Hinrich Hartmann – Biographie

Hinrich Hartmann wird am 27. November 1807 als zweites Kind von Harm Hinrich Hartmann und Anna Margarete Hartmann auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Gerd und Ute Schwarting) geboren. Er ist der jüngere Bruder von Johann Hinrich Hartmann und der ältere Bruder von Hermann Hartmann und Mette Katharine Wachtendorf. Darüber hinaus hat er mit Gesina Margareta Witte, Anna Hartmann, Gesche Hartmann, Margareta Hartmann und Johann Hinrich Hartmann noch fünf jüngere Halbgeschwister aus der zweiten Ehe seines Vaters mit Catharine Elisabeth Barkemeyer.

Am Tag von Hinrichs Geburt flieht Portugals Prinzregent João mit seiner Familie und großen Teilen des königlichen Hofstaates vor anrückenden französischen Truppen auf eine vor Lissabon ankernde Schiffsflotte und nimmt Kurs auf Brasilien. Der Überlieferung zufolge stechen 36 Schiffe mit insgesamt 16.000 Personen in See, neuere Schätzungen gehen allerdings von lediglich 4.000 bis 7.000 Passagieren aus. Nach einer von englischen Kriegsschiffen begleiteten, angesichts der Enge an Bord recht chaotischen Überfahrt landet die Flotte am 22. Januar 1808 sicher im Hafen von Salvador. Lissabon ist derweil fest in französischer Hand: Unmittelbar nach Joãos Abreise hat der französische General Andoche Junot das Kommando über die Hauptstadt übernommen.

Die weitgehend kampflose Besetzung Portugals geht zurück auf den Ende Oktober 1807 unter strenger Geheimhaltung geschlossenen Vertrag von Fontainebleau. Dort hatten Frankreichs Kaiser Napoleon Bonaparte und Spaniens König Carlos IV. die Invasion und die anschließende Aufteilung des Landes in drei Teile festgelegt. Carlos gewährte Napoleons Truppen dafür den Durchmarsch durch spanisches Hoheitsgebiet. In den Monaten zuvor war Portugal zu einem Politikum geworden, weil João seinen wichtigsten Handelspartner nicht verärgern wollte und sich deshalb weigerte, der von Napoleon 1806 gegenüber Großbritannien verhängten Kontinentalsperre beizutreten. Ein Einfallstor für britische Waren, das der damals mächtigste Mann Europas schleunigst stopfen wollte.

Während João in Rio de Janeiro Quartier bezieht und künftig von dort aus sein außer Brasilien unter anderem Besitzungen in Afrika (Angola, Mosambik) und Südostasien (Macau) umfassendes Reich regiert, spitzen sich die Ereignisse in Europa zu. So nutzt Napoleon das von Spanien gewährte Durchmarschrecht, um auch dort die Macht zu ergreifen: Am 19. März 1808 muss Carlos abdanken, die Königskrone fällt an Napoleons Bruder Joseph. Durch diese Wendung bleibt die iberische Halbinsel allerdings ein permanenter Unruheherd, der neben dem misslungenen Russland-Feldzug und den Niederlagen in der Völkerschlacht bei Leipzig und der Schlacht bei Waterloo maßgeblich zu Napoleons endgültigem Sturz im Juni 1815 beiträgt.

Zu diesem Zeitpunkt ist das im Januar 1811 Frankreich angeschlossene Herzogtum Oldenburg, zu dem Hurrel gehört, bereits wieder hergestellt und Herzog Peter Friedrich Ludwig aus dem Exil zurückgekehrt. Als Napoleon im Juli 1815 die Reise an seinen Verbannungsort St. Helena antritt, besucht Hinrich schon seit einem Jahr die von seinem Zuhause nur 500 Meter entfernte Volksschule in Lintel. Noch bevor er sie zu Ende bringt, stirbt im August 1820 Mutter Anna Margarete. Schon im April 1822 heiratet Vater Harm Hinrich erneut. Wie die Geschwister aus erster Ehe erreichen auch die aus der Verbindung hervorgehenden Kinder alle das Erwachsenenalter – mit einer Ausnahme: Die 1829 geborene Halbschwester Margareta stirbt im März 1840 kurz vor ihrem elften Geburtstag.

Ob Hinrich nach Schulabschluss und Konfirmation zunächst weiter in Hurrel lebt, liegt heute im Dunkeln. Als Erbe des 1681 von Eylert Pieper am Drengort begründeten Hartmann-Hofes ist gemäß Jüngstenrecht der 1810 geborene Bruder Hermann vorgesehen – gut möglich also, dass Hinrich zunächst auf einem anderen Hof in der näheren Umgebung in Stellung geht und dabei seine künftige, in Rethorn geborene Ehefrau Margarete Harfst kennenlernt. Beide heiraten im Juli 1834 in Ganderkesee.

Allem Anschein nach nimmt das junge Paar seinen Wohnsitz in Hurrel. Dort zumindest wird am 30. November 1838 die gemeinsame Tochter Anna Margaretha geboren, sehr wahrscheinlich auf dem mittlerweile von Bruder Hermann geführten Hartmann-Hof oder in einem der dazugehörigen Heuerhäuser. Sollte Hinrich im Dorf tatsächlich wie vermutet bei einem Familienangehörigen angestellt sein, gibt es allerdings auch noch eine andere Möglichkeit, wo er Unterkunft gefunden haben könnte: Hinrichs Onkel Johann Hinrich Hartmann (nicht zu verwechseln mit Hinrichs gleichnamigen Bruder) bewirtschaftet nämlich seit 1834 den am Brink gelegenen Hof seines Schwiegervaters Berend Barkemeyer (heute: Michael und Sara Westphal).

Wie auch immer: Nur elf Monate nach Geburt der Tochter ist Hinrich Witwer. Was Ehefrau Margarete im Oktober 1839 im Alter von nur 30 Jahren das Leben gekostet hat, geht aus dem Kirchenbuch der Gemeinde Hude nicht hervor – wohl aber, dass Hinrich schon am 7. Juli 1840 ein zweites Mal heiratet. Der an diesem Tag geschlossenen Ehe mit Margaretha Hohnholt aus Dingstede entstammen mit Anna Catharine (April 1841) und Metta Maria (September 1843) zwei weitere Töchter.

Über die folgenden, politisch in die Zeit der März-Revolution und der Reaktions-Ära fallenden Jahre in Hinrichs Leben lässt sich heute mangels Zeitzeugen und schriftlicher Aufzeichnungen nur noch sehr wenig sagen. Allem Anschein nach lebt er jedoch mit Ehefrau Margaretha und den drei Töchtern weiter in Hurrel. Zwei von ihnen heiraten 1864 innerhalb von nur 14 Tagen: Anna Margaretha am 7. Juni Johann Heinrich Albers und Anna Catharine am 17. Juni Bernhard Lampe. Bei der Hochzeit der dritten Tochter Metta Maria mit Claus Heinrich Pieper im März 1869 ist Hinrich bereits wieder Witwer – Margaretha Hartmann ist Anfang Oktober 1866 im Alter von 57 Jahren gestorben.

Hinrichs Bruder Hermann lebt 1869 ebenfalls schon seit zehn Jahren nicht mehr, den elterlichen Hof am Drengort hat 1859 Gerhard Schwarting aus Altmoorhausen gekauft. Für Hinrich ist der neue Eigentümer kein Fremder, gehört er doch seit 1854 zur erweiterten Verwandtschaft: Gerhard Schwartings Ehefrau Sophie Catharine ist die auf dem heutigen Westphal-Hof aufgewachsene Tochter von Johann Hinrich Hartmann, also Hinrichs Kusine.

Die letzte Phase seines Lebens verbringt Hinrich wahrscheinlich im Haushalt der ältesten Tochter: Anna Margaretha Albers wohnt spätestens ab Anfang 1874 wieder in Hurrel, wo im März des genannten Jahres Hinrichs bis dato jüngster Enkel Diedrich Albers zur Welt kommt. Viel Zeit, Diedrich und dessen in Groß Ippener und Altmoorhausen geborenen Geschwister aufwachsen zu sehen, bleibt ihm indes nicht. Hinrich stirbt am 7. Mai 1875, die im Kirchenbuch der Gemeinde Hude angegebene Todesursache „Brustkrankheit“ ist ein Synonym für die in jenen Jahren in Hurrel weit verbreitete Volksseuche Tuberkulose. Beerdigt ist Hinrich sechs Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.