Dieter Haucken wird am 14. April 1951 als einziges Kind von Martha Haucken in Wahnbek in der Gemeinde Rastede geboren.
Am Tag von Dieters Geburt kommt es in der DDR zu einem rätselhaften Massen-Absturz von sowjetischen Kampfflugzeugen. Betroffen sind mindestens 13 Jagdbomber vom Typ Iljuschin Il-10, die innerhalb weniger Minuten in der Nähe der brandenburgischen Ortschaft Kemlitz zerschellen. Dabei verlieren 26 Besatzungsmitglieder ihr Leben. Die in Jüterbog stationierten, mit je einem Flugschüler und einem Ausbilder bemannten Maschinen gehören zur 16. Luftarmee und sind vom nahegelegenen Feldflugplatz Reinsdorf gestartet. Ziel des Übungsflugs war ein Schießplatz in der Lieberoser Heide.
Unmittelbar nach dem Unglück riegeln sowjetische Militäreinheiten die Absturzstellen großräumig ab. Die Leichen der Piloten werden geborgen, größere Trümmerteile Zeugenaussagen zufolge zum naheliegenden Gutshaus Kemlitz transportiert. Weder die Armeeführung noch die DDR-Behörden äußern sich zu dem Vorfall. Über die Ursache herrscht noch mehr als 60 Jahre später Rätselraten – Dokumente, die vielleicht Aufklärung bringen könnten, lagern für die Öffentlichkeit unzugänglich in Moskauer Archiven.
Für ein 2011 erschienenes, 40 Seiten umfassendes Buch zum Thema haben die Lokal-Historiker Fred Tzschoppe und Reinhard Wildau Augenzeugenberichte gesammelt und alle bekannten Fakten zum Absturz zusammengetragen. Demzufolge könnten Wetter-Kapriolen an jenem Tag eine wesentliche Rolle gespielt haben: Einige Zeugen berichten von einer tiefschwarzen Gewitterfront, andere von einem Sturm sowie plötzlich einsetzendem Hagel und starkem Schneefall. Gut möglich, dass die in der Navigation des neuen Flugzeugtyps noch ungeübten Piloten mit diesen Bedingungen überfordert waren. Andere Spekulationen gehen dahin, dass die Maschinen falsch betankt gewesen sein könnten – entweder aus Schlamperei oder infolge eines Sabotage-Akts. Endgültig aufklären lassen wird sich das Mysterium vermutlich nie.
Ganz ähnlich verhält es sich mit einem wesentlichen Detail in Dieters Familiengeschichte – der Frage nach seinem biologischen Vater. Mutter Martha, die bis zu ihrem Tod 1998 unverheiratet bleibt, spricht zeitlebens nicht darüber. Bei der Hausgeburt ist sie 25 Jahre alt und lebt noch bei den Eltern. Dadurch werden Dieters Großeltern Dietrich und Margarethe Haucken zu wichtigen Bezugspersonen in der Kindheit. Den bescheidenen Unterhalt für sich und ihren Sohn verdient Martha Haucken im AEG-Kleinmotorenwerk Kreyenbrück.
Seine ersten Schuljahre verbringt Dieter in der Volksschule Wahnbek. Dort wird er vom Lehrer oft beauftragt, in der Pause Wasserflöhe für das Terrarium im Klassenzimmer zu fangen. Nach der Schule streift er viele Stunden alleine durch das Ipweger Moor und die Wälder in der Nachbarschaft.
Sein erstes Geld verdient Dieter als Laufbursche und Gehilfe für den örtlichen Kaufmannsladen. Er sammelt mit dem Fahrrad die Eier bei den Bauern ein, füllt im Keller Essig in Flaschen und Sauerkraut aus dem Fass in Beutel um und liefert Bestellungen aus. Nach dem Besuch der Mittleren Handelsschule in Rastede beginnt er eine Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann bei Elektro-Freund in Oldenburg, die er nach nur zwei Jahren erfolgreich zu Ende bringt. Anschließend besucht er ebenfalls zwei Jahre lang das Wirtschaftsgymnasium Oldenburg und nimmt 1973 eine Stelle als Verkäufer bei Baustoffe Cassens in Osternburg an.
Anfang 1974 lernt Dieter auf einer Party seine künftige Ehefrau Verena kennen. Die beiden heiraten im Februar 1976 – 14 Monate nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Melanie. Die zweite Tochter Susanne kommt im Juni 1976 zur Welt. Kurz darauf kaufen Dieter und Verena in Hurrel ein 1938 von Heinrich Logemann an der Bremer Straße erbautes Einfamilienhaus. Drei Jahre nach dem Einzug wird im Dezember 1979 Tochter Elena geboren, im April 1982 die vierte Tochter Bettina.
Beruflich läuft es für Dieter in dieser Zeit gut, er wechselt 1978 zur Bremer Holzhandelsfirma Gottfried Lauprecht und arbeitet nebenher als Handelsvertreter für Dämmstoffe Held. Das in Wesel am Niederrhein ansässige Unternehmen wird Anfang 1985 sein alleiniger Arbeitgeber, Dieter übernimmt dort den Außendienst für Norddeutschland. Seine Ehe scheitert allerdings: Verena zieht 1983 aus und nimmt die vier gemeinsamen Töchter mit.
Unter der Trennung, vor allem von den Kindern, leidet Dieter zunächst sehr. Um den Abtrag für das Haus und den Unterhalt für seine Familie stemmen zu können, nimmt er neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit eine Aushilfsstelle als Barkeeper und Türsteher in der Linteler Diskothek Rock Paradise an.
Im Rock Paradise lernt Dieter Meike Laverenz genannt Bors kennen. Sie zieht 1985 zu ihm nach Hurrel. Beide heiraten am 14. Juni 1990. Vier Monate später wird Tochter Anna geboren, im Januar 1993 dann Sohn Hannes. Gemeinsam mit den Töchtern aus der ersten Ehe, die regelmäßig an den Wochenenden und in den Ferien nach Hurrel kommen, genießen alle das Landleben und machen viele Spaziergänge, Radtouren und Ausflüge.
In der freien Zeit mit den Kindern kann Dieter seine Liebe zur Natur und zu Tieren voll auskosten. So kommt er mit jeder Echse, Kröte, Blindschleiche oder was ihm sonst noch im Garten begegnet, begeistert zu ihnen und zeigt behutsam, was er in der Hand hält, bevor er es am Fundort wieder in die Freiheit entlässt. Besonders angetan haben es ihm Vögel: Er baut unzählige Nistkästen, verteilt sie in den Bäumen und füttert und beobachtet deren Bewohner das ganze Jahr hindurch.
Mit den Nachbarn und dem Kegelverein „Hurreler Holzwürmer“ fühlt sich Dieter all die Zeit über sehr verbunden. Auch das regelmäßige Tennismatch mit seinem Freund Holger Gerber aus Munderloh wird nie abgesagt – genauso wenig wie das wöchentliche Doppel auf dem vorher liebevoll gepflegten Rasen in Bergedorf.
Dieter identifiziert sich jedoch auch sehr stark mit seiner beruflichen Aufgabe. Als seine Firma 1990 von Pfleiderer gekauft wird, zieht das Computer-Zeitalter auch in seinen Alltag ein. Er arbeitet begeistert mit dem neuen Medium und steigert seine Umsätze immer weiter. Völlig unerwartet trifft ihn deshalb seine Kündigung im Januar 2002. Ein Unternehmensberater soll die Firma vor dem Verkauf an einen noch größeren Konzern sanieren und empfiehlt, alle alten, teuren Mitarbeiter zu entlassen.
Die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle gestaltet sich schwierig und so tritt Dieter schließlich die Flucht nach vorn an: Er macht sich selbstständig und gründet im Februar 2004 „Baubedarf Haucken“, einen Baustoff-Handel mit Firmensitz in Hurrel. Seinen Ein-Mann-Betrieb ohne Werbung und Ausstellungsräume, nur mit kleinem Lager im Schuppen, betreibt er sehr erfolgreich bis zu seinem Tod.
Dieter stirbt am 1. Dezember 2012 an Lungenkrebs zu Hause im Kreise seiner Frau und seiner sechs Kinder – so, wie er es sich gewünscht hat. Seine letzte Ruhestätte findet er einige Tage später im Friedwald Hasbruch in Lintel unter einer großen Buche.