Hermann Brockshus – Biographie

Hermann Brockshus wird am 5. September 1814 als viertes Kind von Berend Brockshus und Catharine Dorothee Brockshus auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Kerstin und Thomas Schwantje) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Catharine Neumann, Mette Marie von Harten und Gerd Brockshus und der ältere Bruder von Anna Seifert, Hinrich Brockshus, Johann Bernhard Brockshus und Maria Brockshus.

Zwei Wochen nach Hermanns Geburt beginnt der Wiener Kongress. Auf Einladung von Kaiser Franz I. treffen sich in der österreichischen Hauptstadt die Repräsentanten von rund 200 europäischen Staaten, um nach der Niederlage Napoleon Bonapartes im Sechsten Koalitionskrieg die politische Landkarte des Kontinents neu zu ordnen. Fast neun Monate lang wird debattiert, gestritten, intrigiert, gedroht, gefeilscht – und immer wieder auch gefeiert und getanzt, denn Kaiser Franz und sein umtriebiger Außenminister Klemens Fürst von Metternich bemühen sich, den Kongress-Teilnehmern ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten.

Zu den Haupt-Akteuren gehören neben Metternich Russlands Zar Alexander I. und Charles-Maurice de Talleyrand. Letzterer vertritt im Auftrag von König Ludwig XVIII. die Interessen des Kriegsverlierers Frankreich und vollbringt das Kunststück, seinem Land den Status einer den Siegern gleichberechtigten Großmacht zu erhalten – auch wenn es auf nahezu sämtliche ab 1792 eroberten Gebiete verzichten muss. Dabei profitiert Talleyrand unter anderem vom Streit Russlands, Österreichs und Preußens über die Zukunft des von Napoleon als Satellitenstaat geschaffenen Herzogtums Warschau. Auch wenn König Friedrich Wilhelm III. seine Hoffnung begraben muss, die 1895 nach der Dritten Polnischen Teilung errichtete und 1807 verlorene Provinz Neuostpreußen zurückzuerhalten, zählt Preußen mit der Einverleibung Posens, Schwedisch-Pommerns, der Republik Danzig, Westfalens und Teilen des Rheinlandes zu den großen Gewinnern des Kongresses.

Während die Mächtigen Europas in Wien noch verhandeln, kehrt Napoleon Anfang März 1815 nach Frankreich zurück und reißt erneut die Macht an sich. Obwohl er beteuert, die Grenzen von 1792 anzuerkennen, verbünden sich Österreich, Russland, Preußen und Großbritannien gegen ihn und bereiten ihm am 18. Juni in der Schlacht bei Waterloo eine letzte, entscheidende Niederlage. Vier Tage später tritt Napoleon zurück und begibt sich auf den Weg in die Verbannung nach St. Helena.

Wahrhaft bewegte Zeiten also, in die Hermann hineingeboren wird. Das Herzogtum Oldenburg, zu dem sein Heimatort Hurrel gehört, profitiert ebenfalls vom Wiener Kongress: Es wird zum Großherzogtum erhoben und gewinnt das zuvor preußisch regierte Fürstentum Birkenfeld hinzu. Trotzdem ist Landesherr Peter Friedrich Ludwig enttäuscht: Er hatte auf Ostfriesland und das Emsland gehofft. Beide Regionen fallen jedoch an das Königreich Hannover. Deshalb weigert er sich, den Titel Großherzog zu führen – auch als im Juli 1823 der von ihm vertretene rechtmäßige Herrscher Peter Friedrich Wilhelm ohne Nachkommen stirbt.

Ein Jahr zuvor ist auf dem von Hermanns Großvater Jacob Brockshus begründeten Hof an der Hurreler Straße ein große Teile der vorhandenen Gebäude vernichtendes Feuer ausgebrochen. Wo die Familie während des Wiederaufbaus unterkommt, ist nicht überliefert – ebenso wenig, ob Hermann, als er um das Jahr 1829 herum die Volksschule in Lintel verlässt, bereits als Hofnachfolger feststeht. Gemäß Jüngstenrecht in der Gemeinde Hude wäre der 1820 geborene Bruder Johann Bernhard erbberechtigt gewesen. Als Zeitpunkt der Übergabe nennt der Hurrel-Chronist Walter Janßen-Holldiek das Jahr 1841, in dem Vater Berend das 62. Lebensjahr vollendet.

Im Oktober 1846 heiratet Hermann Gesche Margarete Otte aus Neuenkoop. Die Geburt von Hermann Junior (März 1848), Johann Hinrich (Oktober 1849) und Gesine Margarete (Dezember 1851) in angesichts der Märzrevolution und der ihr folgenden Reaktions-Ära ebenfalls bewegten Zeiten verläuft weitgehend unkompliziert, doch die drei nachfolgenden Jahre werden Hermann vermutlich für immer als die schwerste Phase seines Lebens in Erinnerung bleiben. Im Juli 1852 stirbt Gesche Margarete und lässt ihn als Witwer mit drei kleinen Kindern zurück.

Seine Eltern können Hermann nicht mehr unterstützen: Vater Berend ist im Februar 1847 gestorben, Mutter Catharine Dorothee im Juli 1851. Also heiratet Hermann am 28. Januar 1853 ein zweites Mal. Doch auch die Ehe mit Metta Menkens aus Grüppenbühren steht für ihn unter keinem guten Stern: Nur eine Woche nach der Hochzeit muss Hermann Tochter Gesine Margarete zu Grabe tragen. Metta wiederum stirbt am 6. Januar 1854 nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Mette Catharine am Kindbettfieber.

Noch im November desselben Jahres geht Hermann die dritte Ehe ein, diesmal mit Gesine Heuermann aus Kühlingen. Aus dieser Verbindung entstammen die Kinder Johann Christian (Dezember 1855), Heinrich Diedrich (Oktober 1858), Bernhard (Dezember 1859), Aline Catharine (März 1863), Heinrich Martin August (Januar 1867) und Johann Diedrich (Dezember 1871). Bis auf Heinrich Diedrich und Johann Diedrich, die nicht über das Säuglingsalter hinauskommen, wachsen sie gemeinsam mit der Halbschwester Mette Catharine auf dem Brockshus-Hof auf.

Wann in Hermann die Idee keimt, Deutschland hinter sich zu lassen und mit seiner Familie nach Nordamerika auszuwandern, lässt sich nur vermuten. Den Anstoß dürften die beiden ältesten Söhne geben, die als erste diesen Schritt gehen. Hermann Junior schifft sich bereits 1864 nach New York ein, als auf der anderen Seite des Atlantiks noch der Amerikanische Bürgerkrieg tobt. Johann Hinrich folgt 1867, Mette Catharine und Johann Christian überqueren 1869 den Ozean.

Von New York aus geht es für alle vier Geschwister 1.600 Kilometer westwärts nach Iowa, wo Hermann Junior in der Nähe von Williamsburg eine Farm gründet und im Februar 1872 Meta Gesine Petershagen aus Lintel heiratet. Eine Hochzeit, an der Bruder Johann Hinrich nicht mehr teilnehmen kann: Er stirbt am 3. Januar 1872 im Alter von nur 22 Jahren.

Im Frühjahr 1880 verkauft Hermann den Hof in Hurrel an Tönjes Hinrich Schwarting und besteigt in Bremerhaven mit Ehefrau Gesine und den bis dahin noch in Deutschland verbliebenen Kindern Bernhard, Aline Catharine und Heinrich Martin August den vom Norddeutschen Lloyd betriebenen Passagierdampfer „Neckar“. Von New York geht es ebenfalls weiter nach Iowa, wo es ein Wiedersehen mit Hermann Junior und Johann Christian gibt. Tochter Mette Catharine ist nach ihrer Heirat mit Eilert Fischbeck 1874 weiter nach Kansas gezogen, sie wird Hermann nie wieder zu Gesicht bekommen.

Seinen Lebensabend verbringt Hermann mit Gesine auf einer Farm in der Nähe von Homestead, rund 25 Kilometer nördlich von Williamsburg. Dort stirbt er am 13. Januar 1893 im Alter von 78 Jahren. Beerdigt ist Hermann wenige Tage später auf dem St. John’s Lutheran Cemetery in Homestead.