Heinrich Meyer genannt Schumacher – Biographie

Friedrich Heinrich Meyer genannt Schumacher – Rufname Heinrich – wird am 29. August 1892 als drittes Kind von Hinrich Heinrich Adolf Meyer genannt Schumacher und Christine Katharine Friederike Meyer genannt Schumacher in Hurrel geboren. Er ist der jüngere Bruder von Rudolf Meyer genannt Schumacher und Johann Meyer genannt Schumacher und der ältere Bruder von Herbert Meyer genannt Schumacher, Friedrich Meyer genannt Schumacher und Hermann Diedrich Adolf Meyer genannt Schumacher.

In den Tagen um Heinrichs Geburt steuert in Hamburg die letzte große Cholera-Epidemie auf deutschem Boden ihrem Höhepunkt zu. Begonnen hatte sie Mitte August mit dem Tod zweier Bauarbeiter, die im Stadtteil Kleiner Grasbrook zur Reinigung von Sielausgängen eingesetzt waren und angesichts des heißen Wetters reichlich Elbwasser getrunken hatten. Wasser, in das damals noch immer ungefiltert Spülwasser, Abfälle und Fäkalien fließen und das – ebenfalls ohne Filter – vielen tausenden Haushalten als Trinkwasser dient. Ein schweres Versäumnis der Stadtväter, die sich aus Kostengründen über Jahrzehnte hinweg nicht über geeignete Maßnahmen gegen diesen Missstand einigen konnten.

In den folgenden Wochen erkranken fast 17.000 Menschen, von denen mehr als die Hälfte der Seuche zum Opfer fallen. Die meisten von ihnen leben unter unhaltbaren hygienischen Zuständen im Gängeviertel, über das der im weiteren Verlauf der Epidemie zu Hilfe gerufene Mediziner Robert Koch urteilt: „Ich habe noch nie solche ungesunden Wohnungen, Pesthöhlen und Brutstätten für jeden Ansteckungskeim angetroffen. Ich vergesse, dass ich in Europa bin!“ Damit nicht genug: Weil die Behörden den Ausbruch der Cholera aus Angst vor geschäftlichen Einbußen zunächst zu vertuschen versuchen, gelangt das verantwortliche Bakterium Vibrio cholerae über mehrere Auswandererschiffe bis nach New York. Der Ruf Hamburgs als „Tor zur Welt“ ist über Jahre hinaus ruiniert.

Wie es in der rund 600.000 Einwohner zählenden, mit Auswanderern vollgestopften Elb-Metropole in jenen August- und Septemberwochen zugeht, beschreibt am 30. August der Schriftsteller Detlev von Liliencron in einem Brief an seinen Dichter-Freund Richard Dehmel: „Du hast keinen Begriff, wie hier der schwarze Tod herrscht. Da gehe ich so durch die Straßen bei Tag oder Nacht: Geschrei (der Sterbenden oder Hinterbliebenen), die Sanitätsbeamten alle besoffen, roh; der Kadaver oder noch Lebende (meistens in drei Stunden futsch) wird aus den Häusern herausgerissen, Geheul, weißes Laken, einige Sanitätsbeamte sprengen mit großen Malerquasten, ob auf Tote oder Kranke, große Massen Chlorkalk. Alles stinkt hier von Chlorkalk.“ Erst Mitte Oktober können die Behörden Entwarnung geben, die Epidemie ist eingedämmt.

Anders als Hamburg bleibt die zweite große Auswanderer-Hochburg Bremen von der Katastrophe verschont. Auch in der Gemeinde Hude verzeichnet das Kirchenbuch für die Jahre 1892 und 1893 keine Sterbefälle durch Cholera – wohl aber, wie in den Jahrzehnten davor und auch noch im Jahrzehnt danach, durch die zweite große Volksseuche Tuberkulose. In Heinrichs Familie scheint allerdings niemand davon betroffen, außer ihm erreichen auch alle fünf Brüder das Erwachsenenalter.

Auf welchem Hurreler Hof Heinrich zunächst aufwächst, liegt heute mangels Zeitzeugen-Berichten im Dunkeln: Seine Eltern sind Landarbeiter oder Heuerleute ohne eigenen Grundbesitz. Gut möglich, dass sie zumindest zeitweise auf dem zunächst von Heinrichs Großvater Johann Hinrich Janzen und später von dessen Schwiegersohn Hermann Christian Bischoff bewirtschafteten Hof im Hurreler Sand wohnen, den 1920 Karl Franz kauft und schließlich 1969 Erwin Wiemer. Bei der Geburt von Bruder Friedrich im September 1896 lebt die Familie allerdings bereits in Hude. Eine im Februar 1899 unmittelbar nach der Geburt namenlos verstorbene Schwester und der jüngste Bruder Hermann Diedrich Adolf kommen hingegen in Dingstede zur Welt. Ob Heinrich in Dingstede den größten Teil seiner Schulzeit verbringt oder doch in Hurrel, wo die Familie beim Tod des Vaters im September 1909 wieder gemeldet ist, lässt sich nicht mehr rekonstruieren.

Nach dem Schulabschluss verdient Heinrich seinen Lebensunterhalt als Arbeiter – vermutlich ebenfalls in der Landwirtschaft. Bis zum Sommer 1914, als der Ausbruch des Ersten Weltkriegs ihn wie Millionen andere junge Männer in ganz Europa aus seiner gewohnten Umgebung herausreißt. Als Musketier im Reserve-Infanterie-Regiment 259 rückt er an die Ostfront ab, wo er am 17. Dezember 1915 im Kriegslazarett Abeli in Kurland stirbt. Ob Heinrich anschließend vor Ort seine letzte Ruhestätte findet oder in die Heimat überführt wird, ist nicht bekannt.