Johann Lange wird am 15. September 1915 als drittes Kind von Friedrich Lange und Amalie Lange im Haus seiner Eltern in Hurrel (heute: Alfred Voigt und Insa Minnemann) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Erna Schütte und Adele Lange und der ältere Bruder von Heinrich Lange und Herta Kirchhoff.
In den Wochen vor Johanns Geburt verstärken deutsche Luftschiffe in den Kämpfen des Ersten Weltkriegs ihre Angriffe auf Großbritannien. Fast jede Nacht kommt es zu Einsätzen, wobei am 3. September 1915 einer der beteiligten Zeppeline – LZ 40 – von einem Blitz getroffen wird und in die Nordsee stürzt. Es gibt keine Überlebenden. Fünf Tage später schafft es ein Zeppelin bis nach London und wirft eine 300-Kilo-Bombe ab. Sie trifft ein Haus in der Farringdon Road, 22 Menschen sterben. Aus Furcht vor internationalen Protesten ordnet der Chef des deutschen Generalstabs, Erich von Falkenhayn, daraufhin an, in der britischen Hauptstadt künftig nur noch Docks und Hafenanlagen zu bombardieren.
Ein Befehl, der sich in der Praxis nur schwer umsetzen lässt. Denn vieles am Luftkrieg der damaligen Zeit ist Improvisation und oftmals wissen die Luftschiff-Kapitäne gar nicht, wo ihre abgeworfenen Bomben auftreffen werden. Das ist auch der Grund, warum Kaiser Wilhelm II. es anfangs strikt ablehnt, London als Angriffsziel zu benennen – er befürchtet, mit dem Buckingham-Palast könnte der Sitz der mit ihm verwandten königlichen Familie getroffen werden. Erst als die britische Seeblockade die deutsche Kriegsführung immer stärker beeinträchtigt, gibt Wilhelm dem Drängen seiner Generäle nach und befiehlt Angriffe auf die Hauptstadt. Konstrukteur Ferdinand Graf von Zeppelin hatte sich schon unmittelbar nach Kriegsausbruch im August 1914 dafür stark gemacht, die nach ihm benannten Luftschiffe auch militärisch zu nutzen.
Wichtigster Start- und Landeplatz der deutschen Luftschiff-Flotte ist zunächst der Fliegerhorst Nordholz südlich von Cuxhaven. Als dieser am ersten Weihnachtstag 1914 überraschend von britischen Flugzeugen angegriffen wird, sucht der Generalstab fieberhaft nach weiteren geeigneten, aber etwas mehr landeinwärts gelegenen Orten. Am Ende entscheidet er sich unter anderem für Ahlhorn im Großherzogtum Oldenburg: Schon seit Juli 1915 arbeiten dort zeitweise mehr als 2.000 Handwerker, Kriegsgefangene und Marinesoldaten an der Errichtung des geplanten Luftschiff-Hafens. Die ab Sommer 1916 von Ahlhorn Richtung London startenden Zeppeline finden vor Ort allerdings komplett andere Rahmenbedingungen vor: Von den Briten neu konstruierte Flugzeuge können plötzlich in die Angriffshöhe der Luftschiffe vorstoßen und bekämpfen sie mit Brandmunition. Weil sich die Abschüsse dadurch dramatisch häufen, spielen Luftschiffe in der Strategie der Militärs fortan nur noch eine untergeordnete Rolle.
Der rasch voranschreitende Bau des Ahlhorner Luftschiff-Hafens ist in Johanns weniger als 20 Kilometer entfernt gelegenem Heimatdorf mit Sicherheit des Öfteren ein Gesprächsthema. Entsprechend groß dürfte das Entsetzen sein, als es auf dem Stützpunkt am Nachmittag des 5. Januar 1918 zu mehreren gewaltigen Explosionen kommt, die bis nach Bremen und Oldenburg zu hören sind. Die genauen Ursachen für das Unglück, das 15 Todesopfer und mehr als 130 Verletzte fordert, werden nie ermittelt. Zehn Monate später beendet der Waffenstillstand von Compiègne den Krieg, Deutschland wird zur Republik.
Inwieweit Johann die genannten Ereignisse als Drei- und Vierjähriger bewusst wahrnimmt, lässt sich nur vermuten. In jedem Fall dürfte er froh sein, dass es der Friedensschluss seinem Vater ermöglicht, Feldspaten, Bajonett und Repetiergewehr wieder gegen die Werkzeuge eines Stellmachers einzutauschen. In den folgenden Jahren sieht Johann ihm vermutlich häufig bei der Arbeit in der hauseigenen Werkstatt zu, und vielleicht hegt er dabei sogar den Wunsch, eines Tages denselben Beruf zu ergreifen.
Zuvor kommt allerdings die dorfeigene Volksschule, die Johann ab Frühjahr 1922 besucht. Dort gehören unter anderem Johann Heinemann, Arthur Pape, Diedrich Schweers, Adolf Sparke, Friedel Timmermann und Georg Wieting zu seinen in etwa gleichaltrigen Klassenkameraden. Nicht jedoch seine im Dezember 1913 geborene Schwester Adele, die bereits als Säugling verstorben ist. Neben den drei anderen Geschwistern lebt noch Johanns sieben Jahre ältere Kusine Anna mit im elterlichen Haushalt.
Wohnt Johann nach Schulabschluss und Konfirmation weiter zu Hause? Ergreift er den Beruf des Stellmachers, und wie erlebt er die schwierigen Jahre der Hyperinflation und der Weltwirtschaftskrise? Kann er dem Versprechen der seit 1933 regierenden Nationalsozialisten, Deutschland wieder zu alter Größe zu führen, etwas abgewinnen? Fragen, auf die heute kein Zeitzeuge mehr Antworten geben kann. Auch andere Dokumente zu seinem Leben sind dünn gesät: So existiert von Johann lediglich ein Foto, das ihn als Sechs- oder Siebenjährigen in der Volksschule Hurrel zeigt.
Wie die meisten seiner damaligen Klassenkameraden wird Johann nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 zur Wehrmacht eingezogen, wie so viele andere kehrt er nicht zurück. Er fällt unmittelbar vor Kriegsende, am Tag des letzten Führer-Geburtstags, in der Nähe der tschechischen Stadt Ostrau. Über die näheren Umstände ist heute nichts mehr bekannt. Seine sterblichen Überreste konnten von der Deutschen Kriegsgräberfürsorge bislang nicht geborgen werden, seit einigen Jahren findet sich Johanns Name aber im Gedenkbuch der Kriegsgräberstätte in Brünn.