Tönjes Hinrich Wilkens Junior wird am 21. Februar 1830 als viertes Kind von Tönjes Hinrich Wilkens und Anna Sophia Wilkens auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Udo und Svetlana Wilkens) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Anna Wilkens, Bernhard Wilkens und Sophia Wilkens und der ältere Bruder von Bernhard Wilkens, Sophie Gesine Wilkens und Meta Wilkens. Darüber hinaus hat er mit Gesine Wilkens und Margarete Wilkens noch zwei jüngere Halbschwestern aus der zweiten Ehe seines Vaters mit Margarete Heyne.
Vier Tage nach Tönjes Hinrichs Geburt kommt es in Paris zu einem Theater-Skandal. Bei der Uraufführung des Schauspiels „Hernani“ von Victor Hugo prallen die unterschiedlichen Vorlieben des Publikums lautstark aufeinander. Gegenüber stehen sich auf der einen Seite die Anhänger des klassischen Regeldramas und auf der anderen jene einer moderneren, am Zeitalter der Romantik orientierten Form. Auch bei späteren Aufführungen mobilisieren beide Gegenparteien ihre Anhänger. „Das Publikum pfeift jeden Abend nach jedem Vers. Ein unglaublicher Krach, das Parkett buht, die Logen brechen in Gelächter aus“, beschreibt Hugo – mit dieser einkalkulierten Wirkung offenbar alles andere als unzufrieden – die Reaktion auf sein Stück. In gewisser Weise nimmt das Geschehen im Theater die politischen Ereignisse jenes besonderen Jahres ein Stück weit vorweg.
Im Sommer 1930 bricht in Frankreich die Juli-Revolution aus – die Pariser Bevölkerung geht buchstäblich auf die Barrikaden, um gegen die reaktionäre Politik ihres Königs Karl X. zu protestieren. Der dreitägige Aufstand inspiriert nicht nur den französischen Maler Eugène Delacroix zu seinem berühmten Gemälde „Die Freiheit führt das Volk“, er sorgt auch im 800 Kilometer entfernten Großherzogtum Oldenburg für Unruhe. Weil sich trotz mehrerer Petitionen seitens des Bürgertums an Großherzog Paul Friedrich August die politischen Verhältnisse kaum ändern, startet bald darauf wie in anderen Teilen Deutschlands eine Massenauswanderung Richtung Nordamerika.
Die Angst der Oberschicht vor einer gesellschaftlichen Umwälzung schürt ein Jahr später auch eine Cholera-Epidemie, die Arme wie Reiche dahinrafft. Bis Ende 1832 fallen der „rebellisch-revolutionären“ Seuche allein in Preußen mehr als 40.000 Menschen zum Opfer, darunter so prominente Zeitgenossen wie der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel und der Militärführer August Neidhardt von Gneisenau. Als die Epidemie im Sommer 1831 auf Hamburg übergreift und dort innerhalb kurzer Zeit 1.650 Tote fordert, rechnen die Oldenburger Behörden mit dem Schlimmsten und richten an der Haarenschanze vorsorglich ein Sonder-Hospital ein.
Von der Cholera bleibt Hurrel verschont, doch wie schon in den Jahren vor 1830 – die älteren Geschwister Sophia und Bernhard leben bei Tönjes Hinrichs Geburt bereits nicht mehr – bleibt der Tod in seiner Familie noch für längere Zeit ein steter Begleiter. Am zweiten Weihnachtstag des Jahres 1837 stirbt die erst im Juli geborene Schwester Meta, zwei Wochen später folgt die kurz vor ihrem dritten Geburtstag stehende Schwester Sophie Gesine. Möglicherweise kostet beide mit der Tuberkulose eine andere große Seuche des 19. Jahrhunderts das Leben. Der damals als „Schwindsucht“ gefürchteten Krankheit erliegt im Dezember 1846 auch Mutter Anna Sophia.
Ob Tönjes Hinrich – damals 16 Jahre alt – beim Tod der Mutter noch im elterlichen Haushalt lebt, ist nicht überliefert. Ohnehin liegen die genauen Wohn- und Arbeitsverhältnisse auf dem Wilkens-Hof, zu dem neben dem Hauptgebäude noch zwei Heuerhäuser gehören, in jener Zeit weitgehend im Dunkeln. Der Hurreler Chronik von Walter Janßen-Holldiek zufolge wird die 1689 erstmals erwähnte Hofstelle bereits ab 1816 vom Pächter Johann Gerd Nordfeld bewirtschaftet. Erst 1856 fällt sie an Tönjes Hinrich – laut den Recherchen von Janßen-Holldiek allerdings nicht im Rahmen eines Erbfalls, sondern durch Kauf.
Die im November 1857 eingegangene Ehe mit Metta Margareta Voigt aus Vielstedt steht für Tönjes Hinrich ebenfalls unter keinem guten Stern: Eine am 30. September 1858 geborene Tochter bleibt namenlos und stirbt noch am selben Tag; Sohn Heinrich, im November 1859 zur Welt gekommen, lebt gerade einmal sechs Monate und Ehefrau Metta Margareta fällt im Januar 1860 ebenfalls der Tuberkulose zum Opfer.
Tönjes Hinrichs zweite Ehe mit Gesche Margarete Backhus aus Sandhatten im November 1860 bringt mit Sohn Johann Heinrich (April 1862) und Tochter Catharine (März 1865) zwei gesunde Kinder hervor – endet aber bereits im Mai 1872 mit Gesche Margaretes Tod. Ehe Nummer 3 schließt Tönjes Hinrich im Februar 1873 mit Gesine Stolle, der Enkelin des ehemaligen Pächters Johann Gerd Nordfeld. Dieser Ehe entstammen fünf weitere Kinder: Anna (August 1873), Gesine Christine (Juli 1875), Bernhard (Oktober 1877), Hinrich (Juni 1880) und Friedrich (April 1889).
Da Tönjes Hinrich bereits kurz nach Friedrichs Geburt seinen 60. Geburtstag feiert, scheidet in der Frage der Hof-Nachfolge das üblicherweise in Hurrel zur Anwendung kommende Jüngstenrecht aus. Warum dabei die Wahl letztlich auf Bernhard fällt und nicht auf dessen jüngeren Bruder Hinrich, ist nicht überliefert. Vielleicht sind es gerade jene knapp drei Jahre Altersunterschied, die den Ausschlag geben: Als Tönjes Hinrich 65 wird, ist Bernhard 17 Jahre alt, Hinrich erst 14. Der älteste Sohn Johann Heinrich, der nach Abschluss der Volksschule im benachbarten Lintel zunächst noch zu Hause mitarbeitet, wandert bereits zwei Jahre vor der Übergabe an Bernhard mit seiner vom heutigen Hof von Ingo Stöver und Sara Bolte stammenden Verlobten Sophie Tönjes nach Chicago aus.
Zusammen mit Johann Heinrich zieht es auch Tochter Anna in die USA, wo diese sich nach der Heirat mit Heinrich Tönjes – einem vom heutigen Hof von Heiko Pflug stammenden Vetter von Sophie Tönjes – in Nebraska niederlässt. Dass im September 1911 auch der jüngste Sohn Friedrich auswandert, erlebt Tönjes Hinrich nicht mehr mit: Er stirbt am 15. November 1910 an Altersschwäche und wird vier Tage später in Hude auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche beerdigt.