Hermine Johanne Meyer wird am 15. Mai 1902 als fünftes Kind von Carl Busch und Bertha Busch in Hurrel geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Emma Schmidt, Frieda Martens, Adele Asseln und Adolf Busch und die ältere Schwester von Else Kornagel.
Sieben Tage vor Hermines Geburt ereignet sich auf der von Hurrel 7.000 Kilometer entfernten Karibikinsel Martinique eine der größten Naturkatastrophen des 20. Jahrhunderts. Beim Ausbruch des als längst erloschen geltenden Vulkans Mont Pelée vernichtet eine Lava-Welle innerhalb weniger Minuten die am Fuße des Berges liegende Handelsmetropole Saint-Pierre. Schätzungen zufolge kommen dabei bis zu 40.000 Menschen ums Leben.
Schon Wochen vor der Eruption sind auf der zu Frankreich gehörenden Insel erste Vorboten spürbar: Es riecht nach Schwefelwasserstoff, Bauern aus der unmittelbaren Umgebung melden verendete Rinder und Vögel. Der Kapitän eines im Hafen ankernden italienischen Frachtschiffes wird in zeitgenössischen Berichten mit der Warnung zitiert: „Ich weiß zwar nichts über den Mont Pelée, aber wenn der Vesuv so aussähe wie euer Berg heute Morgen, würde ich Neapel verlassen.“ In den ersten Maitagen suchen zudem hunderte vor dem drohenden Unglück flüchtende Giftschlagen die Stadt heim und fordern durch ihren tödlichen Biss erste Opfer. Die örtlichen Behörden wiegeln gleichwohl ab – möglicherweise, um eine für den 11. Mai angesetzte Bezirkswahl nicht zu gefährden.
Der Ausbruch erfolgt am 8. Mai 1902, dem Himmelfahrts-Donnerstag, um 7.52 Uhr Ortszeit. Er ist noch in 600 Kilometern Entfernung zu hören. Die dabei ausgestoßene Glutwolke entwickelt eine Temperatur von mehr als 1.000 Grad Celsius und rast mit einer Geschwindigkeit von 670 Stundenkilometern auf Saint-Pierre zu. Die meisten Einwohner befinden sich zu diesem Zeitpunkt in den Kirchen, in denen gerade die Himmelfahrts-Messen stattfinden. Für sie gibt es kein Entkommen.
Von den im Hafen ankernden Schiffen gelingt einem einzigen die Flucht aufs offene Meer. Auf einem anderen – dem kanadischen Fracht- und Passagierdampfer Roraima – gibt es neben 57 Toten elf Schwerverletzte. An Land überleben nur drei Personen die Katastrophe: ein Schuhmacher, der von der Glutwolke am Ortseingang überrascht wird und mit letzter Kraft ein Nachbardorf erreicht, ein junges Mädchen, das sich vom Strand in eine Felsengrotte retten kann, und Louis-Auguste Cyparis. Der Matrose sitzt in einer Gefängniszelle, deren mächtige Mauern ihn schützen. Später schließt er sich dem legendären Wanderzirkus Barnum & Bailey Greatest Show on Earth an, wo er bei den Vorstellungen aus einem Nachbau der Zelle heraus dem Publikum seine gruselige Geschichte erzählt und es so zu einer gewissen Berühmtheit bringt.
Mit der für die damaligen Verhältnisse üblichen Verzögerung berichten auch deutsche Zeitungen über das Unglück. Ob und wann diese Berichte Hurrel erreichen, ist nicht überliefert – doch wenn sie im Dorf irgendwo zur Sprache kommen, dann ganz sicher im von Hermines Eltern Carl und Bertha Busch geführten Gasthof „Zur fröhlichen Einkehr“ (heute: Hajo und Dagmar Mehrings) oder im angeschlossenen Kaufmannsladen mit Bäckerei. Beide Einrichtungen fungieren gewissermaßen als Nachrichtenbörse, mit der jeder Dorfbewohner mehr oder weniger regelmäßig in Kontakt steht. Eine Börse, an der es hinter den Kulissen oft hektisch zugeht, und zu deren Funktionieren Hermine sicher schon in frühen Kinder- und Jugendjahren ihren Teil beiträgt.
Spätestens ab Frühjahr 1909 besucht Hermine die ihrem Elternhaus schräg gegenüberliegende Volksschule, wo neben Schwester Else unter anderem Martha Lange, Anna Schweers, Berta Schweers, Clara Wiedau, Martha Wieting und Martha Wilkens zu ihren in etwa gleichaltrigen Mitschülerinnen gehören. Zu ihrem engeren Freundeskreis scheint darüber hinaus Clara Wiedaus ältere Schwester Martha zu gehören – das lässt zumindest ein Anfang 1912 erfolgter Eintrag in deren Poesiealbum vermuten.
Das letzte Drittel von Hermines Schulzeit ist überschattet vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914. Ihm fallen aus Hermines näherem Umfeld unter anderem Christian Friedrich Stalling, der Ehemann ihrer Schwester Frieda, und ihr ehemaliger Schulkamerad Heinrich Wefer zum Opfer. Außer für Friedas Kinder Elfriede, Robert und Thea dürfte Hermine in diesen schwierigen Jahren auch für Karl Edmund und Enno Schmidt eine wichtige Bezugsperson sein: Die beiden Söhne der ältesten Schwester Emma verbringen die Kriegsjahre mit ihrer Mutter in Hurrel.
Nach der im November 1918 besiegelten Niederlage Deutschlands ernennt Carl Busch, mit seinem einzigen Sohn Adolf über Kreuz, Hermines Schwester Adele und deren angehenden Ehemann Reinhard Asseln zu seinen Nachfolgern. Er stirbt im September 1923, dreieinhalb Jahre vor Bertha Busch.
Ob Hermine beim Tod der Mutter noch im Elternhaus lebt und wann sie ihren späteren Ehemann Gerhard Meyer aus Hatten kennenlernt, liegt heute im Dunkeln. Auch sonst sind nur sehr wenige Details aus der zweiten Hälfte ihres Lebens bekannt. Sie und Gerhard heiraten am 2. Mai 1925 in Delmenhorst, später leben beide am Sandkruger Weg in Sandkrug. Dort erlebt Hermine die Schrecken des Zweiten Weltkriegs und die an Entbehrungen reiche Nachkriegszeit.
Wenige Jahre nach der Währungsreform vom Juni 1948 und der Gründung der Bundesrepublik erkrankt Hermine an Krebs, dem sie am 16. Juni 1957 im Alter von nur 55 Jahren im Peter Friedrich Ludwigs Hospital in Oldenburg erliegt. Beerdigt ist sie vier Tage später auf dem Alten Friedhof in Kirchhatten.