Bertha Adeline Wiedau wird am 25. September 1905 als siebtes Kind von Bernhard Wiedau und Catharine Wiedau auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Heinz und Alke Brinkmann) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Adele Brinkmann, Georg Hinrich Wiedau, Johanne Grummer, Martha Mahlstedt und Clara Neuhaus. Das in dieser Auflistung fehlende sechste Geschwisterkind ist ein totgeborener Junge, den ihre Mutter im Februar 1903 zur Welt bringt.
Auch wenn sich diese Vermutung kaum handfest belegen lässt: Als sie von der erneuten Schwangerschaft erfahren, werden sich Berthas Eltern einen Jungen gewünscht haben. Nach vier gesunden Mädchen, einem als Säugling verstorbenen und einem totgeborenen Sohn ist das selbst aus heutiger Sicht ein mehr als verständlicher Wunsch. Um wie viel mehr muss dies zu den Zeiten von Kaiser Wilhelm II. gelten, in denen Frauen weder wählen noch einer selbstbestimmten Arbeit nachgehen dürfen und in denen sich Hochschulprofessoren weibliche Gasthörer mit dem Schild „Hunde und Damen nicht erwünscht!“ vom Leib zu halten versuchen.
An elterlicher Fürsorge dürfte es Bertha dennoch nicht fehlen – und ihren älteren Schwestern dürfte es herzlich egal sein, ob sie um einen weiblichen oder einen männlichen Säugling herumscharwenzeln. Dass auch Frauen ein Höchstmaß an gesellschaftlicher Anerkennung erringen können, zeigt sich überdies nur wenige Monate nach Berthas Geburt: Für ihren pazifistischen Roman „Die Waffen nieder“ erhält die österreichische Schriftstellerin Bertha von Suttner am 10. Dezember 1905 in Oslo den Friedensnobelpreis verliehen.
Vom Frieden, den sich die berühmte Namensschwester so sehnlich erhofft, entfernt sich die Welt im Laufe von Berthas kurzem Leben jedoch mehr und mehr. Zwar beendet der wenige Wochen vor ihrer Geburt geschlossene Vertrag von Portsmouth den Russisch-Japanischen Krieg und die Konferenz von Algeciras entschärft Anfang 1906 die seit 1904 schwelende Marokko-Krise. Letztere findet jedoch schon 1911 eine Fortsetzung und führt beinahe zum Krieg zwischen den europäischen Großmächten. Diesen auszulösen, bleibt letztlich drei Jahre später dem Attentat von Sarajevo vorbehalten.
Weder die zweite Marokko-Krise noch den Beginn des Ersten Weltkriegs im August 1914 erlebt Bertha noch mit: Sie stirbt bereits am 29. August 1906, ohne dass das Huder Kirchenbuch eine Todesursache nennt. Beerdigt ist sie wenige Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.