Hinrich Tönjes Junior – Biographie

Tönjes Hinrich Tönjes Junior – Rufname Hinrich – wird am 16. Dezember 1849 als sechstes Kind von Hinrich Tönjes Senior und Anna Tönjes auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Ingo Stöver und Sara Bolte) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Johann Heinrich Tönjes, Johann Tönjes, Bernhard Tönjes, Meta Barkemeyer und Diedrich Tönjes und der ältere Bruder von Hermann Tönjes, Anna Sophia Catharina Tönjes, Catharine Gesine Schwarting und Sophie Wilkens.

Einen Tag vor Hinrichs Geburt treten in London die Mannschaften der Universitäten von Oxford und Cambridge zu ihrer zehnten Ruder-Regatta gegeneinander an. Es ist das einzige Mal in der Geschichte des Wettbewerbs, dass in einem Jahr gleich zwei Rennen auf der Themse stattfinden. Zudem ist es das bislang einzige Wettrudern zwischen den Kontrahenten, das durch Disqualifikation entschieden wird.

Das am 29. März 1849 ausgetragene neunte Rennen hatte das Boot aus Cambridge überlegen gewonnen. Das Oxford-Team hingegen haderte mit seinem Material und kämpfte zudem mit Trainings-Defiziten. Der Bitte, das Rennen deshalb erneut auszutragen, gaben die Sieger großzügig nach – offenbar im Glauben, wieder leichtes Spiel zu haben.

Tatsächlich geht das Cambridge-Team am 15. Dezember bei nasskaltem und sehr stürmischem Wetter als Favorit an den Start. Nachdem es dieser Rolle zunächst gerecht wird, macht der Oxford-Achter den anfänglichen Rückstand in der zweiten Hälfte des Rennens Ruderschlag für Ruderschlag wieder wett. Kurz vor dem Ziel liegen beide Boote nahezu gleichauf. Beim Einlauf hat zwar das Boot aus Cambridge das bessere Ende für sich, wird aber wegen Behinderung des Gegners disqualifiziert. Eine harte und nach Lage der Dinge etwas zweifelhafte Entscheidung, die die Verlierer aber ohne zu murren akzeptieren. Nach zwei weiteren Niederlagen (1852 und 1854) revanchiert sich Cambridge Mitte März 1856 mit dem achten Sieg im 13. Rennen. Von jenem Jahr an geht die Regatta einmal jährlich über die Bühne – eine feste Tradition, die erst 1915 der Erste Weltkrieg unterbricht.

Zeitgleich mit dem Start dieser Serie im Frühjahr 1856 beginnt für Hinrich in Hurrel der sogenannte Ernst des Lebens: Er wird in die vom Tönjes-Hof rund drei Kilometer entfernte Volksschule in Lintel eingeschult – zusammen mit Johann Hinrich Brockshus, der knapp zwei Monate älter ist als Hinrich. Im Mai 1856 kommt dann Schwester Catharine Gesine zur Welt. Die beiden zuvor geborenen Geschwister Hermann (Februar 1852) und Anna Sophia Catharina (April 1854) leben zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr.

Ob 1856 nach dem Tod des jüngsten Sohnes Hermann schon feststeht, dass Hinrich den elterlichen Hof später einmal fortführen soll? Letztlich ist das eine Entscheidung, die Mutter Anna treffen muss – und dies gleich in doppeltem Sinne. Zum einen, weil der Hof vor dem Gesetz ihr gehört: Ihr 1846 verstorbener Vater Johann Hinrich Schütte hatte ihn 1833 gekauft. Zum anderen, weil Hinrichs Vater sich zu dieser Frage schon bald nicht mehr äußern kann. Er stirbt am 2. März 1861, knapp fünf Monate vor der Geburt von Hinrichs jüngster Schwester Sophie. Wäre Sophie als Junge zur Welt gekommen, die am Jüngstenrecht der Gemeinde Hude ausgerichtete Erbfolge hätte sehr wahrscheinlich anders ausgesehen. Als Mädchen jedoch muss sie gemäß der damals gültigen Höfe-Ordnung ihrem erbwilligen Bruder den Vortritt lassen.

Zunächst führt Mutter Anna den Betrieb mit Hilfe aller noch zu Hause wohnenden Kinder weiter. Schon bald jedoch überträgt sie einen großen Teil der Verantwortung auf Hinrich, während sich seine Geschwister nach und nach andernorts eine Zukunft aufbauen. Als Anna Tönjes Anfang 1892 stirbt, lebt nur noch Sophie mit auf dem Hof. Johann und Bernhard sind in die USA ausgewandert, wo ersterer 1873 nach einer Pocken-Infektion den Tod gefunden hat. Die anderen vier sind in der näheren Umgebung verheiratet. Hinrich hingegen ist, obwohl beim Tod der Mutter bereits 42 Jahre alt, noch immer ledig.

Als Grunderbe muss Hinrich seine Geschwister auszahlen. Die erhalten gebliebenen Notar-Dokumente dazu ermöglichen einen detaillierten Blick auf das Inventar des Tönjes-Hofes zu jener Zeit: Insgesamt listet das Protokoll 45 Positionen auf, darunter zwei Pferde, acht Kühe, drei Kälber, acht Schweine, 30 Hühner, drei Ackerwagen und eine Dreschmaschine.

Am 18. April 1893 – elf Tage, bevor auch die jüngste Schwester Sophie zusammen mit ihrem Verlobten Heinrich Wilkens Deutschland Richtung USA verlässt – feiert Hinrich doch noch Hochzeit. Ehefrau Sophie Voigt, 14 Jahre jünger als er, stammt vom Nachbarhof des Australien-Rückkehrers Johann Berend Voigt. Aus der Ehe gehen mit Heinrich (Februar 1894) und Bertha (Juni 1895) zwei Kinder hervor.

Die folgenden Jahre sind wie auf allen Hurreler Höfen von harter Arbeit gekennzeichnet. Ein Teil der bewirtschafteten Ländereien liegt weit entfernt in der Blankenburger Mark, ein anderer muss noch mühsam urbar gemacht werden. Wenige Monate vor Hinrichs 65. Geburtstag bringt im August 1914 der Erste Weltkrieg schlagartig die in Kürze geplante Übergabe an Sohn Heinrich in Gefahr. Letzterer wird zwar zur Kaiserlichen Armee eingezogen, kehrt aber nach Kriegsende wohlbehalten zurück. Heinrichs im Juni 1922 gefeierte Hochzeit mit Bertha Rüdebusch aus Kirchkimmen erlebt Hinrich dann nicht mehr mit: Er stirbt am 10. August 1921 und wird drei Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.