Wilhelm Heinrich Witte wird am 10. August 1902 als erstes Kind von Johann Wilhelm Witte und Martha Gesine Witte auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Hans und Heike Burgmann) geboren. Er ist der ältere Bruder von Johanne Stolle, Heinrich Witte, Alma Klara Witte, Anna Hobbie und Johann Witte.
Am Tag von Wilhelms Geburt schickt Namensvetter Wilhelm II. ein von „tiefster Entrüstung“ geprägtes Telegramm an den bayerischen Prinzregenten Luitpold, das als „Swinemünder Depesche“ in die Geschichte eingeht. Anlass ist eine wenige Tage zuvor von der Mehrheit der Bayerischen Zentrumspartei auf den Weg gebrachte Entscheidung des Landtags: Als Retourkutsche für fehlende Rückendeckung des daraufhin zurückgetretenen Zentrum-freundlichen Kultusministers Robert von Landmann seitens der Regierung hatte der Landtag in den Budget-Beratungen einen Posten über 100.000 Mark gestrichen, der für den Ankauf neuer Kunstwerke für die staatlichen Sammlungen bestimmt war. Deutschlands Kaiser bietet nun an, diese Summe als Schenkung zur Verfügung zu stellen.
Ein Angebot, das im auf Eigenständigkeit bedachten Königreich Bayern ebenfalls für Entrüstung sorgt – möglicherweise sogar beim Adressaten selbst. Was Wilhelm II. nicht wissen kann: Schon vor Absendung der kaiserlichen Depesche hatte ein privater Spender aus dem Umfeld der bayerischen Regierung das Problem aus der Welt geschafft. Höflich telegrafiert Luitpold deshalb aus München zurück, dass eine solche Gabe aus dem preußischen Könighaus nicht vonnöten sei.
Ausgestanden ist die durch die adelige Korrespondenz losgetretene Protestwelle damit jedoch keineswegs. Die Bayerische Zentrumspartei schießt sich auf den Kaiser ein, ihr auch im Reichstag in Berlin vertretener Abgeordneter Franz Xaver Schädler provoziert mit seinen Angriffen im Januar 1903 sogar eine scharfe Reaktion von Reichskanzler Bernhard von Bülow, der Wilhelms Depesche verteidigt. Dieser Linie schließt sich der parteilose bayerische Ministerpräsident Friedrich Krafft von Crailsheim an – was ihn letztlich sein Amt kostet: Am 18. Februar 1903 beruft Leopold Clemens von Podewils-Dürniz zum neuen Ministerpräsidenten. Auch Podewils-Dürniz steht allerdings den Nationalliberalen nahe. Bis am 9. Februar 1912 mit Georg von Hertling der erste Zentrums-Politiker auf diesen Posten berufen wird, vergehen noch einmal neun Jahre.
Zu diesem Zeitpunkt besucht Wilhelm in Hurrel bereits seit knapp drei Jahren die örtliche Volksschule. Dort gehören neben seinen astrologischen Zwillingen Bernhard Haverkamp und Heinrich Wieting unter anderem Georg Hartmann, Gerhard Stolle und Georg Tönjes zu den in etwa gleichaltrigen Mitschülern. Erhalten geblieben ist ein just in jenen Wochen von der fünf Jahre älteren Schulkameradin Martha Wiedau herumgereichtes Poesiealbum, in dem Wilhelm sich am 16. März 1912 verewigt.
Wann sich entscheidet, dass Wilhelm eines Tages den 1895 von seinem Großvater Johann Witte gekauften, rund zwölf Hektar großen Hof im Hurreler Sand übernehmen wird, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Gemäß des in der Gemeinde Hude geltenden Jüngstenrechts wäre die Nachfolge unter den fünf überlebenden Kindern – die 1909 geborene Schwester Alma Klara ist 1912 bereits verstorben – eigentlich auf den 1913 hinzukommenden Bruder Johann hinausgelaufen. Vielleicht liegt die vom Vater anders bestimmte Erbfolge im frühen Tod der Mutter begründet: Als ältester Sohn ist Wilhelm dadurch bereits ab 1920 voll in die Bewirtschaftung eingebunden.
Fast zeitgleich mit dem Tod von Martha Gesine Witte bekommt Wilhelm neue Nachbarn. Hermann Christian Bischoff hat seinen rund 200 Meter entfernt liegenden Hof an Karl und Berta Franz verkauft. Beide haben zuvor in der an Polen verlorenen Provinz Westpreußen gesiedelt und kommen im Mai 1920 mit sieben Kindern in Hurrel an. Die wirtschaftlich äußerst schwierigen Zeiten bieten nicht eben die besten Bedingungen für einen Neustart auf dem kargen Boden, so dass Wilhelm und seine Familie in den folgenden Jahren im Rahmen ihrer selbst nur sehr bescheidenen Möglichkeiten mehr als einmal Hilfe gewähren. Mit Karls Söhnen Kurt und Erwin wird sich Wilhelm später darin abwechseln, die in der Nachbarschaft gewonnene Milch zur Molkerei nach Hude zu transportieren.
Wann und bei welcher Gelegenheit Wilhelm seine künftige Ehefrau Gretchen von Bassen aus Neuenkoop kennenlernt, liegt heute im Dunkeln. Gut möglich, dass sie irgendwo in Hurrel oder vielleicht sogar auf dem Witte-Hof als Dienstmagd arbeitet. Wilhelm und Gretchen heiraten 1931 – auf einem ersten Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise und knapp anderthalb Jahre vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Anders als die Ehen seiner Geschwister Johanne, Heinrich und Anna bleibt die Verbindung kinderlos. Johanne ist seit 1928 in Klattenhof zuhause, Heinrich richtet sich 1932 auf einem dem Witte-Hof gegenüberliegenden Grundstück eine Tischler-Werkstatt ein, Anna wiederum baut vier Jahre später mit Ehemann Helmut Hobbie direkt nebenan ein Einfamilienhaus.
Ob Wilhelm am 1939 mit dem Überfall auf Polen beginnenden Zweiten Weltkrieg teilnimmt, lässt sich heute nicht mehr mit letzter Gewissheit klären. Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass er ähnlich wie Nachbar Kurt Franz bis zur Einberufung des Volkssturms als unabkömmlich gilt, da spätestens nach dem Tod des Vates 1941 niemand sonst seinen Hof weiterbewirtschaftet hätte. Wie er und Gretchen überstehen auch Wilhelms Geschwister sowie Schwager Heinrich Stolle in Klattenhof den Krieg unversehrt, nicht jedoch Annas Ehemann Helmut Hobbie: Er stirbt im Oktober 1944 beim Angriff auf einen Truppen-Transporter im Mittelmeer.
Nach Kriegsende bewirtschaften Wilhelm und Gretchen ihren Hof weiter – ohne allerdings noch allzu viel in seinen Ausbau zu investieren. Überliefert ist, dass in den 50er Jahren ein junger Ost-Flüchtling namens Heinz Gräfe bei ihnen arbeitet, eine Zeitlang wohnen auch Erna Schütte und ihre Tochter Inge dort. Im Herbst 1956 feiern Wilhelm und Gretchen auf ihrer Diele Silberhochzeit, auch an anderen Feierlichkeiten und den regelmäßigen Winterbesuchen in der Nachbarschaft nehmen sie teil.
Obwohl fast fünf Jahre jünger als Wilhelm, stirbt Gretchen im Januar 1973 als erstes. Wilhelm folgt ihr sieben Monate später, am 29. Juli 1973. Beerdigt ist er am 2. August 1973 auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.