorgegangen, von denen 1844 zwei bereits verstorben sind. Ob die vier übrigen nach Bekes erneuter Hochzeit mit auf den Rodiek-Hof ziehen, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren – zumindest bei den drei jüngeren Kindern Anna Sophia (geboren 1831), Hermann Junior (1833) und Wilhelm Hinrich (1838) darf man jedoch davon ausgehen.

Mit der Geburt von Tochter Gesine am 30. Oktober 1845 wird Johann Dierk zum ersten und einzigen Mal Vater. Die folgenden Jahre sind wirtschaftlich schwierig und in ganz Deutschland durch mehrere Missernten und Hungersnöte geprägt – inwieweit davon auch der Rodiek-Hof betroffen ist, liegt heute im Dunkeln. Es folgt die März-Revolution vom Frühjahr 1848, die aber im seit 1829 von Peter Friedrich Ludwigs Sohn August I. regierten Großherzogtum Oldenburg vergleichsweise kleine Wellen schlägt. Am Ende siegt wie überall im Deutschen Bund die Reaktion, was in den folgenden Jahren die Zahl der Auswanderer Richtung Nordamerika in die Höhe schnellen lässt. Zu den Oldenburgern, die sich dort ein besseres Leben versprechen, gehört auch Johann Dierks Stieftochter Anna Sophia: Sie zieht es 1869 mit ihrer Familie nach Nebraska – 64 Jahre, nachdem die Lewis-und-Clark-Expedition den damals ausschließlich von Indianern besiedelten Prärie-Staat auf die Landkarte hob.

In Anna Sophias alter Heimat wiederum steht im Januar 1871 am Ende des Deutsch-Französischen Krieges die Gründung des Deutsche Reiches. Nur wenige Monate zuvor haben Johann Dierk und Beke auf dem Rodiek-Hof durch die Hochzeit von Tochter Gesine mit Hermann Osterloh aus Klattenhof einen Schwiegersohn bekommen. Johann Dierks erstes Enkelkind Dietrich wird im März 1872 geboren, das zweite Elise Catharine folgt im April 1876. Nur drei Monate später ist Johann Dierk Witwer: Ehefrau Beke stirbt am 30. Juli. Ihr folgt am 6. Januar 1882 Schwiegersohn Hermann im Alter von nur 36 Jahren.

In den folgenden Jahren erlebt Johann Dierk noch die Hochzeit von Hof-Nachfolgerin Gesine mit ihrem zweiten Ehemann Heinrich Schwarting (Mai 1884) und – kurz vor seinem 80. Geburtstag – die Ankunft des dritten Enkelkindes Anna Catharine im März 1885. Er stirbt sechs Tage nach seinem 84. Geburtstag und wird am 2. Mai 1889 in Ganderkesee beerdigt.