Helmut Hobbie – Biographie

Helmut Franz Hobbie wird am 23. April 1909 als fünftes Kind von Heinrich Bernhard Hobbie und Anna Hobbie im Oldenburger Stadtteil Bürgerfelde geboren. Er ist der jüngere Bruder von Georg Hobbie, Heinrich Adolf Hobbie, Walter Hobbie und Johann Hobbie und der ältere Bruder von Aline Wilhelmine Hobbie, Bernhard Hermann Hobbie, Bertholt Hobbie, Brunke Hobbie, Adolfine Marquardt und Anna Fülle.

Zwei Tage vor Helmuts Geburt erreicht eine amerikanische Expedition unter Führung des ehemaligen US-Präsidenten Theodore Roosevelt die ostafrikanische Hafenstadt Mombasa. Sie wird von der Smithsonian Institution finanziert und soll möglichst viele einheimische Tierarten für das geplante National Museum of Natural History in Washington mit nach Hause bringen. Ein Auftrag, den Roosevelt in den folgenden Monaten gewissenhaft erfüllt: Insgesamt schießt oder fängt er mit seinen Mitstreitern – unter anderem seinem Sohn Kermit und dem bekannten schottischen Großwildjäger Richard John Cuninghame – mehr als 11.000 Tiere, darunter 20 Nashörner, 17 Löwen, 11 Elefanten, 7 Geparden und 3 Leoparden. Ein Teil dieser Ausbeute dient allerdings dazu, die Expeditions-Teilnehmer und das Heer ihrer afrikanischen Helfer mit frischem Fleisch zu versorgen.

Zur gleichen Zeit wie Roosevelt ist im Auftrag des Berliner Museums für Naturkunde auch eine deutsche Expedition in der Region unterwegs. Rund 900 Kilometer südlich vom britisch beherrschten Mombasa, in der damaligen Kolonie Deutsch-Ostafrika, stößt sie im April 1909 nordwestlich der Stadt Lindi auf einen gigantischen Dinosaurier-Friedhof. Bis 1913 lässt der Expeditions-Leiter Werner Janensch insgesamt mehr als 200 Tonnen Fossilien aus dem Oberjura nach Berlin verschiffen, aus denen Archäologen später unter anderem das fast vollständige Skelett eines Giraffatitan branca zusammensetzen. Bis heute gilt das Gebiet rund um den Tendaguru-Hügel im späteren Tansania als eine der ergiebigsten Dinosaurier-Fundstätten der Geschichte.

Die beiden genannten Ereignisse zeigen zweierlei: Zum einen gibt es Anfang des 20. Jahrhunderts seitens der Kolonialmächte keinerlei Skrupel, die von ihnen in Besitz genommenen Länder nach Strich und Faden auszubeuten. Zum anderen herrscht zwischen den damaligen Großmächten – neben den USA, dem Deutschen Reich und Großbritannien noch Frankreich, Russland, Italien und Österreich-Ungarn – ein permanenter Wettstreit. Das damit verbundene Geltungsstreben ist letztlich auch einer der Gründe, warum nur fünf Jahre später alle miteinander in den Ersten Weltkrieg schlittern. Ausgelöst wird er übrigens durch den Mord an einem der maßlosesten Jäger seiner Zeit: Österreich-Ungarns Thronfolger Franz Ferdinand bringt im Laufe seines Lebens erhaltenen Schusslisten zufolge fast 275.000 Wildtiere zur Strecke, ehe ihn und Ehefrau Sophie am 28. Juni in Sarajevo die Kugeln des serbischen Attentäters Gavrilo Princip treffen.

Zu diesem Zeitpunkt bewohnt Helmuts Familie bereits seit zwei Jahren ein Haus in der neu ausgewiesenen Moorsiedung Streekermoor bei Sandkrug. Vater Heinrich Bernhard, als Arbeiter bei der Großherzoglich Oldenburgischen Eisenbahn beschäftigt und im Nebenerwerb Landwirt, hatte bis zur Hochzeit im Mai 1900 bei seinen Eltern in der Ehnernstraße in Bürgerfelde gelebt und anschließend mit Ehefrau Anna eine Mietwohnung in jenem Haus am Schulweg bezogen, in dem auch Helmut geboren ist. Von den acht bis dato zur Welt gekommenen Kindern leben im Sommer 1914 mit Heinrich Adolf, Bernhard Hermann und Bertholt drei bereits nicht mehr.

In Streekermoor besucht Helmut sehr wahrscheinlich ab Frühjahr 1915 die dorfeigene Volksschule. Vier Monate später kommt mit Brunke das nächste Geschwisterkind hinzu, die Schwestern Adolfine und Anna folgen im Januar 1918 und im März 1920. Der Krieg ist inzwischen verloren, der Kaiser hat abgedankt und die junge Weimarer Republik steht drei Tage nach Annas Geburt vor ihrer bis dato schwersten Bewährungsprobe, dem von Walther von Lüttwitz angeführten Kapp-Putsch. Am Ende rettet ein von der SPD ausgerufener Generalstreik die Demokratie, die von Berlin nach Stuttgart geflüchtete rechtmäßige Regierung kehrt am 20. März 1920 in die Hauptstadt zurück.

Wie Helmut – damals kurz vor seinem elften Geburtstag stehend – diese turbulenten Wochen und die bald darauf einsetzende, sich schnell zur Hyperinflation steigernde Geldentwertung erlebt, ist nicht überliefert. Auch sonst sind in der Familie nur noch wenige Details aus seinem Leben bekannt. Nach Schulabschluss und Konfirmation wohnt er zunächst weiter in Streekermoor. Arbeit findet er irgendwann in der Ziegelei Knabe in Kirchkimmen. Dadurch trifft er mit diversen Hurrelern zusammen, unter anderem mit Adolf Timmermann und dessen Brüdern Johann und Karl. Gut möglich, dass Helmut über diese Kontakte auch seine künftige, 1911 auf einem Hof im Hurreler Sand (heute: Hans und Heike Burgmann) geborene Ehefrau Anna Witte kennenlernt. Genauso gut kann es allerdings sein, dass Anna nach ihrem Schulabschluss irgendwo in der Nähe von Streekermoor in Stellung geht und beide dort das erste Mal aufeinandertreffen.

Wie auch immer: Helmut und Anna heiraten am 22. November 1934, knapp zwei Jahre nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Danach wohnen beide in Streekermoor – ob im Haushalt von Helmuts Eltern oder irgendwo in der Nachbarschaft zur Miete, lässt sich nur vermuten. Sechs Wochen später kommt im Rahmen einer Hausgeburt Tochter Hanna Wilhelmine zur Welt. Helmut und Annas erstes Kind lebt allerdings lediglich zwölf Tage. Nicht besser meint es das Schicksal mit der dritten, im Mai 1938 geborenen Tochter Edith Gertrud: Sie stirbt nach 18 Tagen. Die im Januar 1936 geborene zweite Tochter Eva wächst so als Einzelkind auf.

Schon kurz vor oder nach Evas Geburt beginnt Helmut am Oldenburger Weg in Hurrel – in direkter Nachbarschaft zu Annas Vater Johann Wilhelm sowie ihren Brüdern Wilhelm und Heinrich – mit dem Bau eines eigenen Hauses (heute: Detmar Drieling). Als Zeitpunkt der Fertigstellung nennt die Hurreler Chronik von Walter Janßen-Holldiek das Jahr 1936. Da die dritte Tochter Edith Gertrud noch in Streekermoor geboren wird, dürfte der tatsächliche Einzug aber wohl erst später erfolgen. Überliefert ist, dass Helmut die benötigten Steine von seinem Arbeitgeber geliefert bekommt und sehr viel in Eigenarbeit verrichtet.

Kaum Herr im eigenen Haus, wenden sich die Dinge für Helmut schon bald zum Schlechten. Der von Adolf Hitler am 1. September 1939 befohlene Überfall auf Polen löst den Zweiten Weltkrieg aus, wie Dutzende andere Hurreler wird er zur Wehrmacht einberufen. An welche Einsatzorte es Helmut dabei in den folgenden fünf Jahren verschlägt, liegt heute im Dunkeln. Lediglich die ungefähren Umstände seines gewaltsamen Todes sind bekannt: Demzufolge wird sein im Mittelmeer kreuzender Truppen-Transporter am 11. Oktober 1944 von feindlichen Fliegern angegriffen. Überlebende, die von dieser Tragödie berichten können, gibt es nicht, Helmuts Leiche wird wie die der meisten anderen Opfer nie gefunden. An ihn und seine auf See gebliebenen Kameraden erinnert ein Gedenkbuch des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge am Marine-Ehrenmahl in Kiel-Laboe.