Christine Heinemann – Biographie

Christine Heinemann wird am 27. Februar 1840 als zweites Kind von Dierk Vosteen und Margarete Vosteen auf dem elterlichen Hof in Steinkimmen (heute: Ingo Vosteen) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Diedrich Vosteen und die ältere Schwester von Anna Catharine Vosteen. Darüber hinaus hat sie mit Egbert Hinrich Vosteen, Gesine Vosteen und Hermann Vosteen noch drei ältere Halbgeschwister aus zwei früheren Ehen ihres Vaters.

Ab Februar 1840 – das genaue Startdatum ist nicht bekannt – gibt der in Oldendorf bei Stade geborene Schriftsteller und Verleger Wilhelm Schröder in Hannover die zunächst viermal pro Woche erscheinende Zeitung „Hannoversches Volksblatt“ heraus. In der Ausgabe 51 vom 26. April 1840 veröffentlicht er dort die von ihm aufbereitete plattdeutsche FabelDe Has un de Swinegel“. Darin geht es um das Wettrennen eines überheblichen Hasen mit einem bauernschlauen Igel, das letzterer mit Hilfe seiner ihm bis auf den letzten Stachel gleichenden Frau stets aufs Neue gewinnt – solange, bis der Hase vor Erschöpfung tot zusammenbricht.

Dadurch, dass die Geschichte vom Hasen und dem Igel in den nächsten Jahren sowohl von den Brüdern Grimm als auch von Ludwig Bechstein in ihre jeweilige Märchensammlung aufgenommen wird, gehört sie schon bald zu den populärsten Erzählungen ihrer Zeit. Sehr wahrscheinlich wird auch Christine irgendwann in ihrer Kinder- und Jugendzeit damit in Berührung kommen – anders als mit dem Tod, der am Ende der Fabel steht. Das sieht bei Vater Dierk Vosteen im Jahrzehnt vor Christines Geburt noch ganz anders aus: Im September 1832 stirbt seine erste Ehefrau Gesche Margarete Grashorn, im Mai 1833 die vierjährige Tochter Gesine und im August 1835 folgt die zweite Ehefrau Anna Adelheid Vosteen dem zwei Monate zuvor als Säugling verstorbenen gemeinsamen Sohn Hermann. Erst nach der Hochzeit mit Christines aus Grüppenbühren stammender Mutter im November 1837 bleibt er von weiteren familiären Schicksalsschlägen verschont.

Da ihre jüngere Schwester erst 1853 geboren wird, wächst Christine zunächst mit ihrem anderthalb Jahre älteren Bruder und dem bereits 1825 geborenen Halbbruder Egbert Hinrich auf. Vermutlich ab Frühjahr 1846 besucht sie die gemeinsam mit dem Nachbardorf Kirchkimmen betriebene Volksschule, die sich damals auf dem Hof von Hermann Diedrich Oetken (heute: Wilfried Blankemeyer) befindet – allerdings bis 1853 noch nicht am heutigen Standort an der Kirchkimmer Straße, sondern mitten in Kirchkimmen.

Wie es Mitte des 19. Jahrhunderts in der Volksschule Kirchkimmen unter Lehrer Hermann Diedrich Oetken zugeht, beschreibt Walter Janßen-Holldiek in seiner Dorf-Chronik „Die Bauerschaft Kirchkimmen und ihre alten Höfe“, gestützt auf einen Bericht des ehemaligen Dorfbewohners Johann Blankemeyer: „Der Unterricht war sehr streng. Da der Lehrer hauptsächlich von der Landwirtschaft lebte, musste er oft während der Schulzeit zwischendurch seine Wirtschaft versorgen, Kühe füttern und so weiter. Während der Zeit arbeiteten die Kinder alleine, aber nicht ohne Aufsicht, denn beide Schultüren waren mit runden Bullaugen versehen, vor denen durchsichtige Vorhänge waren, so dass die Kinder nie wissen konnten, ob das Auge des Lehrers über sie wachte oder nicht.“

Nach Schulabschluss und Konfirmation geht Christine vermutlich irgendwo in Hurrel in Stellung und lernt dort ihren späteren Ehemann Johann Hinrich Heinemann kennen. Vielleicht arbeitet sie sogar direkt auf dem Heinemann-Hof (heute: Ursula Schlake), dessen damalige Besitzerin Lücke Wübbenhorst ihren 1830 in Neuenwege geborenen Neffen Johann Hinrich 1852 mangels eigener Kinder zum Haupterben eingesetzt hat. Denn der den Recherchen von Walter Janßen-Holldiek zufolge älteste Hof Hurrels gehört mit einer bewirtschafteten Fläche von rund 70 Hektar zu den größten Betrieben des Dorfes und benötigt dementsprechend viele helfende Hände.

Ungewöhnlich ist in jedem Fall der Zeitpunkt der Hochzeit: Als Johann Hinrich und Christine im Juni 1857 vor dem Traualtar stehen, ist die Braut gerade einmal 17 Jahre alt. Sie benötigt also in jedem Fall die Zustimmung ihrer Eltern – die diese angesichts der über jeden Zweifel erhabenen wirtschaftlichen Verhältnisse ihres angehenden Schwiegersohnes aber sicher gerne geben.

Eine bereits bestehende Schwangerschaft – sofern sie nicht kurz nach der Trauung als Fehlgeburt endet – scheidet als Hochzeitsgrund aus: Der erste Sohn Johann kommt erst im Juli 1861 zur Welt. Mit Meta Gesine (Januar 1864), Mathilde Gesine (März 1866), Diedrich (August 1868), Magdalene (Dezember 1870), Gerhard Friedrich (März 1873), Frieda (Juli 1876) und Johanne folgen bis Dezember 1878 sieben weitere Kinder. Von den Letztgenannten erreichen allerdings nur fünf das Erwachsenenalter: Mathilde Gesine erliegt im November 1867 der im Kirchenbuch der Gemeinde Hude zu jener Zeit häufig als „Brustkrankheit“ bezeichneten Volksseuche Tuberkulose, Meta Gesine stirbt im Mai 1873 an Scharlach.

Nach dem Tod von Lücke Wübbenhorst im März 1872 übernehmen Johann Hinrich und Christine den Hof auch formell. Noch bevor Johann Hinrich zehn Jahre später an Magenkrebs stirbt, setzen beide ihren jüngsten Sohn als Hoferben ein. Doch aus diesem Plan wird nichts: Gerhard Friedrich Heinemann leidet an einer im Kirchenarchiv nicht näher bezeichneten Herzkrankheit und wird nur 18 Jahre alt. Im Juli 1891 bestimmt Christine daraufhin ihren nächstjüngeren Sohn Diedrich zum Erben.

Ob Christine nach Hermann Diedrichs Hochzeit mit Anna Sosath im Juni 1899 weiter auf dem Heinemann-Hof wohnen bleibt und dort die Geburt ihrer Enkel Friedrich (Mai 1900), Johann (Mai 1900), Friedrich August (September 1901), Louise Christine (Oktober 1902), Diedrich Georg (September 1904) und Henny (August 1906) miterlebt, lässt sich heute nicht mehr mit Gewissheit sagen, es ist allerdings anzunehmen. In jedem Fall verliert sie noch vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs zwei weitere ihrer fünf verbliebenen Kinder: Hoferbe Diedrich stirbt im Januar 1908 wie sein jüngerer Bruder Gerhard Friedrich an schwachem Herzen, Magdalene – mit Christines direktem Nachbarn Heinrich Sparke verheiratet – im April 1910 wie zuvor Mathilde Gesine an Tuberkulose.

Als Diedrichs Witwe Anna den Heinemann-Hof 1913 verpachtet, siedelt Christine zu ihrer in Neuenwege mit Hermann Gerhard Looschen verheirateten Tochter Frieda über. Dort stirbt sie am 25. Februar 1917 – zwei Tage vor ihrem 77. Geburtstag – und wird wenige Tage später auf dem Friedhof der St.-Dionysius-Kirche in Holle begraben.