Johann Hinrich Diers wird am 2. Juni 1911 als viertes Kind von Johann Heinrich Diers und Maria Diers in Kortebrügge geboren. Er ist der jüngere Bruder von Heinrich Diers, Johann Gerhard Diers und Helene Rohde und der ältere Bruder von Martha Diers, Friedrich Wilhelm Diers und Hermann Gerhard Diers.
In der Woche nach Johanns Geburt starten in Johannisthal bei Berlin insgesamt 24 Flugpioniere zum ersten Deutschlandflug. Bei diesem Wettbewerb geht es darum, Tagesetappen von bis zu 200 Kilometern möglichst schnell hinter sich zu bringen und für die Gesamtwertung möglichst viele Flugkilometer zusammenzutragen. Die Strecke führt dabei von Berlin über Magdeburg, Schwerin, Hamburg, Kiel, Lübeck, Lüneburg, Hannover, Minden, Bielefeld, Münster, Köln, Dortmund, Kassel, Nordhausen, Halberstadt und Dessau zurück nach Berlin. Als Preisgeld winken insgesamt 450.000 Mark, wobei 350.000 Mark von den beteiligten Städten und die restlichen 100.000 Mark von der Berliner Tageszeitung „B.Z. am Mittag“ aufgebracht werden.
Der Andrang der Öffentlichkeit am ersten Flugtag ist enorm: Statt der von den Behörden erwarteten 100.000 Besucher kommen 600.000, was ein in Preußen nie zuvor gesehenes Verkehrschaos heraufbeschwört. Schon ab zwei Uhr morgens fahren die ersten Busse und U-Bahnen Richtung Johannisthal. Auf den Berliner Stadtbahnzügen, die im Zehn-Minuten-Takt verkehren, drängeln sich Hunderte von Menschen auf den Trittbrettern oder fahren sogar auf dem Wagendach mit. Um fünf Uhr startet dann der erste Doppeldecker Richtung Magdeburg. Für die rund 140 Kilometer benötigt der Pilot Otto Lindpaintner etwas mehr als zwei Stunden. Zur letzten Etappe von Dessau nach Berlin am 10. Juli treten nur noch acht Flieger an, am Ende siegt Benno König vor Hans Vollmöller und Bruno Büchner.
Dass den gesamten Wettbewerb hindurch kein ernsthafter Unfall passiert, mutet fast wie ein Wunder an. Denn die Fliegerei steckt acht Jahre nach dem ersten Motorflug der Gebrüder Wright noch in den Kinderschuhen und ist entsprechend gefährlich – das geflügelte Wort von den „tollkühnen Männern in ihren fliegenden Kisten“ kommt nicht von ungefähr. Erst zwei Tage vor dem Deutschlandflug ist mit Georg Schendel ein anderer deutscher Flugpionier zusammen mit einem Passagier tödlich verunglückt. Auch beim Luftrennen Paris-Madrid am 21. Mai 1911 gab es einen folgenschweren Absturz, bei dem mehrere Zuschauer schwer verletzt wurden und Frankreichs Kriegsminister Maurice Berteaux den Tod fand. Deutschlandflug-Sieger König kann sich ebenfalls nicht sehr lange an seinem Preisgeld erfreuen, er stirbt am 1. Juli 1912 in Altona nach einer missglückten Landung.
Einen Flugplatz gibt es in der Nähe von Johanns Geburtsort zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Dafür umso häufiger den Nachnamen Diers. Um Johanns Familie von anderen Trägern dieses Namens besser unterscheiden zu können, heißt sie deshalb in der Nachbarschaft nur „Kiel-Diers“, abgeleitet von der keilförmigen Form ihres Landbesitzes. Johanns Vater bewirtschaftet einen für die damalige Zeit recht großen Hof, auf dem Johann mit den Eltern und seinen fünf überlebenden Geschwistern aufwächst. Die jüngere, am 6. August 1914 unmittelbar nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs geborene Schwester Martha stirbt im September 1916 – woran, ist nicht überliefert.
Johann besucht die Volksschule in Wiefelstede, wo er im Frühjahr 1926 in der St.-Johannes-Kirche auch konfirmiert wird. Anschließend geht er bei dem Bauern Gerhard Wemken in Aschhauserfeld in Stellung und besucht 1930 und 1931 die Landwirtschaftsschule in Bad Zwischenahn. Da der elterliche Hof von seinem ältesten Bruder weitergeführt wird, muss er sich anderweitig umsehen – was angesichts der auf ihren Höhepunkt zustrebenden Weltwirtschaftskrise nicht unbedingt einfach ist. Doch in der Landwirtschaft gibt es in jenen vom Aufstieg der Nationalsozialisten überschatteten Jahren stets Arbeit genug – ganz besonders im Umfeld des späteren „Reichsmusterdorfs“ Dötlingen. So landet Johann schließlich auf dem Hof von Fritz Aschenbeck in Barel.
In Barel lernt Johann Anni Bleckwehl aus Hurrel kennen, eine Schulfreundin von Fritz Aschenbecks Frau Elli Rüdebusch. Kurz nach der Hochzeit von Fritz und Elli im Juli 1936 wechselt Johann deshalb auf den Hof von Johann Rodiek nach Dingstede, der deutlich näher an Annis Elternhaus (heute: Angelika Mielke) liegt. Um Anni zu besuchen, muss Johann statt 15 nur noch 5 Kilometer mit dem Fahrrad zurücklegen.
Johann und Anni heiraten am 1. März 1940, sechs Monate nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Schon bald nach seinem Umzug nach Hurrel – dort führt Anni an der Bremer Straße gemeinsam mit ihrem Vater Johann Bleckwehl eine kleine Landwirtschaft – erhält Johann seinen Stellungsbefehl zur Wehrmacht. Die nächsten Jahre verbringt er in Frankreich, wo er nach der Landung der Alliierten in der Normandie im Juni 1944 in Gefangenschaft gerät und in die USA gebracht wird. Anders als etwa bei seinen Dorfnachbarn Adolf Sparke und Otto Helmers sind die einzelnen Stationen seines mehr als dreijährigen US-Lagerlebens in der Familie allerdings nicht mehr bekannt.
In der Hoffnung, die von den Nationalsozialisten gestohlenen acht Jahre seines Lebens mit Anni irgendwie nachholen zu können, kehrt Johann im Frühjahr 1948 nach Hurrel zurück. Zunächst scheint sich diese Hoffnung zu erfüllen: Anni wird schwanger und bringt am 11. Februar 1949 in der Frauenklinik in Oldenburg Tochter Marlene zur Welt. Nur wenige Stunden später allerdings ist sie tot – verblutet im Wochenbett unter heute nicht mehr rekonstruierbaren Umständen.
Ein harter Schlag für Johann, der nun mit Marlene und dem Hof ganz allein dasteht. In seiner Not bittet er Hanna Münstermann um Hilfe – eine Schulfreundin von Anni, die mit Tochter Almuth auf der anderen Seite der Bremer Straße bei ihren Eltern Johann und Anna Mönnich wohnt (heute: Werner Schnell). Johanne, die auf ihren in den letzten Kriegswochen in Kurland verschollenen Ehemann Heinrich wartet, sagt zu und siedelt auf den Diers-Hof über. Fortan ziehen Johann und Hanna ihre Kinder gemeinsam groß.
Almuth heiratet im Juni 1964 Wolfgang Schmalriede und zieht nach Oldenburg. Marlene bleibt nach ihrer Hochzeit mit Wilhelm Voß und der Geburt von Sohn Holger im Mai 1972 im nunmehr drei Generationen umfassenden Haushalt wohnen.
Als Anfang der 70er Jahre der Strukturwandel in der Landwirtschaft immer offensichtlicher wird, gibt Johann den lediglich acht Hektar großen Hof auf und arbeitet noch einige Jahre lang bei Labom in Hude und im Berufsförderungswerk Bookholzberg, bevor er im Juni 1976 in Rente geht. Doch auch im Ruhestand wird ihm und Johanne nicht langweilig: Beide haben einen großen Bekanntenkreis, engagieren sich in mehreren Kegelclubs und fahren regelmäßig einmal im Jahr für eine Woche mit dem Reichsbund in Urlaub.
Gesundheitlich geht es Johann in der zweiten Hälfte der 80er Jahre zunehmend schlechter. Nachdem er bereits in den 50er Jahren einmal einen leichten Infarkt erlitten hat, macht vor allem das Herz Probleme – bis es am 2. Februar 1990 schließlich ganz stehenbleibt. Beerdigt ist Johann fünf Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.