Bertha Busch – Biographie

Bertha Gesine Busch wird am 12. November 1865 als neuntes Kind von Bernhard Hemmelskamp und Tabetha Hemmelskamp auf dem elterlichen Hof in Vielstedt (heute: Elga Hemmelskamp) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Anna Margarete Kückens, Eberhard Hemmelskamp, Heinrich Hemmelskamp, Anna Catherine Hemmelskamp, Bernhard Hinrich Hemmelskamp, Carl Diedrich Hemmelskamp und Johann Hinrich Hemmelskamp und die ältere Schwester von Meta Gesine Hemmelskamp. Ein namenlos gebliebener Bruder stirbt im Oktober 1852 noch am Tag seiner Geburt. Darüber hinaus hat Bertha mit Anna Gesine Würdemann noch eine um 20 Jahre ältere Halbschwester aus der ersten Ehe ihrer Mutter mit Hinrich Würdemann, die aber 1865 den elterlichen Haushalt vermutlich längst verlassen hat.

Sechs Tage nach Berthas Geburt geht in Berlin die erste Linie der „Pneumatischen Depeschenbeförderung“ in Betrieb, ein Vorläufer der städtischen Rohrpost. Sie führt vom damaligen Haupttelegrafenamt in der Französischen Straße zur Berliner Börse in der Burgstraße und dient dazu, schnellstmöglich die neuesten Informationen über das Auf und Ab der Kurse zu verbreiten. Abgeschaut haben sich die Stadtväter dieses von der Firma Siemens & Halske installierte System von einer vergleichbaren Einrichtung in London, die seit 1853 existiert. Weil die dafür im Berliner Untergrund verlegten Rohre nur knapp unter der Erdoberfläche liegen, behindert in den ersten Jahren allerdings im Winter immer wieder gefrierendes Kondenswasser den reibungslosen Transport der mit Druckluft angetriebenen Metallbüchsen.

Nach Ende des Deutsch-Französischen Krieges und Gründung des Deutschen Reiches Anfang 1871 setzt in Berlin eine rege Bautätigkeit ein. Die Reichshauptstadt wächst, ihre Kanalisation wird ausgebaut. In dieser Phase beschließt die Reichspost, die 1868 durch zwei weitere Linien erweiterte Depeschenbeförderung neu zu organisieren. Parallel zu neu verlegten Wasser- und Gasleitungen entsteht tief unter der Erdoberfläche ein weiteres, knapp 26 Kilometer langes Rohrsystem, das die einzelnen Postämter der Stadt verbindet und das der damalige Generalpostdirektor Heinrich von Stephan schließlich „Rohrpost“ tauft. Dort verschickte Briefsendungen erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 50 Stundenkilometern und werden anschließend von Eilboten weiter zu ihrem jeweiligen Empfänger transportiert. Am 1. Dezember 1876 nimmt dieser neue Postdienst den öffentlichen Betrieb auf und setzt sich bald auch in anderen europäischen Großstädten wie Wien, Paris oder Prag durch.

Zu diesem Zeitpunkt besucht Bertha bereits seit mehreren Jahren die von ihrem Elternhaus knapp zwei Kilometer entfernt liegende Volksschule in Vielstedt. Darüber hinausgehende Informationen über ihre Kinder- und Jugendjahre sind heute nicht mehr bekannt – außer der Tatsache, dass sie ihre deutlich älteren Brüder Eberhard (geboren im Mai 1851) und Heinrich (Oktober 1853) nie kennenlernt: Beide sind bereits als Säugling verstorben.

Während Berthas 1863 geborener Bruder Johann Hinrich den elterlichen Hof am Sandfang übernimmt, geht sie selbst nach Abschluss der Volksschule irgendwo in der näheren Umgebung in Stellung und lernt bei dieser Gelegenheit vermutlich ihren späteren Ehemann Carl Busch aus Lintel kennen. Dessen Familie betreibt im Nachbardorf neben einem kleinen Bauernhof die Gastwirtschaft „Zur Eiche“ (heute: Klaus Rodiek). Bertha und Carl heiraten am 4. Juni 1886. Elf Monate später, am 8. Mai 1887, wird in Lintel die erste Tochter Emma geboren, am 18. August 1888 folgt die zweite Tochter Frieda.

Weil Carl als ältester Sohn in Lintel weder Hof noch Gastwirtschaft erbt, sieht er sich notgedrungen nach einer anderen Existenzgrundlage um. Als im benachbarten Hurrel 1990 ein zuvor von Mathilde und Hinrich Wachtendorf betriebener Hof mit angeschlossener Bäckerei (heute: Hajo und Dagmar Mehrings) zum Verkauf steht, greift er zu.

Wann genau Bertha das bis dahin angesammelte gemeinsame Hab und Gut auf einem Pferdewagen verstaut und mit Carl und den beiden Kindern nach Hurrel übersiedelt, ist nicht überliefert – sehr wahrscheinlich ist sie zu diesem Zeitpunkt aber bereits erneut schwanger. Am 28. Dezember 1890 setzen im neuen Heim die Wehen ein. Weil an jenem Sonntag bei eisigen Temperaturen von zeitweise minus 12 Grad Celsius keine Hebamme verfügbar ist, hilft Erzählungen von Nachbarin Frieda Barkemeyer zufolge deren Mutter Anna Rüdebusch – selbst Mutter von zehn Kindern – der kleinen Adele auf die Welt.

Die folgenden Jahre im Hause Busch sind von steter Expansion geprägt: Carl beginnt 1891 mit dem Anbau eines Festsaals, so dass sich in seinem Gasthof „Zur fröhlichen Einkehr“ fortan regelmäßig Hochzeits- und andere Feiergesellschaften einfinden. Es gibt eine Freiluftkegelbahn, einen Lieferservice für Brot und Kuchen, einen vom 1899 gegründeten Schützenverein Hurrel betriebenen Schießstand und ab 1902 auch einen Handel mit Fensterglas, Farben und Malerzubehör.

Bertha ist neben der täglichen Hofarbeit und der Kindererziehung in all diese Aktivitäten ihres Mannes ganz selbstverständlich involviert – ein trotz der Hilfe durch Angestellte und Lehrlinge enormes Arbeitspensum, das sich heute vermutlich kaum noch jemand vorzustellen vermag. Zumal die Familie weiter wächst: Im August 1893 wird Sohn Adolf geboren, im Mai 1902 Tochter Hermine und im August 1904 Tochter Else.

Für Bertha sind die beiden späten Schwangerschaften eine nicht unbedingt herbeigesehnte zusätzliche Belastung. Wofür Carl aber offenkundig wenig Verständnis aufbringt, denn sein einziger, von Urenkel Edmund Schmidt später aus Erzählungen seiner Großmutter Emma Schmidt aufgeschnappter Kommentar auf Berthas entsprechende Klage hin lautet: „Woso? Hebt wi dor denn nich wat to äten för?“

Letztlich gehen knapp 30 Jahre unermüdliche Leistung am Limit oder darüber hinaus aber offenbar bei Carl früher an die Substanz als bei Bertha. Als 1918 der Erste Weltkrieg endet, kränkelt er bereits seit einiger Zeit; nach der Hochzeit von Tochter Adele mit Reinhard Asseln im Januar 1920 zieht er sich deshalb mehr und mehr aus dem Geschäft zurück. Er stirbt im September 1923 an einem Magenleiden.

Bertha lebt nach diesem Schicksalsschlag weiter im Haushalt von Adele und Reinhard und kümmert sich unter anderem um deren im April 1920 geborene Tochter Ilse, Berthas sechstes und letztes Enkelkind. Sie stirbt am 3. April 1927 im Alter von 61 Jahren an einer Lungenentzündung und findet wenige Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude ihre letzte Ruhestätte.