Anna Catharina Schwarting – Biographie

Anna Catharina Schwarting wird am 6. Juni 1832 als einziges Kind von Johann Hinrich Schweers und Anna Schweers auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Gerold und Annegret Sparke) geboren. Mit Gesche Margarete Schweers und Gerhard Schweers hat sie noch zwei ältere Halbgeschwister aus früheren Ehen ihres Vaters.

Sechs Tage vor Anna Catharinas Geburt stirbt in Paris der aufstrebende französische Mathematiker Évariste Galois an den Verletzungen, die er bei einem Pistolen-Duell erlitten hat. Anlass war laut Überlieferung der Streit um ein Mädchen – woran allerdings im Umfeld des erst 20 Jahre alten Opfers zunächst Zweifel bestehen. Denn Galois gehört zu jenen republikanisch gesinnten Franzosen, die aus ihrer Enttäuschung über die Juli-Revolution von 1830 keinen Hehl machen und öffentlich die Absetzung von König Louis-Philippe I. fordern. Als bewaffneter Teilnehmer einer gegen den Bourbonen-Herrscher gerichteten Demonstration war er im Juli 1831 festgenommen und erst Ende April 1832 wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

An der Beerdigung von Galois am 2. Juni 1832 nehmen rund 3.000 Regime-Kritiker teil. Dabei kommt es zu Unmutsbekundungen und handgreiflichen Auseinandersetzungen. Drei Tage später, auf der von 200.000 Menschen begleiteten Trauerfeier für den ebenfalls zum Republikaner-Lager gehörenden und an Cholera verstorbenen General Jean Maximilien Lamarque, gerät die Situation dann vollends außer Kontrolle: Statt den Sarg wie geplant in Lamarques Heimatort südlich von Bordeaux überführen zu lassen, will eine Gruppe militanter Teilnehmer eine Bestattung in der Ruhmeshalle Panthéon erzwingen. Der Protest mündet schließlich in einen offenen Aufstand, der bis zum Abend des 6. Juni 1832 mehrere hundert Todesopfer fordert.

Auch im Deutschen Bund gärt es in den Tagen und Wochen um Anna Catharinas Geburt. So versammeln sich vom 27. Mai bis zum 1. Juni 1832 auf dem Hambacher Schlossberg in der Rheinpfalz 30.000 Menschen, um für ein geeintes Deutschland und politische Grundrechte zu demonstrieren. Obwohl es bei dieser später als Hambacher Fest zu Ruhm gelangten Zusammenkunft anders als in Paris friedlich bleibt, lässt Bayerns König Ludwig I. die Initiatoren und Redner rigoros verfolgen und vor Gericht stellen. Zwar werden sie dort im Juni 1833 allesamt vom Vorwurf der „versuchten Aufreizung zum Umsturz der Staatsregierung“ freigesprochen. Die Haupt-Akteure Johann Georg August Wirth und Philipp Jakob Siebenpfeiffer werden in späteren Verfahren allerdings wegen Behörden- beziehungsweise Beamtenbeleidigung verurteilt und müssen in Haft – aus der Siebenpfeiffer im November 1833 über das Elsass in die Schweiz fliehen kann.

Ein Klima der staatlichen Einschüchterung und Gängelung also, in das Anna Catharina hineingeboren wird. Auch im Großherzogtum Oldenburg, zu dem ihr Heimatort Hurrel gehört. Dort regiert Großherzog August I. inzwischen wesentlich autoritärer als noch sein 1829 verstorbener Vater Peter Friedrich Ludwig. Inwieweit dies das dörfliche Leben nachhaltig negativ beeinflusst, darüber lässt sich knapp 200 Jahre später jedoch nur spekulieren. In Anna Catharinas Familie zumindest dürften in den 1830er Jahren ganz andere Dinge im Vordergrund stehen. Allen voran die Tatsache, dass sie selbst bereits als Halbwaise zur Welt kommt: Vater Johann Hinrich ist am 10. März 1832 im Alter von 58 Jahren verstorben. Mutter Anna ist zu diesem Zeitpunkt erst 19 Jahre alt. Die 1807 geborene Halbschwester Gesche Margarete wiederum lebt schon seit 1824 nicht mehr.

Der 1832 zur Vollwaise gewordene Halbbruder Gerhard ist bei Anna Catharinas Geburt drei Jahre alt. Mit zwei kleinen Kindern den rund 80 Hektar großen Schweers-Hof allein weiterzuführen, ist für Mutter Anna verständlicherweise keine Option. Schon im März 1833 heiratet sie deshalb den zwölf Jahre älteren Hermann Meyer aus Vielstedt. Eine Ehe, aus der in den folgenden Jahren für Anna Catharina keine neuen Geschwisterkinder mehr hervorgehen. Indes, Einfluss auf die Erbfolge hätte dies nicht gehabt: Als einzigem männlichen Nachfahren von Johann Hinrich Schweers gebührt Bruder Gerhard später das alleinige Zugriffsrecht auf den Hof.

Anna Catharina und Gerhard besuchen derweil die gemeinsam mit dem Nachbardorf betriebene Volksschule in Lintel, wo aus Hurrel unter anderem Gerhard Heinrich Harfst, Beta Haverkamp, Heinrich Pralle, Hinrich von Seggern und Tönjes Hinrich Wilkens zu ihren in etwa gleichalten Mitschülern gehören. Nach Schulentlassung und Konfirmation 1847 arbeitet Anna Catharina wahrscheinlich weiter auf dem zunächst noch von Hermann und Anna Meyer geführten Schweers-Hof. Im Revolutions-Jahr 1848 bahnen sich dann auch dort einige Veränderungen an: Hermann Meyer kauft von den Erben von Johann Friedrich Lönnecker einen an der Pirschstraße gelegenen Hof, den der aus Schweden eingewanderte Gastwirt der Poststation Sandersfeld (heute: HS Lifestyle Club) 1817 erworben hatte. Stiefvater und Mutter siedeln daraufhin auf den neuen, heute von Jörg und Monika Wittkopf bewohnten Hof über, während Halbbruder Gerhard – zu diesem Zeitpunkt noch unverheiratet – auf dem Schweers-Hof bleibt und dort die Regie übernimmt.

Ob Anna Catharina die folgenden drei Jahre auf einem der beiden genannten Höfe oder andernorts verbringt, liegt heute im Dunkeln. Am 2. Dezember 1851 heiratet sie Christian Carl Schwarting aus Bergedorf-Ohe und lebt fortan auf dessen, von Hurrel rund zehn Kilometer entferntem Hof. Dort bringt sie im Februar 1853 Sohn Johann Hermann zur Welt, der allerdings bereits Anfang 1854 stirbt. Ein zweiter, möglicherweise zu früh und deshalb tot geborener Sohn bleibt im August 1854 namenlos. Mit Heinrich (August 1955), Georg Wilhelm (November 1857) und Martin Hermann (Dezember 1859) kommen in den folgenden Jahren drei weitere Söhne hinzu, die das bis weit über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus stets kritische Säuglings- und Kleinkind-Alter gesund überstehen. Für Anna Catharinas nächsten, im April 1862 geborenen Sohn Johann Hinrich gilt Letzteres wiederum nicht: Ihn müssen die Eltern schon fünf Monate später wieder zu Grabe tragen.

Obwohl sie bereits ein halbes Dutzend Kinder zur Welt gebracht hat, ist Anna Catharina 1862 mit gerade einmal 30 Jahren noch im sozusagen besten gebärfähigen Alter. Im Frühjahr 1863 kündigt sich denn auch gleich die nächste Schwangerschaft an. Spürt sie als mittlerweile mit diesem Zustand vertraute Mutter, dass es wieder ein Junge wird? In jedem Fall ist es Anna Catharinas letzte Geburt, und sie verläuft tragisch: Am Ende jenes verhängnisvollen Tages – der Kalender zeigt den 17. August 1863 – ist nicht nur ihr jüngster Sohn tot, sondern sie selbst mit Kindbettfieber infiziert.

Anna Catharina stirbt am 18. August 1863. Beerdigt ist sie vier Tage später auf dem Friedhof der St.-Cyprian-und-Cornelius-Kirche in Ganderkesee.