Anna Gesine Bischoff – Biographie

Anna Gesine Bischoff wird am 18. Februar 1906 als neuntes oder zehntes Kind von Hermann Christian Bischoff und Johanne Gesine Bischoff auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Rita Wiemer) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Gesine Marie Pöpken, Heinrich Johann Bischoff, Johann Gerhard Bischoff, Helene Christine Johanne Bischoff, Hermann Johann Bischoff, Johanne Gesine Helene Bischoff, Hermine Gesine Bischoff und Henny Gesine Katharine Bischoff und die ältere Schwester von Anna Gesine Johanne Bischoff. Darüber hinaus hat sie noch eine unmittelbar nach der Geburt verstorbene und deshalb namenlos gebliebene Zwillingsschwester.

In den Wochen um Anna Gesines Geburt laufen in Berlin die Vorbereitungen für gleich zwei gesellschaftliche Großereignisse auf Hochtouren: Am 27. Februar feiern Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Viktoria Silberhochzeit, am selben Tag heiratet ihr zweitältester Sohn Eitel Friedrich Herzogin Sophie Charlotte von Oldenburg. Beide Ereignisse werden im Deutschen Reich ganz überwiegend begeistert aufgenommen – besonders natürlich im Großherzogtum Oldenburg, der Heimat der jungen Braut. In den Tagen vor der Trauung kennen die in der Residenzstadt Oldenburg erscheinenden „Nachrichten für Stadt und Land“ kaum ein anderes Thema.

Sophie Charlotte ist die älteste Tochter von Großherzog Friedrich August. Wie im europäischen Hochadel fast schon die Regel, hat das Brautpaar gemeinsame Vorfahren: Eitel Friedrichs Ur-Urgroßvater Friedrich Wilhelm III. war als König von Preußen auch Sophie Charlottes Ur-Urgroßvater, mütterlicherseits bestehen über die Linien Schleswig-Holstein-Gottorf und Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg ebenfalls Verbindungen ins Oldenburger Fürstenhaus. Kennengelernt haben sich die künftigen Eheleute im Juni 1905 auf der Hochzeit von Kronprinz Wilhelm mit Cecilie von Mecklenburg-Schwerin.

Zu einem ganz besonderen Tag für Oldenburg gerät die feierliche Verabschiedung der Braut am 24. Februar 1906, schreibt die Regional-Historikerin Margarethe Pauly 100 Jahre später in einem Beitrag für die Zeitschrift „Kulturland Oldenburg“: „Zu diesem Anlass veranstaltete die Stadt für sie einen Fackelzug mit Musikkapelle, an dem natürlich an der Spitze der Magistrat und Stadtrat teilnahmen und unzählige Vereine aus Stadt und Land, zwei sogar aus Bremen: Gesangs-, Turn-, Kutscher-, Radfahrer-, Arbeiterbildungs-, Schützen-, Kampfgenossen-, Krieger-, Marine-, Katholische Bürger- und Gesellenvereine, Handwerker-Innungen sowie die Feuerwehr, Infanterie und Artillerie mit Musik. Die Häuser am Damm waren hübsch illuminiert, und an den verschiedenen Stellen wurden bunte Feuer abgebrannt; alle Fenster waren dicht besetzt. In dem der Hauptwache gegenüber liegenden großen offenen Bogenfenster des ersten Stockes stand die Herzogin, hinter ihr der Großherzog, die Frau Großherzogin, Erbgroßherzog Nikolaus und Herzog Georg. Ihnen zu Füßen marschierte der ganze Zug auf, und der ganze Schlossplatz war ein Feuermeer, und die ganze Umgebung taghell erleuchtet.“

Nach einer kurzen Ansprache des Großherzogs und „brausenden Hochrufen“ formiert sich der Zug Petry zufolge wieder und zieht über den Inneren Damm und die Lange Straße zum Pferdemarkt, wo die Teilnehmer ihre Fackeln zusammenwerfen. Anschließend ziehen viele von ihnen noch einmal am Schloss vorbei und singen „Heil dir, o Oldenburg“, woraufhin Sophie Charlotte wieder am Fenster erscheint und den Sängern freundlich zuwinkt.

Am 26. Februar trifft Sophie Charlotte in Begleitung ihres Vaters und ihrer Stiefmutter mit einem Sonderzug auf dem Lehrter Bahnhof in Berlin ein. Dort wird sie von Abgesandten des Kaisers empfangen und zum Schloss Bellevue geleitet. Am Nachmittag geht es dann abermals an jubelnden Menschenmengen vorbei im Kutschen-Konvoi durch das Brandenburger Tor zum Königlichen Schloss, wo am nächsten Tag sowohl die standesamtliche als auch die kirchliche Trauung stattfinden. Nach der von Oberhofprediger Ernst Dryander in der Schlosskapelle vollzogenen Vermählung und dem anschließenden Bankett im Rittersaal bildet ein Fackeltanz den offiziellen Abschluss der Feierlichkeiten. Die anschließenden Flitterwochen verbringen Eitel Friedrich und Sophie Charlotte auf Schloss Hubertusstock in der Schorfheide.

Wie ausgiebig die Hurreler die Vermählung ihrer Herzogin feiern und ob vielleicht sogar je eine Abordnung des Schützenvereins Hurrel und des Radfahrvereins „Wanderlust“ an der Verabschiedung in Oldenburg teilnimmt, lässt sich angesichts fehlender Aufzeichnungen oder Augenzeugen-Berichte nur vermuten. Freuen dürfen sich in jedem Fall die Kinder, denn wie überall im Großherzogtum Oldenburg und auch in Preußen bleibt die Dorfschule am 27. Februar 1906 geschlossen.

Im Hurreler Sand bei Familie Bischoff ist die Stimmung an jenem Faschingsdienstag dagegen wahrscheinlich eher gedrückt: Nicht nur, weil es mit Anna Gesines Zwillingsschwester ein totes Kind zu beklagen gibt, sondern auch, weil Mutter Johanne Gesine und ihre überlebende Tochter nach den Strapazen der Niederkunft mit Sicherheit noch geschwächt sind. Während erstere sich trotz ihrer 41 Jahre und acht vorangegangenen Geburten nach und nach erholt, überlebt Anna Gesine ihre namenlos gebliebene Zwillingsschwester am Ende nur um sechs Wochen: Sie stirbt am 30. März 1906 und wird drei Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.