Heinrich Wieting – Biographie

Heinrich Friedrich Wieting wird am 10. August 1902 als erstes Kind von Gerhard Wieting und Anna Catharine Wieting auf dem elterlichen Hof an der Bremer Straße in Hurrel (heute: Edo Wieting und Klaus-Peter Wieting) geboren. Er ist der ältere Bruder von Martha Kruse, Diedrich Wieting und Georg Wieting. Darüber hinaus hat er mit Hinrich Wieting, Theodor Wieting und Anna Mathilde Wieting noch drei ältere Halbgeschwister aus der ersten Ehe seines Vaters mit Beta Brandt.

Am Tag von Heinrichs Geburt setzt der britische Schwimmer John Arthur Jarvis bei einem internationalen Wettkampf in Wien erstmals eine spezielle, von ihm weiterentwickelte Form der Kraultechnik ein. Damit schlägt er seine Gegner um Längen. Was für diese allerdings keine neue Erfahrung ist: Jarvis hatte bereits knapp vier Wochen zuvor überlegen das unter der Schirmherrschaft von Wilhelm II. stehende Kaiserpokal-Schwimmen in Berlin gewonnen. Bei den Olympischen Spielen von Paris zwei Jahre zuvor belegte er zudem mit ähnlicher Dominanz den jeweils ersten Platz über 1.000 Meter und 4.000 Meter Freistil.

Vermutlich hätte Jarvis auch bei Olympia 1904 in St. Louis mehrere der dort erstmals vergebenen Goldmedaillen errungen. Wegen der noch geringen Bedeutung der Spiele und der hohen Reisekosten schickt Großbritannien jedoch insgesamt nur sechs Sportler über den Atlantik – drei Leichtathleten, zwei Golfer und einen Fechter. Anstelle von Jarvis gewinnt mit Emil Rausch Deutschlands bester Freistil-Schwimmer jener Jahre insgesamt drei Medaillen, darunter zweimal Gold. Bei den Olympischen Zwischenspielen 1906 in Athen verfehlt Rausch zwar in den Einzelwettbewerben den Sprung aufs Treppchen, holt aber mit der Vier-mal-250-Meter-Freistil-Staffel hinter Ungarn und vor Großbritannien die Silbermedaille. Beide Erfolge geben dem um die Jahrhundertwende herum im Deutschen Reich populär gewordenen Schwimmsport weiteren Auftrieb.

In den Schulen steht Schwimmen damals allerdings nach wie vor nicht auf dem Lehrplan – auch nicht in der Volksschule Hurrel, die Heinrich und sein am gleicher Tag geborener Nachbar Bernhard Haverkamp vermutlich ab 1909 besuchen. Ihr Geburtsjahr bewahrt sie davor, Anfang August 1914 in den Ersten Weltkrieg ziehen zu müssen. Als der Krieg vier Jahre später zu Ende geht, haben allerdings beide je ein Familienmitglied zu beklagen: Heinrichs Halbbruder Theodor stirbt im August 1918 nach schwerer Verwundung in einem Feldlazarett nahe Erlangen, Bernhards Vater ist bereits im Februar 1915 an der Heimatfront einer Lungenentzündung erlegen.

Bei allen Gemeinsamkeiten trennt die astrologischen Zwillinge ein für ihren weiteren Lebensweg entscheidender Unterschied: Bernhard wird als jüngster Sohn eines Tages den elterlichen Hof erben, Heinrich hat darauf von vornherein kaum Aussichten. Wann er als Konsequenz daraus beschließt, den Lehrerberuf zu ergreifen, ist in der Familie nicht überliefert – ebenso wenig, wo er die entsprechende Ausbildung erhält. Sehr wahrscheinlich wechselt er jedoch noch vor Kriegsende direkt von der Hurreler Volksschule auf das damals von Emil Künoldt geleitete Evangelische Lehrerseminar in Oldenburg. Sollte es so sein, erlebt Heinrich in der knapp 30.000 Einwohner zählenden Residenzstadt die turbulenten Tage vor und nach der Abdankung von Großherzog Friedrich August hautnah mit, später dann den Rücktritt und Selbstmord des überzeugten Monarchisten Künoldt. Möglicherweise gehört zu Beginn der 20er Jahre auch der recht bekannte Oldenburger Heimatdichter Emil Pleitner zu seinen Ausbildern.

Wann Heinrich seine erste Stelle als Volksschullehrer antritt, liegt heute ebenfalls im Dunkeln. Falls er den Wunsch hegt, möglichst heimatnah eine Beschäftigung zu finden, so erfüllt sich dieser zumindest im weiteren Verlauf seines Berufslebens nicht: Als langjähriger Einsatzort in der Familie bekannt ist die Volksschule in Sengwarden bei Wilhelmshaven, rund 70 Kilometer von Hurrel entfernt. Dort unterrichtet er sehr wahrscheinlich bereits, als im August 1932 – fünf Monate vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten – Mutter Anna nach längerer Krankheit stirbt. Trotz der relativ großen Entfernung lässt Heinrich den Kontakt zu Hurrel danach jedoch nicht abreißen und verbringt weiter regelmäßig einen Teil seiner freien Zeit auf dem elterlichen Hof.

Wie zunächst auch seine jüngeren Geschwister Martha und Georg bleibt Heinrich bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 unverheiratet. Bald darauf erhält er einen Stellungsbefehl zur Luftwaffe, was ihm einen unmittelbaren Fronteinsatz erspart. Das Ende des Krieges erlebt er trotzdem nicht: Heinrich stirbt am 1. April 1944 in Bad Bramstedt, der Überlieferung zufolge an einer Herzmuskelentzündung. Beerdigt ist er sieben Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.