Lore Sanders – Biographie

Lore Margret Sanders wird am 13. Juni 1938 als erstes Kind von Otto Mehrings und Karla Mehrings geboren. Sie ist die ältere Schwester von Bodo Mehrings und verbringt die ersten Monate ihres Lebens in Kirchhatten, wo Vater Otto als Bäckermeister arbeitet.

Im Frühsommer 1938 steuert die Welt angesichts der aggressiven Außenpolitik der Nationalsozialisten nahezu unaufhaltsam auf einen weiteren großen Krieg zu – der im Fernen Osten schon fast ein Jahr lang tobt. Im Juli 1937 haben japanische Truppen mit der Eroberung Chinas begonnen und erringen dabei Sieg um Sieg. Schließlich sieht der Oberbefehlshaber der zunächst noch bürgerkriegsgeschwächten chinesischen Armee, General Chiang Kai-shek, nur einen Weg, den Gegner aufzuhalten: Am 9. Juni 1938 lässt er an den Ufern des Gelben Flusses mehrere Deiche sprengen. Die dadurch ausgelöste Überschwemmung kostet Schätzungen zufolge bis zu eine Million Chinesen das Leben und macht – ohne nennenswerten militärischen Erfolg – Millionen weitere obdachlos.

In Mitteleuropa herrscht dagegen nach dem im März 1938 erzwungenen Anschluss Österreichs an Deutschland noch gespannte Ruhe. Zwar stichelt am 12. Juni auf einem Gau-Parteitag in Pommern der Führer-Stellvertreter Rudolf Heß bereits gegen das nächste Angriffsziel, indem er die Tschechoslowakei zu einem „Gefahrenherd für den Frieden“ erklärt. Parallel dazu laufen die geheim gehaltenen Vorbereitungen zum Bau des Westwalls, der an der Grenze zu Frankreich einen Zwei-Fronten-Krieg verhindern soll, auf Hochtouren. Offiziell stehen jedoch zivile Projekte im Vordergrund der NS-Propaganda. So beginnt am 14. Juni mit der Grundsteinlegung für das Haus des Fremdenverkehrs die von Albert Speer propagierte Umgestaltung Berlins zur „Reichshauptstadt Germania“.

Keine besonders guten Voraussetzungen also für eine unbeschwerte Kindheit – auch nicht im eher beschaulichen Hurrel, wo Lores Eltern im Oktober 1938 die Bäckerei, Gastwirtschaft und Handlung von Reinhard und Adele Asseln (heute: Hajo und Dagmar Mehrings) pachten. Tatsächlich dauert es nicht einmal ein Jahr, bis Otto Mehrings zum Wehrdienst eingezogen wird, ohne Rücksicht auf den gerade erst zehn Tage zuvor geborenen Sohn Bodo. Zwei Wochen später beginnt mit dem Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg, und Lore bekommt ihren Vater bis 1946 so gut wie gar nicht mehr zu Gesicht.

Als im Mai 1945 endlich wieder Frieden herrscht, besucht Lore bereits die ihrem Elternhaus direkt gegenüberliegende Volksschule Hurrel. Ein traumhaft kurzer Schulweg, doch die übrigen Bedingungen sind in jenen bitteren Tagen und auch in den Jahren danach alles andere als ideal: Einen funktionierenden Staat als Schulträger gibt es nicht mehr, die Zahl der zu unterrichtenden Kinder hat sich angesichts der im Dorf untergekommenen Flüchtlinge fast verdoppelt und es fehlt – gerade im Hungerwinter 1946/47 – am Allernötigsten. Erst nach der 1948 eine Woche vor Lores zehntem Geburtstag in Kraft tretenden Währungsreform und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland bessern sich die Zeiten allmählich wieder etwas.

Die wenige freie Zeit neben der Schule und der Hilfe im elterlichen Betrieb, zu dem damals auch noch eine kleine Landwirtschaft gehört, verbringt Lore mit Freundinnen wie Gerda Schütte, Lore Schmerdtmann, Karla Heinemann, Frieda Stöver oder Helga Grübner. Sehr aktiv ist sie Anfang der 50er Jahre im nach langer Pause zu neuem Leben erwachten Hurreler Radfahrverein „Wanderlust“, für den sie des Öfteren Wettkämpfe bestreitet.

Nachdem sie nach ihrem Schulabschluss im Frühjahr 1953 zunächst weiter bei ihren Eltern arbeitet, nimmt Lore zwei Jahre später in Bookholzberg eine Stellung im Haushalt von Wilhelm Ohrt an, dem örtlichen Vertreter des Margarine-Produzenten Homann. Dort bleibt sie allerdings nur wenige Monate, denn in der Zwischenzeit wird Otto Mehrings die Poststelle für Hurrel übertragen. Fortan arbeitet Lore als Postbotin: Mit dem Fahrrad fährt sie an jedem Werktag bei Wind und Wetter ihre Tour, die sie im Süden bis kurz vor Dingstede und im Norden die Hurreler Straße hinauf bis zum Haus von Heinrich Brinkmann führt. Zurück geht es über den Postweg durch den Hurreler Sand. Unterstützung bekommt Lore dabei von Artur Sanders aus Dingstede. Die beiden sind seit dem Hurreler Weihnachtsball 1954 ein Paar, sie heiraten am 30. Oktober 1956.

Nach der Hochzeit richtet sich Lore mit Artur im elterlichen Haushalt eine provisorische Wohnung ein. Bald nach der Geburt von Sohn Uwe im Januar 1957 beginnen Artur und dessen Vater Diedrich Sanders – beides gelernte Maurer – mit umfangreichen Umbauarbeiten, die dem Gasthof Mehrings nach und nach sein heutiges Aussehen geben. In jene Zeit fällt auch die Entscheidung von Reinhard Asseln, den bislang nur verpachteten Betrieb an Otto und Karla Mehrings zu verkaufen. Er zieht 1958 mit Frau Adele in ein zuvor ebenfalls von Artur und Diedrich Sanders errichtetes Altenteiler-Haus und schafft dadurch weiteren Freiraum für Lores Familie, zu der seit November 1960 auch Tochter Meike gehört.

Mit Meikes Geburt beschränkt sich Lore darauf, in der Gastwirtschaft und im Laden auszuhelfen, die täglichen Postfahrten übernimmt fortan Bruder Bodo. Unmittelbar vor dessen Hochzeit mit Ursel Dählmann aus Lintel im Februar 1964 beziehen Lore und Artur mit den Kindern ihr eigenes, zuvor in Dingstede an der Nutteler Straße errichtetes Haus. Trotzdem sind beide auch in den folgenden Jahren häufig in Hurrel anzutreffen, wo sie – insbesondere nach dem frühen Tod von Lores Vater Otto im September 1971 – beim alljährlichen Schützenfest und bei Hochzeiten und anderen größeren Feiern nahezu unentbehrlich sind.

Während Artur im Baubetrieb von Johann Garms in Bergedorf arbeitet, zieht Lore die Kinder groß. Im August 1986 wird sie Großmutter: Tochter Meike, die mit ihrem Mann Herwig Schröder 1988 ein abermals von Artur gebautes Haus in der direkten Nachbarschaft bezieht, bekommt ihren ersten Sohn Lars. Der zweite Sohn Dennis folgt drei Jahre später. Ebenfalls 1986 fahren Lore und Artur zum ersten Mal in Urlaub und verbringen eine Woche in der Rhön. Für Lore ist es der Auftakt zu einer Reihe weiterer gemeinsamer Reisen: Zu ihrem bevorzugtem Urlaubsort entwickelt sich Boppard am Mittelrhein, doch auch das Sauerland und diverse Ziele in Mecklenburg-Vorpommern besucht sie in den folgenden zwei Jahrzehnten mehrfach. Viel Zeit verbringt sie darüber hinaus im Schützenverein Sandersfeld, wo sie 1975 zu den Mitgründerinnen der Damenabteilung gehört, und mit den Dingsteder Kegelfrauen.

Um die Jahrtausendwende gibt es in der Familie kurz hintereinander zwei Todesfälle. Am 13. Juni 1999 – Lores 61. Geburtstag – stirbt zunächst Mutter Karla. Gänzlich unerwartet trifft Lore dann der Tod von Sohn Uwe im März 2000. Noch bevor sie über diesen Verlust hinwegkommen kann, folgt im April 2004 Bruder Bodo.

Ihre Goldene Hochzeit mit Artur feiert Lore im Oktober 2006 bei guter Gesundheit im Gasthof Brüers in Munderloh. Knapp sechs Jahre später, am 5. Oktober 2012, erleidet sie infolge eines Aneurysmas einen Schlaganfall, von dem sie sich nicht mehr erholt. Sie stirbt am 17. April 2013 nach längerer Leidenszeit im Klinikum Delmenhorst und wird sechs Tage später auf dem Neuen Friedhof in Kirchhatten beerdigt.