Marta Johanna Spreen wird am 28. Dezember 1903 als zweites Kind von Berend Spille und Anna Spille in Dingstede geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Emma Gesine Kruse.
Zwei Tage nach Martas Geburt bricht in Chicago im kurz zuvor eröffneten Iroquois Theater ein Feuer aus, das 602 Menschenleben fordert. Gemessen an der Opferzahl ist es bis heute die schlimmste ein einzelnes Gebäude betreffende Brandkatastrophe in der Geschichte der USA. Ausgelöst wird sie von einem Scheinwerfer, der eine mit leicht entflammbaren Ölfarben auf Segeltuch gemalte Kulisse entzündet. Ein eilig hinabgelassener Vorhang aus feuerfestem Asbest, der in derartigen Fällen Bühne und Zuschauerraum voneinander trennen soll, verkeilt sich in seinen hölzernen Schienen und bietet keinen Schutz. Als daraufhin die Darsteller durch eine Tür hinter der Bühne ins Freie fliehen, gibt die einströmende kalte Luft dem Feuer neue Nahrung. Panik breitet sich aus, mit Eisengittern verschlossene Ausgänge und nur nach innen zu öffnende Türen machen die Katastrophe perfekt.
Das Feuer im Iroquois Theater ist nur der Auftakt zu einer ganzen Serie weltweiter Brandkatastrophen. Die nächsten, fast im Monatstakt folgenden Ereignisse verlaufen allerdings deutlich glimpflicher. Wie durch ein Wunder sind weder beim Stadtbrand von Ålesund (Januar 1904) noch beim Great Baltimore Fire (Februar 1904) und beim Stadtbrand von Toronto (April 1904) Tote zu beklagen.
Glück im Unglück haben vor allem die Bewohner Ålesunds im westlichen Norwegen. Zwar werden dort mehr als 800 Häuser zerstört und 10.000 Menschen obdachlos. Doch Hilfe naht unverzüglich, auf den Weg gebracht von allerhöchster Stelle. Weil Wilhelm II. ein großer Norwegen-Fan ist und mit seiner Yacht „Hohenzollern“ nahezu jeden Sommer vor Ålesund ankert, schickt der deutsche Kaiser vier Schiffe der Reichsmarine, die bei Temperaturen von minus 20 Grad Celsius als Notunterkunft dienen. Einen großen Teil der Kosten für Lebensmittel und Medikamente finanziert Wilhelm darüber hinaus aus seinem Privatvermögen. Zum Dank errichten ihm die Ålesunder Bürger 1910 im Stadtpark ein sieben Meter hohes Denkmal. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 macht Wilhelm weiterhin jedes Jahr mit seinem Tross vor Ort Station.
Als der Weltenbrand von 1914 im übertragenen Sinne in ganz Europa die Lichter ausgehen lässt, hat Marta sehr wahrscheinlich gerade die vierte Klasse der Volksschule in Dingstede beendet. Zu diesem Zeitpunkt sind sie und ihre sieben Jahre ältere Schwester bereits Halbwaisen. Nach dem Tod des aus Neerstedt stammenden, als Heuermann arbeitenden Vaters im Januar 1910 wohnt Marta weiter mit Mutter Anna Katharina am westlichen Dorfrand unweit des heutigen Golfplatzes – in einem kleinen Heuerhaus, das zum Hof von Martas Großvater Diedrich Schütte (heute: Stefan und Wiebke Schütte) gehört.
Als der Krieg im November 1918 mit einer Niederlage Deutschlands zu Ende geht und Wilhelm II. abdankt, hat Marta die Volksschule bereits verlassen. Die folgenden Jahre ihres Lebens liegen heute weitgehend im Dunkeln. Einziger Fixpunkt: Im November 1925 wird sie Mutter von Zwillingen, ohne dass der Vater von Alma und Dietrich sich zu seinen Kindern bekennt. Danach lebt Marta wieder im Haushalt ihrer Mutter, die 1933 stirbt. Auch wenn sie für das mittlerweile ihrem Onkel Johann Friedrich Schütte gehörende Heuerhaus vermutlich nicht viel Miete zahlt, hat Marta in den Jahren danach sicher Mühe, mit Alma und Dietrich einigermaßen über die Runden zu kommen.
Eine alleinstehende Mutter mit zwei Kindern und ein Witwer mit ebenfalls zwei Kindern im Abstand von nur wenigen Kilometern – das ist damals eine Konstellation, die eher früher als später Nachbarn und Verwandte dazu animiert, eine neue Verbindung zu arrangieren oder zumindest anzustoßen. Dem Vernehmen nach ist dies auch bei Marta und Bernhard Spreen aus Hurrel der Fall, wobei nähere Details nicht überliefert sind. Wie auch immer: Am Ende steht die im Mai 1939 geschlossene Ehe, die Marta kurzzeitig auf den Hof ihrer Schwiegereltern Friedrich und Mathilde Spreen (heute: Wilfried und Karin Spreen) an der Pirschstraße führt. Dort kümmert sich Marta fortan nicht nur um ihre sieben und vier Jahre alten Stiefkinder Fritz und Heinz, sie wird kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs auch noch einmal schwanger. Im April 1940 kommt Sohn Benno zur Welt.
Im Laufe des Jahres 1942 kehrt Marta mit Bernhard, Fritz und Heinz nach Dingstede zurück. Die Familie bezieht ein damals noch Tönjes Diedrich Grashorn, später dann Johann Rodiek gehörendes Heuerhaus an der Nutteler Straße. Kurz darauf erhält Bernhard als Folge des nach dem Angriff auf die Sowjetunion immer härter tobenden Krieges seinen Stellungsbefehl zur Wehrmacht. Danach sieht Marta ihren Mann sechs Jahre lang nur noch sporadisch beziehungsweise drei Jahre überhaupt nicht – er gerät an der Ostfront in Gefangenschaft und wird erst 1948 aus einem sowjetischen Lager entlassen.
Ab etwa 1950 wohnen Marta und Bernhard mit Benno, Fritz und Heinz bei Georg Schnier, in dessen Betrieb Bernhard mitarbeitet (heute: Heinz-Georg Schnier). Daneben bewirtschaftet die Familie ein zwei Hektar großes Stück Pachtland und hält auch einige Kühe, Schweine und Hühner. Fritz zieht bald darauf ins Ruhrgebiet, Heinz findet Arbeit auf dem nicht weit entfernt liegenden Hof von Georg Osterloh (heute: Wilfried und Rita Osterloh). Martas längst erwachsener Sohn Dietrich Spille wiederum verdient sein Geld im Lohnbetrieb von Horst Osterloh, Tochter Alma Spille heiratet 1961 Hans-Joachim Daue aus Neuenkoop.
Kurz nach Almas Hochzeit gilt es für die Familie zwei Schicksalsschläge zu verdauen. Heinz Spreen, durch Wachstumsstörungen körperlich etwas zurückgeblieben und seit längerem bei schwacher Gesundheit, stirbt im Mai 1962 im Alter von nur 27 Jahren. Dietrich Spille wiederum erleidet schwere Verbrennungen, als er in der Nähe von Oldenburg auf einem Feld arbeitet und direkt neben seinem Mähdrescher ein Flugzeug vom Himmel fällt.
Im Oktober 1965 verlässt Marta nach knapp sechs Jahrzehnten Dingstede und zieht mit ihrer Familie auf einen rund 16 Hektar großen Pachthof am Welsburger Damm in Bergedorf. Dort wartet weiter viel Arbeit auf sie, denn Sohn Benno – seit Januar 1964 mit Erika Einemann aus Klattenhof verheiratet – verdient sein Geld ab 1969 hauptberuflich als Lagerverwalter bei Schütte Aluminium. Ehemann Bernhard wiederum, ohnehin durch eine Kriegsverletzung gehandicapt, ist im Alter nur noch bedingt belastbar. Er stirbt im September 1975 nach kurzem Krankenhausaufenthalt an einer Lungenentzündung.
Marta selbst gehört auch jenseits der 70 zu jener Sorte Mensch, die ständig in Bewegung sein müssen. Wenn sie nicht gerade auf ihre zwischen 1964 und 1973 geborenen Enkeltöchter Marlies, Monika, Meike, Marga und Marion aufpasst, hilft sie im Haushalt und bei der Getreideernte, verarbeitet an Schlachttagen zusammen mit Tochter Alma Dutzende von Hühnern oder hackt Holz – letzteres auch noch im Alter von 90 Jahren.
Ihren 95. Geburtstag feiert Marta im Dezember 1998 bei noch immer guter Gesundheit im Schützenhof in Neerstedt. Im Jahr darauf übersteht sie die nach einem Oberschenkelhalsbruch nötige Operation besser als erwartet, kommt dann aber doch nicht wieder richtig auf die Beine. Sie stirbt am 21. April 2000 im Krankenhaus in Delmenhorst und wird fünf Tage später auf dem Neuen Friedhof in Kirchhatten beerdigt.