Sophie Schnell – Biographie

Sophie Gesine Schnell wird am 25. November 1919 als zweites Kind von Johann Mönnich und Anna Mönnich auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Werner und Christa Schnell) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Hanna Münstermann.

Der Erste Weltkrieg, der auch über Hurrel viel Unglück und Leid gebracht hat, ist zum Zeitpunkt von Sophies Geburt bereits seit mehr als einem Jahr zu Ende. Dennoch halten seine Folgen Deutschland das ganze Jahr 1919 über in Atem – angefangen vom im Januar gescheiterten Spartakus-Aufstand über die Unterschrift von Reichsaußenminister Hermann Müller unter den Versailler Vertrag im Juni bis zum Mordanschlag auf den USPD-Vorsitzenden Hugo Haase im Oktober. Am 18. November schließlich begründet Paul von Hindenburg, während des Krieges Oberbefehlshaber der Kaiserlichen Armee, vor einem staatlichen Untersuchungsausschuss für die Schuldfragen des Weltkrieges die Dolchstoßlegende: Das deutsche Heer sei „im Felde unbesiegt“ geblieben, jedoch von den November-Revolutionären und durch den Waffenstillstand „von hinten erdolcht“ worden. Eine Verschwörungstheorie, die das politische Klima in der noch jungen Weimarer Republik über Jahre hinaus vergiftet.

Wie der äußerst holprige Start der ersten parlamentarischen Demokratie auf deutschem Boden in Hurrel aufgenommen wird und welche besonderen Ereignisse der Nachkriegszeit Sophie selbst in bleibender Erinnerung behält, darüber lässt sich nur spekulieren. Die kurz vor ihrem vierten Geburtstag im November 1923 einen dramatischen Höhepunkt erreichende Hyperinflation könnte ein solches Ereignis sein, vielleicht auch die erstmalige Vergabe des Friedensnobelpreises an einen Deutschen (Gustav Stresemann) drei Jahre später. Zu diesem Zeitpunkt besucht Sophie bereits die gegenüber dem Gasthof von Reinhard Asseln gelegene Volksschule, wo unter anderem Ilse Asseln, Lily Lange, Rosa Pape, Adele Sparke, Martha Stöver und Anneliese Schwarting zu ihren in etwa gleichaltrigen Mitschülerinnen gehören. Insbesondere mit Lily Lange pflegt sie auch über die Schulzeit hinaus eine enge Freundschaft.

Obwohl Sophies Eltern im November 1919 erst 31 beziehungsweise 27 Jahre alt sind, stellt sich in den folgenden anderthalb Jahrzehnten im Hause Mönnich kein weiterer Nachwuchs mehr ein. Spätestens um 1935 herum – aus der vergleichsweise weltoffenen Weimarer Republik ist inzwischen die auf den Alleinherrscher Adolf Hitler zugeschnittene Diktatur des Dritten Reiches geworden – kann sie sich deshalb angesichts des in der Gemeinde Hude geltenden Jüngstenrechts einigermaßen sicher sein, eines Tages den rund 20 Hektar großen Hof der Familie übernehmen zu können. Trotzdem geht Sophie nach dem Schulabschluss Informationen aus der Familie zufolge zunächst noch auf einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb in Dötlingen in Stellung. Um welchen Betrieb es sich dabei handelt und wie lange Sophie dort arbeitet, lässt sich heute allerdings nicht mehr rekonstruieren.

Kurz vor Sophies 20. Geburtstag bricht Anfang September 1939 der Zweite Weltkrieg aus. Er macht nicht nur Sophies ehemalige Schulkameraden Johann Albers, Gustav Drieling, Johann Lange, Willi Schütte, Werner Stöver und Georg Wieting zu Soldaten, sondern etwas später auch Erwin Schnell aus dem Nachbardorf Hemmelsberg. Letzteren lernt Sophie im Laufe des Jahres 1941 kennen, weil er auf dem Weg in die Kaserne regelmäßig auf der Bremer Straße durch Hurrel hindurch Richtung Delmenhorst radelt. Wann genau aus Sophie und Erwin ein Paar wird, ist nicht überliefert. Dass sie früher oder später heiraten wollen, dürfte jedoch zwischen ihnen schon vor Kriegsende ausgemachte Sache sein.

In den letzten Kriegsmonaten überschlagen sich auch in Sophies unmittelbarer Umgebung die Ereignisse. Schwester Hanna, seit April 1941 mit Heinrich Münstermann aus Almsloh verheiratet, kehrt Anfang 1945 mit ihrer dreijährigen Tochter Almuth auf den elterlichen Hof zurück. Es folgen die Ankunft der ersten Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten, die Besetzung Hurrels durch englische und kanadische Truppen und schließlich die Kapitulation der Wehrmacht. Während es für Hanna kein Wiedersehen mit ihrem seit März 1945 als vermisst geltenden Ehemann gibt, übersteht Erwin – wie Heinrich Münstermann an der bis zum Schluss erbittert umkämpften Ostfront eingesetzt – den Krieg unversehrt und ohne längere Gefangenschaft.

Sophie und Erwin heiraten am 30. Mai 1947 – wenige Wochen, bevor das britische Königshaus die Verlobung von Kronprinzessin Elizabeth mit Philip Mountbatten bekanntgibt. Vom Glanz, der die sechs Monate später in London gefeierte Adelshochzeit umgibt, können beide jedoch nur träumen: Zwei Jahre nach Kriegsende fehlt es in Hurrel wie überall im in Trümmern liegenden Deutschland nach wie vor an fast allem Notwendigen. Das wenige Vorhandene teilt Sophie außer mit Erwin, ihren Eltern, Schwester Hanna und Nichte Almuth auch mit dem aus Schlesien geflohenen Ehepaar Männchen, das in jenen Jahren auf dem Mönnich-Hof wohnt.

Immerhin, nach der im Juni 1948 vollzogenen Währungsreform geht es allmählich bergauf. Die Startbedingungen sind dabei für Sophie und Erwin gar nicht mal schlecht: Da Erwins jüngerer Bruder Helmuth sich beruflich anders orientiert, können sie den Schnell-Hof in Hemmelsberg von Beginn an mitbewirtschaften. Somit verfügen sie über mehr als 30 Hektar Betriebsfläche – die formell natürlich noch zum größten Teil Sophies weiter voll im Betrieb mitarbeitenden Eltern gehören. Hanna und Almuth hingegen ziehen 1949 auf den in der Nachbarschaft gelegenen Hof von Johann Diers, dessen Ehefrau Anni bei der Geburt der gemeinsamen Tochter Marlene ihr Leben gelassen hat.

Mehr als sechs Jahre nach der Hochzeit stellt sich bei Sophie und Erwin noch immer kein eigener Nachwuchs ein. Deshalb beschließen beide im Laufe des Jahres 1953, ein Kind anzunehmen. Ihre Wahl fällt auf den zum Zeitpunkt der Adoption im Sommer 1954 sechs Monate alten Werner Kayser, der seit dem Tod seiner Mutter in einem Kinderheim in Oldenburg lebt. Kurz darauf siedelt Erwins Vater Arthur, dessen Ehefrau Frieda im Januar 1954 nach längerer Krankheit gestorben ist, auf den Mönnich-Hof über.

In den 60er Jahren vergrößern Sophie und Erwin den Hof durch mehrere Landkäufe. Die Zahl der dort lebenden Personen hingegen verringert sich: Im Oktober 1964 stirbt Arthur Schnell, im Juli 1968 kurz nach seinem 80. Geburtstag Johann Mönnich. Am 30. Mai 1972 gibt es dann im Gasthof von Bodo Mehrings eine Doppelhochzeit zu feiern: Sophie und Erwin begehen ihre Silberhochzeit, Werner heiratet seine Freundin Christa Einemann. Beide haben Sophie durch die Geburt ihres Sohnes Olaf im Mai 1971 bereits im Vorjahr zur Großmutter gemacht. Mit Martina (Februar 1974) und Nicole (Juni 1982) kommen in den folgenden Jahren noch zwei weitere Enkelkinder hinzu. Im April 1983 schließlich stirbt Sophies Mutter Anna im Alter von 91 Jahren.

Zu diesem Zeitpunkt wohnt Erwin bereits seit einigen Jahren in Oldenburg, wo er Mitte der 70er Jahre einen Posten in der Hausverwaltung des Ingenieurbüros Eriksen angenommen hat. Sophie arbeitet derweil weiter im schon vor Erwins Auszug von Werner und Christa bewirtschafteten Betrieb mit – bis zu ihrem plötzlichen Zusammenbruch im Herbst 1985. Was zunächst wie ein typischer Schlaganfall aussieht, entpuppt sich nach eingehender Untersuchung im Evangelischen Krankenhaus in Oldenburg als Hirntumor. Nach kurzer Leidenszeit stirbt Sophie am 11. Januar 1986. Beerdigt ist sie vier Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.