Johann Hinrich Pape – Rufname Hinrich – wird am 12. Januar 1866 als zweites Kind von Bernhard Pape und Catharine Pape auf dem elterlichen Hof in Dingstede (heute: Ernst Schröder) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Johann Diedrich Pape und der ältere Bruder von Anna Margarete Strangmann, Heinrich Pape, Johann Pape und Gerhard Pape.
Eine Woche vor Hinrichs Geburt gründen 22 badische Unternehmer in Mannheim die „Gesellschaft zur Überwachung und Versicherung von Dampfkesseln“. Damit reagieren sie auf ein Ereignis, das sich elf Monate zuvor in der örtlichen Brauerei „Zum Großen Mayerhof“ zugetragen hat: Bei einer Kesselexplosion war dort Ende Januar 1885 ein Arbeiter ums Leben gekommen, mehrere andere wurden teilweise schwer verletzt.
Unglücksfälle dieser Art sind Mitte des 19. Jahrhunderts keine Seltenheit. Dampfkessel spielen in der rasch fortschreitenden Industrialisierung eine entscheidende Rolle, ihre Größe und Leistung steigt zudem beständig. Den sie bedienenden Arbeitern fehlt es häufig an technischem Verständnis, und die Fabrikbesitzer nehmen es mit der nötigen Wartung nicht immer so genau. Womit sie sich allerdings nicht zuletzt selbst schaden, denn neben Toten und Verletzten zieht nahezu jeder Explosion auch beträchtliche Sachschäden und Produktionsausfälle nach sich. All dies künftig zu verhindern ist das erklärte Ziel der neuen Gesellschaft – die heute als Keimzelle der Technischen Überwachungsvereine gilt.
Das Beispiel macht rasch Schule. In den folgenden Jahren entstehen in ganz Deutschland weitere Dampfkessel-Überwachungsvereine – unter anderem in Hamburg (1869), München (1870), Frankfurt (1873), Stuttgart (1875) und Chemnitz (1878). Ihre Sachverständigen leisten ganze Arbeit: Indem sie rechtzeitig auf Mängel hinweisen, kommt es bei den von ihnen kontrollierten Kesseln kaum noch zu Explosionen. Bereits 1871 entfällt deshalb für freiwillig an einen Überwachungsverein angeschlossene Betriebe die Pflicht, sich von einem staatlich bestellten Beamten beaufsichtigen zu lassen. Letztere arbeiten weiter parallel zu den Vereinen, können aber längst nicht so eine hohe Erfolgsquote aufweisen.
Im Großherzogtum Oldenburg, zu dem Hinrichs Geburtsort gehört, nehmen technische Überwachungsvereine erst sehr viel später ihre Tätigkeit auf. In Dörfern wie Dingstede gäbe es für sie in der Zeit um die Reichsgründung herum allerdings auch kaum etwas zu tun – dort setzt die noch immer nahezu ausschließlich betriebene Landwirtschaft nicht auf Dampf, sondern auf die Muskelkraft von Mensch und Tier. Das gilt auch für den Hof von Hinrichs Eltern, den sein Urgroßvater Johann Henrich Pape 1814 gekauft hat und auf dem Hinrich zusammen mit vieren seiner fünf Geschwister aufwächst: Der jüngste Bruder Gerhard stirbt im April 1875 nur zehn Monate nach der Geburt. Das Kirchenbuch der Gemeinde Hatten nennt als Todesursache „Brustkrankheit“ – ein Hinweis auf die damals auch im Nachbardorf Hurrel grassierende Volksseuche Tuberkulose.
Ob Hinrich nach dem Abschluss der Volksschule Dingstede irgendwo in Stellung geht oder auf dem elterlichen Hof arbeitet, liegt heute im Dunkeln. Sein Vater stirbt im Juni 1889, woraufhin der ältere Bruder Johann Diedrich als Grunderbe eingesetzt wird. Es ist jedoch durchaus möglich, dass auch Hinrich zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Hof lebt oder nach dem Tod des Vaters dorthin zurückkehrt, um die Familie zu unterstützen.
Am 23. Mai 1890 heiratet Hinrich in Kirchhatten Trinchen Gesine Bödeker aus dem Nachbardorf Nuttel. Bis 1902 gehen aus der Ehe mit Katharine, Anna Marie, Heinrich, Karl Friedrich, Friedrich Wilhelm, Johanne und Johann insgesamt sieben Kinder hervor. Das mit der Geburt von Johann am 18. Januar durchaus hoffnungsvoll begonnene Jahr 1902 endet für Hinrich und seine Familie allerdings tragisch: Am 31. März stirbt Ehefrau Trinchen Gesine im Alter von nur 31 Jahren, am 22. April dann die im April 1900 geborene Tochter Johanne und am 19. Mai schließlich auch Sohn Johann. In allen drei Fällen dürfte Tuberkulose die Ursache sein, denn die für Trinchen Gesine im Kirchenbuch vermerkte Todesursache „Schwindsucht“ ist nichts anderes als ein Synonym für diese durch das Bakterium Mycobacterium tuberculosis oder den Verzehr nicht abgekochter, mit Mycobacterium bovis verseuchter Kuhmilch ausgelöste Krankheit.
Am 29. März 1904 steht Hinrich ein zweites Mal vor dem Traualtar der Hatter St.-Ansgari-Kirche, dieses Mal mit Gesine Engels aus Geveshausen. Gesine bringt ihren Sohn Wilhelm in die neue Beziehung mit. Noch in Dingstede werden die gemeinsamen Kinder Klara und Georg geboren, bevor die zu diesem Zeitpunkt zehnköpfige Familie nach Hurrel umzieht: Hinrich hat dort 1907 von Bernhard Schütte einen 1897 von Hermann Quitsch begründeten Hof (heute: Marlies und Markus Pape) gekauft.
In Hurrel geht der Kindersegen ab 1908 mit Johann, Adolf, Rudolf, Arthur, Ida, der als Kind verstorbenen Frieda, Rosa, Heino und Walter weiter. Am Ende summiert sich die Zahl von Hinrichs leiblichen Kindern auf 18, von denen immerhin 15 das Erwachsenenalter erreichen. Das ist auch für damalige Verhältnisse eher ungewöhnlich und würde heute das Herz eines jeden Renten-Politikers vor Freude hüpfen lassen.
Zwar verlassen die älteren Kinder nach und nach den Haushalt, doch in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts stellt es selbst auf dem Land eine besondere Herausforderung dar, eine so große Familie jeden Tag satt zu bekommen. Der im August 1914 ausbrechende Erste Weltkrieg macht diese Aufgabe nicht leichter, im Gegenteil. Und er bringt Hinrich neues Leid: Sein ältester Sohn Heinrich, der als Musketier für die kaiserliche Armee kämpft, stirbt im Oktober 1916 in englischer Gefangenschaft.
Welcher seiner sieben Söhne aus der zweiten Ehe den etwas mehr als 11 Hektar großen Pape-Hof eines Tages übernehmen soll, bleibt lange Zeit unklar. Nach dem Tod von Ehefrau Gesine im Januar 1937 – Hinrich ist mittlerweile fast 71 Jahre alt – muss es jedoch schnell gehen, und damit scheiden die beiden Jüngsten Heino und Walter aus. Im Sommer 1937 zieht schließlich Adolf, der zwischenzeitlich einen eigenen Hof in Dingstede gepachtet hatte, mit Ehefrau Elfriede und den Kindern Irma und Herwig nach Hurrel zurück.
Der von den Nationalsozialisten begonnene Zweite Weltkrieg trifft Hinrich noch um einiges härter als der Erste – Ende Dezember 1941 lässt Sohn Arthur sein Leben an der Front, im März 1945 Sohn Heino. Und er bringt ihm auch selbst den Tod: Nach der Einnahme Hurrels durch kanadische Soldaten missachtet Hinrich am späten Abend des 25. April eine von den Besatzern erlassene Ausgangssperre, weil er nach einer Herde ausgebrochener Rinder sehen will. Seine Familie findet ihn am nächsten Tag unweit des Hofes erschossen auf.
An eine reguläre Beerdigung ist zunächst nicht zu denken, deshalb wird Hinrichs Leichnam auf dem eigenen Grundstück in Zeltplanen notdürftig beigesetzt. Erst mehr als zwei Wochen später ist der Weg zum Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude frei, wo am 15. Mai gleich zwei Hurreler ihre letzte Ruhestätte finden: Hinrich und Anna Rüdebusch, deren ebenfalls nicht aus dem Krieg zurückgekehrten Enkel Georg, Gustav und Heino nahezu gleichalt waren wie Arthur beziehungsweise Heino Pape.