Frieda Bernhardine Martens wird am 18. August 1888 als zweites Kind von Carl Busch und Bertha Busch in Lintel geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Emma Schmidt und die ältere Schwester von Adele Asseln, Adolf Busch, Hermine Meyer und Else Kornagel.
Am Tag von Friedas Geburt nimmt in Frankfurt der in nur fünf Jahren Bauzeit errichtete Centralbahnhof seinen Betrieb auf. Noch in der Nacht zuvor sind mehr als tausend Arbeiter damit beschäftigt, bei Fackelschein die letzten Verbindungsgleise zu verlegen. Unter Hurrarufen und mit blumengeschmückter Lokomotive rollt dann pünktlich um 4.47 Uhr der Nachtzug aus Hamburg ein. Besetzt ist er mit zahlreichen im Vorort Bockenheim zugestiegenen Frankfurter Bürgern, die an dieser ersten Einfahrt unbedingt direkt beteiligt sein wollen. Auf ansonsten übliche Festreden und Militärkapellen oder gar herrschaftlichen Besuch aus der Reichshauptstadt Berlin muss das Premieren-Publikum allerdings verzichten – zu frisch ist die Trauer um den Mitte Juni verstorbenen Kaiser Friedrich von Preußen.
Tatsächlich haben die Frankfurter allen Grund, auf ihren neuen, von der Presse als eine der „großartigsten Schöpfungen der Neuzeit“ gefeierten Hauptbahnhof stolz zu sein. Mit 186 Metern Länge, 56 Metern Breite und 29 Metern Höhe ist er der größte Bahnhof Europas – ein Superlativ, der bis zur Eröffnung des Leipziger Hauptbahnhofs im Dezember 1915 Bestand hat. Zudem beeindruckt das Gebäude durch seine gelungene, vom Straßburger Universitätsbaumeister Hermann Eggert in Szene gesetzte Architektur.
Einziger Schönheitsfehler des neuen Verkehrsknotenpunktes: die fehlende Bindung zur Innenstadt. Um den Betrieb der drei Vorgängerbahnhöfe nicht zu gefährden, ließen die Stadtväter den Centralbahnhof weit außerhalb am westlichen Stadtrand errichten, auf dem früheren Galgenfeld. Ein repräsentatives Viertel mit der prunkvollen Kaiserstraße als Bindeglied ist zwar in Planung, wird jedoch erst im Laufe der folgenden Jahre verwirklicht. So kommt es, dass der italienische König Umberto I. im Mai 1889 bei seiner Ankunft in Frankfurt neben der ihm zu Ehren paradierenden Infanterie und Kavallerie nicht viel mehr zu sehen bekommt als Unkraut und Bauschutt. Auch Kaiser Wilhelm II. ergeht es im Dezember desselben Jahres ähnlich. Doch immerhin, so notiert später der Frankfurter Denkmalpfleger Heinz Schomann, gibt sich die nach seinem Großvater benannte Straße „durch ihre Kopfsteine als solche zu erkennen“.
Zu diesem Zeitpunkt haben Friedas Eltern 350 Kilometer weiter nördlich in Lintel sehr wahrscheinlich bereits die Entscheidung getroffen, den Geburtsort ihres Vaters zu verlassen. Die Gelegenheit dazu ergibt sich noch im Laufe des Jahres 1890, als Carl Busch im Nachbardorf Hurrel von Mathilde und Hinrich Wachtendorf einen mitten im Ort gelegenen Bauernhof mit angeschlossener Bäckerei kauft (heute: Hajo und Dagmar Mehrings). Dort wächst Frieda mit ihrer älteren Schwester und den im Dezember 1890 beziehungsweise im September 1893 geborenen Geschwistern Adele und Adolf auf. Als im Mai 1902 die dritte Schwester Hermine hinzukommt, ist Frieda bereits 13 Jahre alt, ihre jüngste Schwester Else kommt eine Woche vor Friedas 16. Geburtstag zur Welt.
Als Tochter eines expandierenden Gastwirts, Laden- und Bäckerei-Besitzers sowie Nebenerwerbs-Landwirts wird Frieda sicher früh an die Mitarbeit im elterlichen Betrieb herangeführt, ohne dass dabei heutige Anforderungen an das Thema Jugendschutz eine sonderliche Rolle spielen. Auf der anderen Seite genießt Frieda aber ebenso wie ihre Geschwister in gewisser Weise eine privilegierte Kindheit: Die Eltern bauen in Hurrel schnell einen gewissen Status auf, besitzen das erste Telefon und auch das erste Fahrrad im Dorf. Vater Carl setzt zudem durch, dass Hurrel 1897 vis-a-vis zum Gasthof „Zur fröhlichen Einkehr“ eine eigene Schule erhält. Ob Frieda es dadurch beim ersten Hurreler Schulleiter Georg Schelling leichter hat als andere, ist allerdings reine Spekulation – ebenso, mit wem sie als Schulmädchen ihre karge Freizeit verbringt. Vielleicht mit der zwei Monate jüngeren Nachbarstochter Gesine Rüdebusch, deren Mutter Anna ihrer Schwester Adele in Ermangelung einer ausgebildeten Hebamme auf die Welt geholfen hat?
Ob Frieda nach ihrem Schulabschluss wie die ältere Schwester Emma eine Ausbildung als Köchin absolviert oder irgendwo als Dienstmädchen in einem Haushalt in Stellung geht, ist nicht überliefert. Kurz nach ihrem 23. Geburtstag heiratet sie am 8. September 1911 Christian Friedrich Stalling aus Kirchhatten, der sich zwei Jahre zuvor mit einem Textil- und Bekleidungsgeschäft in seinem Heimatort selbstständig gemacht hat. Hierbei unterstützt Frieda ihn nach Kräften und kümmert sich darüber hinaus um die im Juli 1912 geborene Tochter Elfriede und den im Juli 1913 hinzugekommenen Sohn Robert.
Der im August 1914 ausbrechende Erste Weltkrieg reißt auch diese Familie auseinander. Christian Friedrich Stalling wird an die Ostfront abkommandiert, wo er am 20. Juni 1916 im rund 150 Kilometer südwestlich der weißrussischen Hauptstadt Minsk gelegenen Dorf Siniawka den Kämpfen mit der Armee des russischen Zaren Nikolaus II. zum Opfer fällt. Ob er seine drei Monate zuvor geborene Tochter Thea noch einmal zu Gesicht bekommen hat, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren.
Für Frieda sind die folgenden Jahre eine harte Zeit – die sie aber letztlich meistert. Sie hält das Geschäft trotz der immer mehr aus dem Ruder laufenden Hyperinflation am Leben und heiratet am 23. März 1923 den ebenfalls aus Kirchhatten stammenden Kaufmann Heinrich Georg Martens. Künftig kaufen die Hatter ihre Bekleidung nicht mehr bei „Manufactur, Mode & Aussteuer Stalling“, sondern bei „H.G. Martens“. Nach dem frühen Tod ihres zweiten Ehemannes im Jahr 1939 ist Frieda allerdings ein weiteres Mal gefordert, den Betrieb aufrechtzuerhalten und durch einen verheerenden Weltkrieg zu führen. Unterstützung bekommt sie nach Kriegsende 1945 von ihrem Sohn Robert, der als Teilhaber einsteigt und für einen erneuten Namenswechsel sorgt. Im Februar 1948 wird Frieda durch die Geburt von Roberts Tochter Margret zum ersten und einzigen Mal Großmutter.
Auch im folgenden Jahrzehnt, das mit dem 50-jährigen Firmenjubiläum endet, ist das Modehaus Stalling in der Hatter Geschäftswelt eine feste Größe. Frieda hält sich zu dieser Zeit allerdings bereits weitgehend im Hintergrund und kocht beispielsweise regelmäßig für die Angestellten, die in der dem Betrieb angeschlossenen Familienwohnung gemeinsam die Mittagspause verbringen. Daneben besucht Frieda regelmäßig ihre Schwestern Adele Asseln in Hurrel und Emma Schmidt in Aschhauserfeld. Sie stirbt nach längerer Krankheit am 31. Mai 1961 im Alter von 72 Jahren und wird drei Tage später auf dem Neuen Friedhof in Kirchhatten beigesetzt.