Johann Hinrich Lüning Junior wird am 28. Februar 1809 als drittes Kind von Johann Hinrich Lüning Senior und Anna Catharina Lüning in Wüsting geboren. Er ist der jüngere Bruder von Gesche Margarethe Hartwig und Berend Lüning und der ältere Bruder von Beke Lüning, Lüder Lüning und Johann Diedrich Lüning.
Im Februar 1809 kommen gleich drei Persönlichkeiten zur Welt, die dem noch jungen Jahrhundert als Erwachsene ihren Stempel aufdrücken: der in Hamburg geborene Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy (3. Februar), der britische Naturforscher Charles Darwin und der 1860 zum 16. Präsidenten der USA gewählte Abraham Lincoln (beide am 12. Februar). Nicht ganz so bekannt ist dagegen der Berliner Porträtmaler Adolf Henning, der am 28. Februar 1809 als Johanns astrologischer Zwilling geboren wird.
Von allen fünf Ereignissen, Johanns Geburt mitgezählt, nimmt die Welt 1809 natürlich keinerlei Notiz. In Europa steht neben dem Spanischen Unabhängigkeitskrieg vor allem der seit April zwischen Österreich und Frankreich sowie deren Verbündeten geführte Fünfte Koalitionskrieg im Blickpunkt des Geschehens. Dabei reiht sich bis zum im Oktober unterzeichneten Friedensvertrag von Schönbrunn, der Frankreichs Diktator Napoleon Bonaparte erneut als Sieger sieht, eine Schlacht an die andere. Zwar weiß deren Namen – unter anderem Schlacht bei Sacile, Schlacht bei Aspern und Schlacht bei Wagram – heute kaum noch jemand historisch einzuordnen. Bei jedem Aufeinandertreffen der feindlichen Armeen lassen jedoch auf beiden Seiten Tausende Soldaten ihr Leben.
Im Herzogtum Oldenburg geht es dagegen 1809 noch vergleichsweise ruhig zu. Napoleon hatte Herzog Peter I. bei dessen Besuch in Paris im Februar 1808 und ein weiteres Mal auf dem Erfurter Fürstenkongress im Oktober 1808 Souveränität zugesichert. Im Gegenzug war Oldenburg dem von Frankreich dominierten Rheinbund beigetreten. Doch das Verhältnis zwischen Napoleon und Peter verschlechtert sich bereits im April 1809, als Peters Sohn Georg die russische Zarentochter Katharina Pawlowna heiratet – diese hatte sich am Rande des Erfurter Kongresses geweigert, Napoleons Frau zu werden. Strategisch ist Oldenburg zudem für Napoleon von Bedeutung, um die 1806 gegen Großbritannien verhängte Kontinentalsperre durchzusetzen. Im Dezember 1810 marschieren deshalb französische Truppen im Herzogtum ein, Oldenburgs Franzosenzeit beginnt.
Wie Johanns Familie die Besetzung erlebt, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Dasselbe gilt für den exakten Ort, an dem sie sich damals aufhält. Johanns Eltern sind Landarbeiter oder Heuerleute ohne eigenen Grundbesitz, die nach der Geburt der jüngeren Schwester Beke im Dezember 1811 in Hurrel sesshaft werden. Denn dort sind – mutmaßlich auf dem Hof von Johann Hinrich Schweers (heute: Edo Schweers und Sylke Rüthemann) – die nachfolgenden Brüder geboren: Lüder im Dezember 1814 und damit zwölf Monate nach Vertreibung der Franzosen aus Oldenburg, Johann Diedrich im November 1817.
Auf dem Schweers-Hof erlebt Johann kurz vor Weihnachten 1818 auch die wohl dunkelsten Tage seiner Kindheit: Am 20. Dezember stirbt seine sieben Jahre alte Schwester Beke, zwei Tage später Vater Johann Hinrich Senior. Als Todesursache nennt das Kirchenbuch der Gemeinde Hude in beiden Fällen „Frieseln“ – eine heute nicht mehr exakt zuzuordnende Bezeichnung für Masern, Röteln, Scharlach oder Fleckfieber.
Seine 1815 begonnene Schulzeit verbringt Johann wie alle anderen damaligen Dorfkinder in der Volksschule in Lintel. Ab 1820 gehört dem Tross der Kinder, der alltäglich von Hurrel ins Nachbardorf und zurück läuft, auch Johanns künftige Ehefrau an: Metje Margarete Nordfeld, deren Vater Johann Gerd Nordfeld mit Metje Margaretes Stiefmutter Gesche Claußen einen in der Nachbarschaft des Schweers-Hofes gelegenen Betrieb (heute: Udo und Svetlana Wilkens) bewirtschaftet.
Bis Johann und Metje Margarete im November 1841 heiraten, vergehen von ihrem ersten gemeinsamen Fußmarsch an noch mehr als 20 Jahre. Wie es Johann in dieser Phase seines Lebens ergeht, darüber lässt sich nur spekulieren. Wahrscheinlich arbeitet er ebenfalls als Heuermann auf einem der benachbarten Höfe. Zumindest zeitweise scheint er mit seiner verwitweten Mutter – und anfangs möglicherweise auch seinen Geschwistern – in einem Heuerhaus zu leben, das Tönjes Hinrich Wübbenhorst Junior 1819 auf halber Strecke zwischen dem Schweers-Hof und dem von Johann Gerd Nordfeld gepachteten Hof errichtet hat (heute: Karin Spreen). Vielleicht bleibt er dort nach dem Auszug seiner seit 1827 in zweiter Ehe in Altmoorhausen verheirateten Mutter wohnen. Falls ja, zieht dort nach der Hochzeit gewiss auch Metje Margarete ein.
Zweifelsfrei überliefert ist: Nach der Geburt der Kinder Bernhard (Juni 1842), Anna Maria (Oktober 1843), Catharine (September 1845) und Diedrich (August 1847) kauft Johann 1849 das besagte Heuerhaus – nebst einigen Hektar mittlerweile dazugehörigem Land. Das ist die Grundlage, auf der sich der Lüning-Hof nach der Geburt der weiteren Kinder Gesine Margarete (August 1849), Metta Gesina (Oktober 1852) und Tabete Gesine (November 1854) als Brinksitzerei etabliert. Deren Ausbau durch Sohn Bernhard erlebt Johann nicht mehr mit: Er stirbt am 7. Februar 1862 wenige Wochen vor seinem 53. Geburtstag und wird zehn Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.