Johann Berend Voigt – Biographie

Johann Berend Voigt wird am 8. November 1825 als siebtes Kind von Johann Berend Vagt und Friederike Vagt in Landwehr bei Ganderkesee geboren. Er ist der jüngere Bruder von Johann Gerd Vagt, Anna Catharine Ahlers, Sophie Catharine Vosteen, Johann Hinrich Vagt, Johann Hinrich Vagt und Beke Vagt und der ältere Bruder von Friedrich Vagt, Hermann Vagt, Gesine Margarete Lange und Gesine Friederike Linnemann.

Zwei Tage vor Johann Berends Geburt begründet in Köln die ehemalige Nonne Maria Clementine Martin ihre Karriere als Unternehmerin. Sie schaltet in der „Kölnischen Zeitung“ eine Annonce, in der sie selbst hergestelltes Kölnisch Wasser anbietet. Der Markt für Parfüme dieser Art ist zu jener Zeit hart umkämpft – der Überlieferung zufolge konkurrieren in der seit 1815 zu Preußen gehörenden Stadt mehr als 60 Hersteller um Kundschaft. Ob Martin dabei mit ihrem Duftwasser qualitativ heraussticht, ist nicht überliefert. Wohl aber, dass sie nur wenige Monate später die Firma „Maria Clementine Martin Klosterfrau“ ins Kölner Handelsregister eintragen lässt und von 1827 an als zweites Standbein „ächtes Carmeliter-Wasser“ verkauft. Unter dem Namen „Klosterfrau Melissengeist“ erringt der stark alkoholhaltige Extrakt aus verschiedenen Heilpflanzen wie Melisse, Muskatnuss oder Enzian schnell überregional Bekanntheit und gehört bis heute weltweit zur Standardausrüstung vieler Hausapotheken.

Durchsetzen kann sich Martin unter anderem deshalb, weil ihr Betrieb als eines von nur wenigen Kölner Unternehmen mit dem preußischen Adler auf seinen Etiketten werben darf. Dieser Bitte gibt König Friedrich Wilhelm III. 1829 statt, weil Martin 1815 während der Schlacht bei Waterloo mithalf, preußische Verwundete zu versorgen – ob direkt auf dem Schlachtfeld, wie stets von ihr behauptet, oder in einem nahegelegenen Lazarett, lässt sich in der Rückschau nicht mehr eindeutig klären. Auch andere biographische Selbstauskünfte der einstigen Nonne, die einen Teil ihrer Jugend in Jever verbrachte, sind in den vergangenen Jahrzehnten durch Historiker in Frage gestellt worden. Das ändert jedoch nichts an der Leistung, sich als garantiert oftmals unterschätzte Frau in einer von Männern dominierten Geschäftswelt glänzend behauptet zu haben. Als Martin am 9. August 1843 im Alter von 67 Jahren stirbt, hinterlässt sie ihrem als Erben eingesetzten Mitarbeiter Peter Gustav Schaeben ein im wahrsten Wortsinn wohlbestelltes Haus.

Ob Johann Berend – bei Martins Tod kurz vor seinem 18. Geburtstag stehend – jemals mit „Klosterfrau Melissengeist“ in Berührung kommt, lässt sich nur vermuten. Auch aus seiner Kinder- und Jugendzeit ist so gut wie nichts überliefert. Außer natürlich jenem Detail, das sich bereits beim Lesen des ersten Absatzes dieser Biographie erschließt: Es gibt in seiner Familie natürlich keine zwei Brüder, die zeitgleich auf den Namen Johann Hinrich hören. Als das ältere, im August 1820 geborene Geschwisterkind dieses Namens nach 15 Monaten stirbt, bekommt der nächste Sohn im April 1822 prompt denselben Namen. Eine in damaliger Zeit nicht unübliche Vorgehensweise, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in einigen Hurreler Familien zu beobachten ist. Dass von insgesamt elf Kindern zehn das Erwachsenenalter erreichen, sollte man demgegenüber keineswegs als Selbstverständlichkeit betrachten.

Konkrete Hinweise zu Johann Berends weiterem Lebenslauf sind den Schilderungen einer entfernten Verwandten zu entnehmen, die Walter Janßen-Holldiek 1994 in seiner Hurreler Dorf-Chronik aufgegriffen hat. So beschließt Johann Berend 1850, nach Australien auszuwandern. Wie es ihm auf dem Weg dorthin und später ergeht, liest sich bei Janßen-Holldiek wie folgt: „Das Schiff mit etwa 30 Menschen an Bord sank vor Englands Küste. Nur wenige wurden gerettet. Vogt blieb einige Monate in England. Dorthin schrieb man ihm aus der Heimat, er solle zurückkommen. Er aber fuhr mit seinem Landsmann Wellmann und einem Schweden weiter nach Australien. Die Reise dauerte ein halbes Jahr. Drüben arbeiteten sie fast sieben Jahre zusammen. Dann fuhr Vogt mit dem Schweden, der ihn mit seiner Schwester verheiraten wollte, zunächst in dessen Heimat. Schließlich kehrte er aber doch nach Deutschland zurück und brachte 7.000 Mark und einige Klumpen Gold mit nach Hause. Nach seiner Heirat mit Becke Lange, seiner Jugendliebe, wohnte er zunächst zwei Jahre in Ganderkesee und kaufte sich dann in Hurrel an.“

Bis hierhin also ein wahrhaft abenteuerliches Leben mit Happy End – und ersten Verwirrungen um die korrekte Schreibweise von Johann Berends Nachnamen. Bei seiner Geburt wird er wie alle zehn Geschwister als „Vagt“ eingetragen, so schreiben sich auch seine Eltern. Nicht anders bei der Hochzeit mit Beeke (so die Schreibweise in den Kirchenbüchern) Lange im Mai 1862. Als zwölf Monate später mit Friedrich Hermann in Ganderkesee das erste Kind des Paares zur Welt kommt, notiert der Pfarrer ebenfalls „Vagt“. Nach dem 1863 vollzogenen Umzug nach Hurrel hingegen trägt dessen Amtskollege in Hude bei der Ankunft des zweiten Kindes Sophie den Namen „Voigt“ ins Geburtsbuch ein. Dabei bleibt es dann, ohne dass heute jemand für nähere Aufklärung sorgen könnte.

In Hurrel übernehmen Johann Berend und Beeke den ehemaligen Hof von Diedrich Schütte (heute: Heiko und Anieka Schwarting). Dort kommen mit Bertha Gesine Elise (April 1867), Anna (Mai 1873) und Wilhelmine (Oktober 1875) drei weitere Töchter zur Welt. Sie alle sieht Johann Berend in den folgenden Jahren friedlich aufwachsen und erlebt im April 1893 auch noch die Hochzeit der ältesten Tochter Sophie mit seinem direkten Nachbarn Hinrich Tönjes. Kurz nach seinem 70. Geburtstag, am 12. Dezember 1895, stirbt er und wird fünf Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.