Johann Diedrich Rüdebusch wird am 7. November 1882 als erstes oder zweites Kind von Johann Heinrich Rüdebusch und Anna Marie Rüdebusch auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Birgit Ganteföhr) geboren. Er ist der Zwillingsbruder von Heinrich Rüdebusch und der ältere Bruder von Frieda Barkemeyer, Martha Petermann, Gesine Müller und Georg Hermann Rüdebusch. Darüber hinaus hat er mit Johann Hermann Wübbenhorst, August Wübbenhorst, Aline Wübbenhorst und Hermann Theodor Wübbenhorst vier zum Zeitpunkt seiner Geburt bereits verstorbene Halbgeschwister aus der ersten Ehe seiner Mutter mit Diedrich Wübbenhorst.
Bringt das Jahr, in dem Johann Diedrich und sein Zwillingsbruder Heinrich zur Welt kommen, endlich den Durchbruch im medizinischen Kampf gegen die Volksseuche Tuberkulose? Es hat zunächst den Anschein, denn am 24. März 1882 präsentiert der Mikrobiologe Robert Koch in einem vor der „Berliner Physiologischen Gesellschaft“ gehaltenen Vortrag den Erreger Mycobacterium tuberculosis. Ein historisches Ereignis, von dem der damals anwesende Mediziner Paul Ehrlich noch viele Jahre später schwärmen wird: „Jeder, der diesem Vortrage beigewohnt hatte, war ergriffen, und ich muss sagen, dass mir jener Abend stets als mein größtes wissenschaftliches Erlebnis in Erinnerung geblieben ist.“
Die Tragweite seiner Entdeckung beschreibt Koch bereits in der Einleitung des Vortrags, dessen Schriftform am 10. April 1882 in der „Berliner Klinischen Wochenschrift“ erscheint: „Wenn die Zahl der Opfer, welche eine Krankheit fordert, als Maßstab für ihre Bedeutung zu gelten hat, dann müssen alle Krankheiten, namentlich aber die gefürchtetsten Infektionskrankheiten, Pest, Cholera, und so weiter weit hinter der Tuberkulose zurückstehen. Die Statistik lehrt, dass ein Siebtel aller Menschen an Tuberkulose stirbt und dass, wenn nur die mittleren produktiven Altersklassen in Betracht kommen, die Tuberkulose ein Drittel derselben und oft mehr dahinrafft.“
Die tödlichen Gefahren, die vom Mycobacterium tuberculosis ausgehen, hat in den vorangegangenen Jahren kaum jemand stärker zu spüren bekommen als Johann Diedrichs Mutter. Zwischen 1876 und 1880 hat Anna Marie Rüdebusch vier Kinder an die Tuberkulose verloren, 1881 auch noch ihren ersten Ehemann. Als die Nachricht von Kochs Entdeckung Hurrel erreicht, dürfte sie deshalb wie Millionen anderer Menschen darauf hoffen, dass es schon bald ein Gegenmittel geben könnte – insbesondere, nachdem sie erfährt, dass sie erneut schwanger ist. Tatsächlich setzt Koch, von Kaiser Wilhelm II. im Juni 1882 flugs zum Geheimen Regierungsrat befördert, seine Forschungen mit Hochdruck fort. Schon bald entdeckt er, dass Tuberkulose sich durch Einatmen erregerhaltiger Tröpfchen überträgt. Ein wirksames Medikament lässt jedoch in den folgenden Monaten ebenso auf sich warten wie die Erkenntnis, dass auch die in Rohmilch enthaltenen Erreger der Rindertuberkulose dem Menschen gefährlich werden können.
Über die näheren Umstände von Johann Diedrichs Geburt ist nichts überliefert. Trotz der angesichts der damaligen medizinischen Verhältnisse sicher nicht ganz unkompliziert verlaufenen Zwillingsgeburt scheinen aber zunächst beide Säuglinge wohlauf zu sein. Letztlich schafft es jedoch nur einer der beiden, die im Leben eines Kindes damals besonders kritischen ersten zwölf Monate zu überstehen – Johann Diedrichs Bruder Heinrich. Ob Johann Diedrich dabei als ein weiteres Opfer der bis heute nicht besiegten Tuberkulose gelten muss, bleibt ungewiss: Der Sterbeeintrag im Kirchenbuch der Gemeinde Hude nennt neben dem Todestag 20. Mai 1883 als Ursache „Brustkrankheit“, ein in jenen Jahren gebräuchliches Synonym für die Seuche. Beerdigt ist Johann Diedrich wenige Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.