Emma Spreen – Biographie

Emma Luise Spreen wird am 1. Mai 1923 als erstes Kind von Diedrich Harfst und Meta Harfst in Grüppenbühren geboren. Sie ist die ältere Schwester von Heinz Harfst , Herbert Harfst und Hertha Ellinghausen.

Am Tag von Emmas Geburt verhaften französische Truppen den deutschen Industriellen Gustav Krupp von Bohlen und Halbach. Dem Chef des in Essen ansässigen Krupp-Konzerns wird vorgeworfen, während der im Januar begonnenen Ruhrbesetzung Arbeiter aufgewiegelt und so einen blutigen Zwischenfall provoziert zu haben, der am 31. März 13 Tote und mehr als 30 Verletzte gefordert hatte. Ein französisches Militärgericht in Werden verurteilt Krupp von Bohlen und Halbach nur sieben Tage später zu 15 Jahren Gefängnis.

Während auf diplomatischer Bühne der Streit um säumige Reparationen des Deutschen Reiches zur Begleichung der im Ersten Weltkrieg angerichteten Schäden weitergeht, nehmen in den besetzten Gebieten die von deutschen Freikorps-Einheiten durchgeführten Sabotage-Akte zu. Daraufhin verschärft Frankreich die Strafen und verurteilt am 9. Mai den rechtsnationalen Aktivisten Albert Leo Schlageter zum Tode. Ein Urteil, dessen drohende Vollstreckung nach der am 18. Mai zurückgewiesenen Revision in der deutschen Öffentlichkeit für große Aufregung sorgt. Trotz diverser Appelle aus dem Ausland – unter anderem von Schwedens Königin Victoria von Baden – lehnt Frankreichs Ministerpräsident Raymond Poincaré eine Begnadigung ab. Schlageter wird am 26. Mai in einer Sandgrube der Golzheimer Heide bei Düsseldorf durch ein Erschießungskommando hingerichtet, was ihn in der aufgeheizten Stimmung jener Monate streckenweise über alle Parteigrenzen hinweg zum Märtyrer und „Helden des Vaterlandes“ erhebt.

Anders als im Falle Schlageter hat das Militärgerichts-Urteil gegen Gustav Krupp von Bohlen und Halbach keinen Bestand: Als Reichskanzler Gustav Stresemann Ende September 1923 den von seinem Vorgänger Wilhelm Cuno ausgerufenen passiven Widerstand gegen die Ruhrbesetzung abbricht, kommt von Bohlen und Halbach kurz darauf frei. Bis die letzten französischen Soldaten im Rahmen des Dawes-Plans aus Deutschland abziehen, vergehen aber noch einmal mehr als anderthalb Jahre.

Zu diesem Zeitpunkt – also im Herbst 1925 – lebt Emmas im Jahr zuvor geborener Bruder Heinz schon nicht mehr. Über die Todesursache gibt das Kirchenbuch der Gemeinde Hude keine Auskunft. Da die Hochzeit der Eltern im Februar 1923 ebenfalls in Hude registriert ist, dürfte die Familie bereits bei Emmas Geburt ihren Wohnsitz in Nordenholzermoor haben, dem Heimatort des Vaters – und nicht im zu Ganderkesee gehörenden Grüppenbühren, von wo ihre Mutter stammt. Sehr wahrscheinlich ist Emma, aus welchen Gründen auch immer, im Haushalt ihrer Großeltern Friedrich und Anna Oltmanns auf die Welt gekommen.

Die Ehe der Eltern verläuft nicht sonderlich glücklich, schon 1934 kommt es zur Scheidung. Emma und Bruder Herbert bleiben beim Vater und wachsen nach dessen erneuter Heirat mit Clara Cordes in der Obhut ihrer Stiefmutter auf. Diese wiederum bringt ihre Tochter Magda in die neue Ehe mit – im heutigen Sprachgebrauch eine klassische Patchwork-Familie. Womit Emmas Vater – bei seiner ersten Hochzeit im Kirchenbuch mit der Berufsbezeichnung „Arbeiter“ eingetragen – in den Zeiten vor und während der 1929 ausbrechenden Weltwirtschaftskrise seinen Lebensunterhalt verdient, ist heute nicht mehr bekannt. Später findet er eine dauerhafte Beschäftigung als Streckenläufer bei der Bahn. Emma besucht derweil die Volksschule in Nordenholz, die sie aller Wahrscheinlichkeit nach im Frühjahr 1938 zeitgleich mit ihrer Konfirmation abschließt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Weimarer Republik, in die sie hineingeboren wurde, bereits seit mehr als fünf Jahren Geschichte. Das Gleiche gilt seit wenigen Wochen auch für Österreich, das durch den Mitte März 1938 vollzogenen Anschluss an Deutschland Teil des von den Nationalsozialisten angestrebten Großdeutschen Reiches wird.

Die folgenden Jahre in Emmas Leben liegen heute weitgehend im Dunkeln. Sie dürften aber wie bei den meisten ihrer Nachbarn und Millionen anderer Menschen vom Grauen des Zweiten Weltkriegs bestimmt sein. Als die Wehrmacht im Mai 1945 kapituliert, ist Emma seit mehreren Monaten schwanger – und bleibt offenbar bis zur Geburt von Tochter Anneliese im August ohne jede Nachricht vom werdenden Vater. Über seine Identität und sein erlittenes Schicksal ist heute in der Familie nichts mehr bekannt.

Für einige Monate kommt Emma mit Anneliese bei Vater Diedrich und Stiefmutter Clara unter, doch dies scheint in der allgemeinen Nachkriegs-Not keine Lösung auf Dauer zu sein. Nächste Station ist der Hof von Elli und Karl Gerken in Hiddigwardermoor. Die Schwester von Diedrich Harfst und ihr Ehemann haben im Krieg beide Söhne verloren und nehmen ihre Nichte und deren Tochter mit offenen Armen auf. Am Ende kommen Elli und Karl mit Emma überein, Anneliese zu adoptieren, so dass Emma – möglicherweise auf Vermittlung ihrer Mutter – in einem Haushalt in Grüppenbühren in Stellung gehen kann.

Wo und bei welcher Gelegenheit Emma ihren künftigen Ehemann Heino Spreen aus Hurrel kennenlernt, lässt sich heute mangels Zeitzeugen nicht mehr rekonstruieren. Beide heiraten am 12. Mai 1950 in Hude, und Emma zieht auf den von Heinos Eltern Friedrich und Mathilde bewirtschafteten Hof an der Pirschstraße. Kurz überlegt sie, Anneliese mitzunehmen – verwirft den Gedanken aber schweren Herzens wieder, denn diese scheint sich in Hiddigwardermoor sehr wohl zu fühlen. Gleichwohl besucht Anneliese in den folgenden Jahren häufig den Spreen-Hof und wird trotz des Altersunterschieds zu einer gern gesehenen Spielgefährtin von Emmas und Heinos im Februar 1953 geborener Tochter Hilda.

Als mit der Geburt von Sohn Wilfried im April 1957 ein weiteres Kind hinzukommt, zeichnet sich noch nicht ab, dass Emmas Leben kaum zehn Monate später mit nur 34 Jahren zu Ende gehen wird. Leukämie lautet die niederschmetternde Diagnose, als sie am 4. Februar 1958 mit typischen Symptomen wie Fieber und Müdigkeit, Gewichts- und Appetitverlust in Oldenburg ins Krankenhaus eingeliefert wird. Dort stirbt sie nur acht Tage später. Beerdigt ist Emma am 15. Februar 1958 auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.