Werner Stöver – Biographie

Werner Stöver wird am 18. März 1922 als achtes Kind von Friedrich Stöver und Marie Stöver auf dem elterlichen Hof in Rastede geboren. Er ist der jüngere Bruder von Frieda Stöver, Heino Stöver, Erich Stöver, Johanne Strodthoff, Friedrich Edo Stöver, Martha Broers-Krumland und Johannes Helmuth Stöver.

Im März 1922 stehen im Deutschen Reich einmal mehr die Auswirkungen des verlorenen Ersten Weltkriegs im Mittelpunkt der politischen Debatte. Für Aufregung sorgt beispielsweise die am 11. März getroffene Entscheidung der Finanzminister Belgiens, Großbritanniens und Frankreichs, Deutschland für die Kosten der im Versailler Vertrag geregelten Besetzung von Teilen des Rheinlands pro Jahr 200 Millionen Goldmark in Rechnung zu stellen. Gleiches gilt für den am 20. März verkündeten Beschluss der Interalliierten Kontrollkommission, dass Deutschland fünf bis zum Schluss heftig umstrittene, zuvor zur Provinz Westpreußen gehörende Weichsel-Dörfer an die neu errichtete Polnische Republik abtreten muss. Nur eine Woche später verlässt der 1914 vom Stapel gelaufene Luxus-Liner „Bismarck“ seinen Heimathafen Hamburg Richtung Liverpool – das damals größte Schiff der Welt ist Teil der Reparationszahlungen an Großbritannien.

In den kommenden Wochen rückt dann vor allem Oberschlesien in den Fokus. Dort gibt es im Vorfeld der geplanten Aufspaltung in einen deutschen und einen polnischen Teil schon seit Monaten gewalttätige Zusammenstöße zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen, bei denen auch Tote zu beklagen sind. Der wirtschaftlich stärkste Teil der Provinz mit vielen Bergwerken und Bodenschätzen soll trotz teils anderslautender Ergebnisse einer am 20. März 1921 durchgeführten Volksabstimmung an Polen fallen. Jeglicher Protest ist vergebens – als die Entscheidung am 17. Juni endgültig ist, weht die deutsche Fahne auf dem Reichstag in Berlin auf halbmast. Reichskanzler Joseph Wirth (Zentrum) spricht von einem „Trauertag“, fordert die Oberschlesier jedoch auf, trotz ihrer „berechtigten Erbitterung“ Ruhe zu bewahren.

Deutlich schärfere Töne schlagen dagegen die Vertreter rechtsgerichteter und antisemitischer Parteien im Parlament an. Der DNVP-Abgeordnete Karl Helfferich etwa attackiert den seiner Meinung nach für den Verlust verantwortlichen jüdischen Außenminister Walther Rathenau am 23. Juni derart massiv, dass seine Tiraden fast schon als Mord-Aufruf gelten können. Mit tragischen Folgen: Nur einen Tag später fällt Rathenau einem von Mitgliedern der Organisation Consul verübten Attentat zum Opfer. Der Schock darüber trifft auch die Wirtschaft, im Sommer 1922 beginnt der sich 1923 zur Hyperinflation hochschaukelnde Verfall der deutschen Währung.

Wie schwer Werners Familie von der Inflation betroffen ist, lässt sich heute nicht mehr im Detail rekonstruieren. Vater Friedrich bewirtschaftet in Rastede einen erst 1919 oder 1920 gekauften Bauernhof, den er schon 1924 wieder aufgibt. Daraufhin zieht er mit seiner Familie ins rund 25 Kilometer südöstlich gelegene Hurrel und pachtet von Diedrich Heinemann den ältesten noch bestehenden Hof des Dorfes (heute: Ursula Schlake). Dort wächst Werner mit den sechs ältesten Geschwistern auf – Bruder Johannes Helmuth ist bereits Ende 1920 im Alter von nur sechs Monaten gestorben.

In Hurrel besucht Werner sehr wahrscheinlich ab Frühjahr 1928 die damals von Hans Prull geleitete Volksschule. Zu den in etwa gleichaltrigen Mitschülern und mutmaßlichen Spielkameraden gehören unter anderem Heinrich Brinkmann, Gustav Drieling, Heino Pape, Heino Rüdebusch, Willi Schütte, Bernhard Schwarting, Heino Schwarting, Heinrich Schwarting und Heino Wieting.

Kurz vor Werners elftem Geburtstag übernehmen die schon zum Zeitpunkt seiner Geburt gegen die Demokratie hetzenden Nationalsozialisten in Deutschland die Macht. Im Zuge der radikalen Veränderungen der folgenden Jahre dürfte er danach sämtliche für seine Altersklasse vorgesehenen Stationen vom Jungvolk über die Hitlerjugend bis zum Reichsarbeitsdienst durchlaufen. Ob mit Begeisterung oder innerem Widerwillen, ist nicht überliefert – ebenso wenig, ob er nach Abschluss der Volksschule eine Ausbildung beginnt. Aller Wahrscheinlichkeit nach zieht er aber Anfang 1937 erst einmal mit seinen Eltern und den Geschwistern Frieda, Friedrich Edo und Martha nach Kreyenbrück, wo seine Eltern an der Cloppenburger Straße einen anderen Betrieb gepachtet haben. Kurz nach dem Umzug stirbt Frieda bei einem Verkehrsunfall.

Als im September 1939 der Zweite Weltkrieg ausbricht, ist Werner 17 Jahre alt. Seine Einberufung zur Wehrmacht bekommt er vermutlich schon im Folgejahr. Über die einzelnen Einsatzorte gibt es innerhalb der Familie keine Erinnerung mehr. Eines der wenigen existierenden Fotos aus jener Zeit zeigt ihn mit einem Kriegskameraden im Lazarett liegend, in das er – allem Anschein nach aber nur leicht verwundet – eingewiesen wurde.

Werners Spur verliert sich im Spätsommer 1944 in Rumänien. Als Angehöriger der 376. Infanterie-Division verteidigt er einen 40 Kilometer nordöstlich der Stadt Jassy gelegenen Abschnitt gegen die Rote Armee, wobei ihm und seinen Kameraden im Laufe der heftigen, unter dem Namen Operation Jassy-Kischinew bekannt gewordenen Kämpfe der Rückweg abgeschnitten wird.

Welche Dramen sich in jenen Tagen und Wochen bei dem Versuch, sich durch die russischen Linien zu schlagen, abspielen, schildert ansatzweise ein im Mai 1970 vom Suchdienst des Roten Kreuzes erstelltes Gutachten zu Werners Schicksal: „Auf den verstopften Straßen ging der Zusammenhalt unter den Divisionen völlig verloren; nur kleineren Gruppen gelang es, unter erneuten schweren Verlusten das tief gestaffelte System feindlicher Sperrriegel zu überwinden. Im Dreieck Jassy-Husi-Kischinew entstand ein großer Kessel, in dem nach tagelangen Kämpfen die Masse der deutschen Divisionen gefangen genommen wurde. Auch einige Kampfgruppen, denen es gelungen war, nach Westen zum Sereth durchzubrechen, sowie Einheiten, die von der Dnjestr-Front nach Süden abgedrängt worden waren, wurden erneut eingeschlossen und gerieten ebenfalls in Gefangenschaft. Ein großer Teil der in Rumänien eingesetzten Soldaten ist jedoch im Verlauf dieser Kämpfe gefallen. Auch von den Gefangenen verstarben viele infolge seelischer und körperlicher Erschöpfung schon in den ersten Wochen und Monaten, zumal in den Sammellagern Ruhr und Typhus ausgebrochen waren.“

Das Gutachten des Roten Kreuzes geht davon aus, dass Werner mit hoher Wahrscheinlichkeit zwischen dem 20. August und den ersten Septembertagen 1944 in Rumänien oder in der ersten Zeit der Gefangenschaft den Tod gefunden hat. Sein Leichnam ist bis heute verschollen, das in dieser Biographie genannte Todesdatum 31. August besitzt vor diesem Hintergrund rein symbolischen Charakter.