Martha Osterthun – Biographie

Martha Adele Osterthun wird am 24. August 1902 als zweites Kind von Johann Bleckwehl und Sophie Bleckwehl auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Angelika Mielke) geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Johann Hinrich Bleckwehl und die ältere Schwester von Alma Rüdebusch, Emma Bleckwehl und Anni Diers. Darüber hinaus hat sie noch eine weitere Schwester, die aber im Januar 1905 unmittelbar nach der Geburt stirbt und deshalb namenlos bleibt.

Zwei Tage vor Marthas Geburt entsteht in Detroit die Cadillac Automobile Company. Im Grunde genommen handelt es sich dabei um kein neues Unternehmen, sondern lediglich um eine Umbenennung: Gegründet wurde es im August 1899 durch Henry Ford als Detroit Automobile Company. Diese erste Automobilbau-Firma in der aufstrebenden Großstadt am Detroit River kommt allerdings nicht aus den roten Zahlen, so dass Ford im November 1901 mit neuen Geldgebern unter dem Namen Henry Ford Company einen zweiten Anlauf nimmt. Auch dieser ist jedoch nicht von langer Dauer: Ford überwirft sich mit Henry Leland, einem von seinen Geldgebern angeheuerten Berater, und verlässt das Unternehmen mit 900 Dollar Abfindung und den Namensrechten. Leland wiederum überredet die Eigner durchzuhalten und übernimmt unter dem neuen Namen – eine Hommage an Antoine de la Mothe Cadillac, den Gründer Detroits – selbst die Regie.

Schon im Oktober 1902 rollt das erste Cadillac-Modell aus dem Werk. Es basiert noch auf den Plänen von Henry Ford und weist mit Ausnahme des Motors starke Ähnlichkeit mit dem im Folgejahr von Fords neuer Firma auf den Markt gebrachten Modell A auf. Im Verkauf liegt allerdings zunächst Cadillac vorn: Auf der New York Auto Show von 1903 erhält das Unternehmen mehr als 2.000 Bestellungen.

Maßstäbe setzt Cadillac in den folgenden Jahren unter anderem dadurch, dass die von verschiedenen Zulieferern stammenden Komponenten der Automobile beliebig austauschbar sind – ein erster Schritt in die Massenfertigung, die Ford einige Jahre später mit der Einführung des Fließbands perfektionieren wird. Dadurch, dass Chrysler 1912 seine Modelle als erster Hersteller mit den elektrischen Anlassern des US-Tüftlers Charles Kettering ausstattet, läutet das seit 1909 zu General Motors gehörende Unternehmen zudem die fortan mehr als 100 Jahre lang bestehende Dominanz von Verbrennungs- gegenüber Elektromotoren ein.

Nicht nur in den USA gibt es in der Anfangsphase des Automobilbaus Dutzende von Herstellern – auch das Deutsche Reich hat zu dieser Zeit weit mehr zu bieten als die Fahrzeuge der Motorisierungs-Pioniere Carl Benz und Gottlieb Daimler. Im Großherzogtum Oldenburg, zu dem Hurrel gehört, existiert beispielsweise seit 1905 die Hansa-Automobil Gesellschaft in Varel, in Bremen gehen nur ein Jahr später die Norddeutsche Automobil- und Motorenwerke an den Start. Doch obwohl Martha mit ihrer Familie direkt an der späteren, von Travemünde über Bremen nach Oldenburg führenden Bundesstraße 75 wohnt, bekommt sie als Kind vermutlich nur sehr selten eines der rumpelnden und stinkenden Gefährte zu Gesicht. Mit ihrer 1906 geborenen Schwester Alma oder den in etwa gleichaltrigen Nachbarskindern Clara Wiedau und Martha Wieting die Straße zum Spielen zu nutzen, birgt also kaum Gefahren.

Im Sommer 1914, Martha besucht inzwischen die sechste Klasse der örtlichen Volksschule, ändert sich das beschauliche und weitgehend autofreie Leben in Hurrel von Grund auf: Der Erste Weltkrieg beginnt, und Vater Johann nimmt wie viele andere Männer des Dorfes daran teil. Als ältestes noch lebendes Kind wird Martha fortan noch stärker als bisher in die Bewirtschaftung des elterlichen Hofes eingebunden sein und sich vermutlich auch so manches Mal um die 1912 geborene Schwester Anni kümmern müssen. Ob Mutter Sophie zu diesem Zeitpunkt bereits unter Herzasthma leidet, ist in der Familie nicht mehr bekannt. Sie stirbt im Januar 1924, knapp sechs Jahre nach Johanns Rückkehr aus dem verlorenen Weltkrieg und unmittelbar nach Ende der verheerenden Hyperinflation.

Marthas weiterer Lebensweg nach dem Tod der Mutter liegt heute weitgehend im Dunkeln. Sie heiratet Adolf Osterthun aus Sandhatten, die Ehe bleibt wie die Ehe von Schwester Alma mit Heinrich Rüdebusch aus Munderloh kinderlos. Nach dem Tod von Vater Johann im Herbst 1947 und Hoferbin Anni anderthalb Jahre später zieht es Martha nur noch selten in ihr Elternhaus nach Hurrel zurück – der einzige überlieferte Besuch bei Annis verwitwetem Ehemann Johann Diers findet im Frühjahr 1963 anlässlich der Konfirmation von Marthas Nichte Marlene statt. Ob der Kontakt zwischen Martha und Alma in Munderloh intensiver ist, lässt sich nur vermuten.

Martha stirbt am 23. März 1973 nach längerer Krankheit. Beerdigt ist sie fünf Tage später auf dem Neuen Friedhof in Kirchhatten.