Johann Lange – Biographie

Johann Lange wird am 10. Januar 1856 als zweites Kind von Johann Lange Senior und Anna Margarete Lange auf dem elterlichen Pachthof in Döhlen geboren. Er ist der jüngere Bruder von Johann Heinrich Lange und hat zudem mit Friedrich Wilhelm Lange einen jüngeren Halbbruder aus der zweiten Ehe seines Vaters mit Catharine Margarete Garmhausen.

In welch katastrophalen hygienischen Verhältnissen weite Teile der Menschheit Mitte des 19. Jahrhunderts noch immer leben, illustrieren beispielhaft zwei mit Johanns Geburtsjahr verknüpfte Ereignisse. Zum einen ist da die Bilanz des im März 1856 endenden Krim-Kriegs: Zwar kommt es in dieser von Russland gegen das Osmanische Reich und dessen Verbündete Großbritannien, Frankreich und Sardinien geführten Auseinandersetzung zum ersten Mal in der Militärgeschichte zu einem ausgedehnten Stellungskrieg und zum Einsatz moderner Artillerie. Trotzdem sterben auf beiden Seiten mehr Soldaten an Seuchen wie Ruhr und Cholera als durch feindliche Angriffe.

Zum anderen beginnt 1856 die rund 20 Jahre dauernde Anhebung von Chicago. Um Platz für ein modernes Abwassersystem zu schaffen, werden im Zentrum der rasant wachsenden Stadt Straßen, Bürgersteige und Häuser um bis zu 2,5 Meter nach oben verschoben. Eine enorm kostspielige Aktion, die aber letztlich unumgänglich ist: Zuvor grassieren angesichts des sumpfigen Untergrunds und der Nähe zum Michigansee immer wieder Ruhr, Cholera und Typhus. Ähnliches gilt für die britische Metropole London, wo spätestens der „Große Gestank von 1858“ alle politisch Verantwortlichen mit der Nase darauf stößt, dass in punkto Hygiene dringender Handlungsbedarf besteht.

Als das britische Parlament noch im selben Jahr den Bau des Londoner Abwassersystems beschließt, ist Johann im rund 600 Kilometer entfernten Döhlen bereits Halbwaise: Mutter Anna Margarete stirbt im Dezember 1857, neun Monate nach dem Tod des Bruders Johann Heinrich. Über die jeweilige Todesursache liegen keine gesicherten Informationen vor – die Vermutung, dass das hygienische Umfeld und das mangelnde Wissen über die Ursachen und die Verbreitung von Infektionskrankheiten eine Rolle spielen, liegt jedoch nahe.

Nur sieben Monate nach dem Tod der ersten Ehefrau heiratet Johanns Vater ein zweites Mal, die neue Stiefmutter ist als Schwester der leiblichen Mutter zugleich seine Tante. Vier Tage vor seinem 14. Geburtstag verliert Johann im Januar 1870 dann auch den Vater.

Wohin es Johann nach dem Abschluss der Volksschule und der Auflösung des elterlichen Haushalts verschlägt, lässt sich nicht mehr mit Gewissheit sagen. Überliefert ist für die folgenden 15 Jahre lediglich der Tag seiner Hochzeit mit Marie Reineke am 10. November 1883 in Kirchhatten. Kurz darauf zieht es das junge Paar nach Hurrel, wo am 7. Dezember 1885 der älteste Sohn Friedrich geboren wird. Vermutlich haben Johann und Marie zu diesem Zeitpunkt bereits den heute von der Familie ihres Urenkels Helmut Braun bewirtschafteten Hof gepachtet, den sie schließlich 1887 kaufen.

Nach dem Kauf, der Johann vom Heuermann zum Brinksitzer befördert, kommen sieben weitere Kinder zur Welt: neben einer im Oktober 1893 namenlos verstorbenen Tochter noch Katharine (Juli 1888), Johann Junior (März 1891), Georg (August 1895), Wilhelm (März 1898), August (Oktober 1900) und Martha (November 1904).

Wie viele andere Branchen im kaiserlichen Deutschland befindet sich in den beiden Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg auch die Landwirtschaft im Aufschwung, die Produktivität steigt deutlich. Trotzdem ist es bemerkenswert, dass Johann seine am Ende neunköpfige Familie mit den Erträgen des doch vergleichsweise kleinen Besitzes durchbringt. Schließlich sind an dieser Aufgabe schon diverse Vorbesitzer gescheitert: Seit der Ersterwähnung im Jahre 1693 hat der heutige Braun-Hof insgesamt sechsmal durch Verkauf statt durch Vererbung den Besitzer gewechselt, deutlich häufiger als bei den meisten anderen Hurreler Siedlungsstellen.

Wann genau Johann sich auf Sohn Georg als Hoferben festlegt, ist nicht überliefert. Laut Jüngstenrecht hätte dessen Bruder August den Betrieb fortführen können; dieser zieht es jedoch vor, Lehrer zu werden. Auch der Zeitpunkt des – offiziell erst mit Johanns Tod 1933 vollzogenen – Übergangs auf die nächste Generation lässt sich nur erahnen, es dürfte aber Johanns 65. Geburtstag im Januar 1921 gewesen sein. Dafür spricht unter anderem, dass Georg kurz zuvor geheiratet hat und der Geburt seines ersten Kindes entgegensieht.

Nach der Übergabe des Hofes arbeiten Johann und Marie weiter im Betrieb mit, beide erleben die Hyperinflation von 1923 und den sich in den Jahren der Weltwirtschaftskrise rasant beschleunigenden Aufstieg der Nationalsozialisten. Johann stirbt wenige Wochen nach seinem 77. Geburtstag just an jenem Tag, an dem diese mit der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler ihr erstes großes Ziel erreicht haben. Beerdigt ist er wenige Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.