Sophie Tönjes – Biographie

Anna Sophie Tönjes – Rufname Sophie – wird am 3. Juli 1893 als erstes Kind von Johann Diedrich Hollmann und Anna Gesine Hollmann auf dem elterlichen Hof in Habbrügge geboren. Sie ist die ältere Schwester von Hinrich Hollmann.

Drei Tage nach Sophies Geburt heiratet in London Prinz George, nach dem Tod seines Bruders Albert Victor auf Rang 2 der britischen Thronfolge vorgerückt, Victoria Mary Augusta Louise Olga Pauline Claudine Agnes von Teck. Ungewöhnlich an dieser Hochzeit ist weniger der lange Name der Braut als vielmehr der besondere Umstand, der zu ihrer Anbahnung führt. Denn Mary, wie sie gerufen wird, war ursprünglich mit Albert Victor verlobt. Als dieser im Januar 1892 der seit 1889 weltweit grassierenden Russischen Grippe erliegt, drängt Queen Victoria – Georges Großmutter – ihren Enkel, neben dessen Rolle als Thronfolger auch die von Victoria als künftige Königin für geeignet befundene Verlobte zu übernehmen. Eine Konstellation, die in der britischen Öffentlichkeit im Vorfeld der Trauung durchaus für einiges Aufsehen sorgt.

In Georges und Marys Stammbäumen zeigt sich geradezu exemplarisch die von Victoria nach Kräften geförderte enge Verflechtung des europäischen Hochadels. Marys Mutter Mary Adelaide von Cambridge etwa gehört als Enkelin des früheren britischen Königs George III. zum engeren Umfeld des britischen Königshofs, ihr Vater Franz von Teck ist ein Sohn des württembergischen Herzogs Alexander. George wiederum ist nicht nur der Enkel Queen Victorias, sondern auch ein Enkel des dänischen Königs Christian IX. sowie ein Neffe der ehemaligen deutschen Kaiserin Victoria und der russischen Zarin Maria Fjodorowna. Letztere – eine Schwester von Georges Mutter Alexandra – weist übrigens eine ähnliche Biographie auf wie Mary: Zunächst mit dem designierten Thronfolger Nikolai verlobt, hat sie 1866 nach dessen krankheitsbedingtem Tod mit Alexander den nächstjüngeren und somit erbberechtigten Sohn des damaligen Zaren Alexander II. geheiratet.

Mit derart hochgestellter Verwandtschaft kann Sophie in Habbrügge naturgemäß nicht aufwarten. Immerhin: Der Hof, auf dem sie geboren wird, hatte bis Anfang des 19. Jahrhunderts im Dorf eine ganz besondere Stellung inne. Er diente nämlich an der damaligen Postkutschen-Strecke von Bremen nach Oldenburg als Pferdewechsel-Station. In der Kirchenchronik von Ganderkesee aus dem Jahre 1821 ist dann allerdings der 2005 von Rita Bande erstellten Habbrügger Dorf-Chronik zufolge nur noch von einem gewöhnlichen Bauernhaus die Rede, das sich seit 1809 im Besitz von Sophies Familie befindet. Sophies Vater betreibt dort nicht nur Landwirtschaft, sondern arbeitet dem 1893 anlässlich ihrer Geburt vorgenommenen Kirchenbucheintrag zufolge auch als Zimmermann.

Über Sophies Kinder- und Jugendjahre und die ihres drei Jahre jüngeren Bruders ist heute nichts mehr bekannt. Vermutlich ab Frühjahr 1900 besucht sie die von ihrem Elternhaus rund einen Kilometer entfernte Volksschule Habbrügge, die sie dieser Rechnung zufolge 1908 wieder verlässt. Ob Sophie im Mai 1910, als Prinz George in Großbritannien die Königswürde von seinem verstorbenen Vater Edward VII. übernimmt, noch im elterlichen Haushalt wohnt oder irgendwo in der näheren Umgebung in Stellung gegangen ist, lässt sich nur vermuten – ebenso, wie sie die entbehrungsreichen Jahre des Ersten Weltkriegs erlebt. Dessen Ende übersteht von den adeligen Vettern George, Wilhelm II. von Deutschland und Nikolaus II. von Russland nur ersterer im Amt: Wilhelm geht nach seiner erzwungenen Abdankung im November 1918 ins niederländische Exil nach  Doorn, Nikolaus wird schon im Sommer 1918 mit seiner gesamten Familie von den in der Oktoberrevolution an die Macht gekommenen Bolschewiki ermordet.

Über die folgenden Jahre ist aus Sophies Leben lediglich überliefert, dass Mutter Anna Gesine im Februar 1925 an Magenkrebs stirbt. Vier Jahre später heiratet Bruder Hinrich Mathilde Oetken aus Kühlingen und führt mit ihr – Vater Johann Diedrich ist inzwischen 63 Jahre alt – den elterlichen Hof weiter. Sophie selbst heiratet unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 und siedelt auf den Hof ihres aus Hurrel stammenden, neun Jahre jüngeren Ehemannes Georg Tönjes über (heute: Heiko Pflug).

In den folgenden Jahren unterstützt Sophie Georg und dessen Vater Johann Friedrich bei der Bewirtschaftung des mehr als 20 Hektar großen Tönjes-Hofes. Kinder bringt die aus Sicht Sophies mit 39 Jahren relativ spät geschlossene Verbindung nicht hervor. Zehn Monate nach Beginn des Zweiten Weltkriegs – am 3. Juli 1940, Sophies 47. Geburtstag – stirbt Schwiegervater Johann Friedrich. Das Schicksalsjahr 1945 wird Sophie dann vermutlich auf ewig im Gedächtnis behalten: Am 25. April geht der Tönjes-Hof bei einem feindlichen Fliegerangriff in Flammen auf, unmittelbar darauf wird Hurrel von kanadischen Truppen eingenommen. Vier Tage vor Heiligabend stirbt in Habbrügge Vater Johann Diedrich.

Die ersten Nachkriegsjahre verbringen Sophie und Georg in einer alten Wehrmachtsbaracke. Nach dem Wiederaufbau stellt sich die Frage der Nachfolgeregelung, die beide 1963 durch die Adoption von Heinz Pflug lösen: Der älteste Sohn von Georgs Vetter Gerhard Pflug war bereits einige Jahre zuvor vom Hof seiner Eltern (heute: Inge Pflug) auf den Tönjes-Hof übergesiedelt. Mit Georg und Heinz lebt Sophie fortan bis zu Georgs Tod im Juli 1970 relativ zurückgezogen. Sie selbst stirbt am 18. August 1973 und wird drei Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.