Johann Martin Schütte wird am 14. Dezember 1810 als drittes Kind von Johann Hinrich Schütte und Margarete Schütte in Hurrel geboren. Er ist der ältere Bruder von Tönjes Hinrich Schütte und Anna Tönjes. Darüber hinaus hat er mit Anne Schütte noch eine ältere Halbschwester aus einer früheren Ehe seines Vaters.
Einen Tag vor Johann Martins Geburt beschließt der französische Senat in Paris die förmliche Annexion weiter Teile Norddeutschlands. Sie tritt am 1. Januar 1811 in Kraft und betrifft neben den Hansestädten Bremen, Hamburg und Lübeck auch das bisherige Herzogtum Oldenburg, das dadurch ein Teil Frankreichs wird. Es gehört jetzt als „Arrondissement Oldenburg“ zum „Département des Bouches du Weser“ mit Hauptsitz in Bremen. Mit dieser Maßnahme hofft Frankreichs Kaiser Napoleon Bonaparte die 1806 gegen Großbritannien verhängte Kontinentalsperre wirksamer durchsetzen zu können.
Vor die Wahl gestellt, in Oldenburg zu bleiben oder Herzog des sehr viel kleineren Fürstentums Erfurt zu werden, zieht es Herzog Peter Friedrich Ludwig vor, ins Exil nach Russland zu gehen. Einen Tag nach seiner Abreise gibt es am 28. Februar 1811 einen Festakt in der Lambertikirche nebst feierlicher Proklamation, die alle Oldenburger zu Franzosen erklärt. Was das in erster Linie bedeutet, bekommt die Bevölkerung schon bald zu spüren: rasant steigende Abgaben sowie die Pflicht, Soldaten für die Grande Armée zu stellen.
Wie die auch Hurrel einschließende Rekrutierung abläuft, schildert Walter Janßen-Holldiek in seiner 1994 erschienenen Dorf-Chronik: „Pfarrer und Beamte zwang man unabhängig voneinander, Listen von militärtauglichen Männern aufzustellen. Da man bei einer anfangs noch vorgesehenen Einteilung in Gruppen wie Unverheiratete, kinderlose Witwer, kinderlose Verheiratete und Familienväter nicht die festgesetzte Zahl von 570 Personen erreichte, verwarf man die geplante Gruppierung, so dass sich schließlich 200 Familienväter unter den Eingezogenen befanden. Nach Oldenburg geschleppt und dort bis zur Beendigung der Rekrutierung eingesperrt, wurden die Unglücklichen dann auf Wagen verladen und nach Amsterdam transportiert, wo man sie zur Marine bestimmte.“
Die Aushebung zur Infanterie lässt Janßen-Holldiek zufolge nicht lange auf sich warten. Davon ist allem Anschein nach mindestens ein Hurreler betroffen: Johann Hinrich Barkemeyer, der nach dem 1812 beginnenden Russland-Feldzug als vermisst gilt und erst 48 Jahre später offiziell für tot erklärt wird.
Wie Johann Martins Familie die Oldenburger Franzosenzeit, die bis 1815 andauernden Befreiungskriege sowie die sich anschließende Krise der heimischen Landwirtschaft – nach Ende der Kontinentalsperre überschwemmt Großbritannien den Kontinent mit billigem Getreide – konkret erlebt, liegt heute mangels entsprechender Aufzeichnungen im Dunkeln. Dasselbe gilt für den genauen Ort seiner Geburt: Erst ab 1817 vermerkt Janßen-Holldiek Johann Hinrich Schütte als Pächter einer 1678 von Hermann Schütte begründeten Brinksitzerei auf dem Hesterort (heute: Ingo Stöver und Sara Bolte). Immerhin ist Johann Martins Vater in der Lage, den Betrieb 1833 zu kaufen.
Zu diesem Zeitpunkt steht bereits die nächste Bedrohung vor den Toren: Seit 1831 durchziehen mehrere Cholera-Epidemien das Land, 1834 werden auch in Bremen und in einigen Teilen des auf dem Wiener Kongress neugebildeten Großherzogtums Oldenburg entsprechende Todesfälle gemeldet. Doch auch wenn die Seuche an Hurrel vorüberzuziehen scheint, so ist der Tod doch in vielen Familien ein ständiger Begleiter. Gerade auf dem Hesterort: So hat Johann Martin mit Tönjes Hinrich und Anne bis 1824 nicht nur zwei der drei im ersten Absatz genannten Geschwister verloren, sondern noch fünf weitere, unmittelbar nach ihrer Geburt namenlos verstorbene Brüder und Schwestern.
Da Johann Martin bei Abschluss der Volksschule im Nachbardorf Lintel der einzige überlebende Sohn ist und keine weiteren Kinder mehr dazukommen, dürfte er früh als Erbe des elterlichen Hofes feststehen. Allein, zur Übernahme kommt es nicht: Auch Johann Martin stirbt im Alter von 25 Jahren weit vor der Zeit, am 11. Mai 1836. Über die Todesursache gibt das Kirchenbuch der Gemeinde Hude keine Auskunft. Beerdigt ist Johann Martin sechs Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.