Johann Tönjes wird am 14. August 1840 als zweites Kind von Hinrich Tönjes und Anna Tönjes auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Ingo Stöver und Sara Bolte) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Johann Heinrich Tönjes und der ältere Bruder von Bernhard Tönjes, Meta Barkemeyer, Diedrich Tönjes, Hinrich Tönjes Junior, Hermann Tönjes, Anna Sophia Catharina Tönjes, Catharine Schwarting und Sophie Wilkens.
Einen Tag nach Johanns Geburt feiert der Hamburger Vorort Wandsbek den 100. Geburtstag von Matthias Claudius. Höhepunkt ist die Grundsteinlegung eines Denkmals im Wandsbeker Gehölz, das neben den Lebensdaten des Dichters auch einen Wanderstock, einen Hut und eine Tasche zeigt – in dieser Kombination Erkennungsmerkmal der zwischen 1771 und 1775 von Claudius redigierten Tageszeitung „Wandsbecker Bothe“. Für das weit über den Großraum Hamburg hinaus bekannte, aber wirtschaftlich nur wenig erfolgreiche Medium schrieben einst Berühmtheiten wie Johann Wolfgang von Goethe, Johann Gottfried Herder oder Gotthold Ephraim Lessing. Bekannt ist Claudius darüber hinaus für sein 1779 erstmals veröffentlichtes Gedicht „Abendlied“. Mit der berühmt gewordenen ersten Strophe „Der Mond ist aufgegangen/Die goldnen Sternlein prangen/Am Himmel hell und klar/Der Wald steht schwarz und schweiget/Und aus den Wiesen steiget/Der weiße Nebel wunderbar“ gehört es zu den bekanntesten Werken der deutschen Literatur.
In der Erinnerung an einen zweiten, bis heute eng mit Norddeutschland verbundenen Dichter ist der August 1840 ebenfalls ein ganz besonderer Monat. In Dömitz wird der damals 29-jährige Jura-Student Fritz Reuter aus siebenjähriger Festungshaft entlassen. Dorthin geraten war er als Mitglied der Jenaischen Burschenschaft Germania, die der Obrigkeit nach dem gescheiterten Frankfurter Wachensturm vom April 1833 als gefährlicher Hort von Hochverrätern galt. Obwohl Reuter weder am Umsturzversuch in Frankfurt noch an sonstigen gewalttätigen Aktionen teilgenommen hatte, wurde er zum Tod durch das Beil verurteilt, das Urteil aber gleich darauf in 30 Jahre Festungshaft umgewandelt.
Auf freien Fuß kommt Reuter, weil Preußens neuer König Friedrich Wilhelm IV. gleich zu Beginn seiner Amtszeit eine Amnestie für politische Gefangene verkündet und somit im mit den politischen Zuständen höchst unzufriedenen liberalen Bürgertum Hoffnungen auf mehr Mitsprache weckt. Eine Hoffnung, die sich schon bald zerschlägt – was wiederum acht Jahre später die Märzrevolution von 1848 auslöst. Doch auch sie scheitert, und führende Köpfe wie Friedrich Hecker, Gustav Struve, Carl Schurz oder Lorenz Brentano sehen sich in der Folge zur Auswanderung nach Nordamerika gezwungen.
Zu diesem Zeitpunkt besucht Johann in Hurrel mit seinen Brüdern Johann Heinrich und Bernhard bereits die Volksschule im Nachbardorf Lintel. Zu Johanns in etwa gleichaltrigen Mitschülern gehören unter anderem Catharine Ellinghusen, Röbe Haverkamp, Bernhard Lüning, Johann Pieper, Anna Witte und Hermann Heinrich Wübbenhorst. Als eines der älteren Kinder wird er neben der Schule früh in die Bewirtschaftung des elterlichen Hofes am Hesterort eingebunden sein. Zwei seiner Geschwister lernt Johann nur kurz kennen: Bruder Hermann stirbt im Juli 1854 im Alter von zweieinhalb Jahren, Schwester Anna Sophia ein Jahr später mit 18 Monaten.
Ob Johann beim Tod des Vaters im März 1861 noch in Hurrel lebt und arbeitet, liegt heute im Dunkeln. Gleiches gilt für die näheren Umstände und den Zeitpunkt seiner Auswanderung. In jedem Fall ist er einer der ersten von später vielen Hurrelern, die diesen Weg gehen – vielleicht inspiriert durch die Erzählungen seines früheren Schulkameraden Röbe Haverkamp: Ein Schwager von Röbes in Holle verheirateter Schwester Beta hat Deutschland mit seiner Familie bereits 1854 den Rücken gekehrt und sich in Nebraska angesiedelt. Ihm gefolgt sind zahlreiche weitere Mitglieder der Kirchengemeinden Holle und Neuenhuntorf. Auch Beta, Ehemann Tönjes Hinrich Mönnich sowie Betas und Röbes jüngere Schwester Gesine Haverkamp besteigen im Frühjahr 1869 eines der regelmäßig zwischen Bremerhaven und New York verkehrenden Auswandererschiffe.
Neben Nebraska und Iowa – dort landet 1864 der ehemalige Hurreler Hermann Brockshus – kristallisiert sich vor allem Chicago als Anlaufpunkt für viele deutsche Auswanderer heraus. In der Stadt am Michigan-See, deren Einwohnerzahl zwischen 1850 und 1870 von 30.000 auf 300.000 steigt, muss irgendwann auch Johann Quartier beziehen. Möglicherweise zusammen mit seinem Bruder Bernhard, denn auch dieser lebt in Chicago, als im Frühsommer 1893 die jüngste Schwester Sophie mit Ehemann Heinrich Wilkens nachkommt.
Indes, ein Wiedersehen gibt es für Sophie und Johann in der neuen Heimat nicht. Wie einem entsprechenden Eintrag im Kirchenbuch der Gemeinde Hude zu entnehmen ist, stirbt Johann bereits am 2. März 1873 in einem Chicagoer Hospital an Pocken. Insofern tragisch, als er gegen diese Krankheit als Kind nachweislich geimpft wurde. Wo Johann anschließend seine letzte Ruhestätte findet, ist nicht überliefert.