Hermann Heinrich Lüers wird am 8. August 1854 als drittes Kind von Hinrich Lüers und Anna Beke Lüers in Tweelbäke geboren. Er ist der jüngere Bruder von Gesine Lüers und Anna Helms und der ältere Bruder von Diedrich Lüers, Meta Lüers und Johanne Lüers.
Drei Wochen vor Hermanns Geburt beginnt in München die Erste Allgemeine Deutsche Industrieausstellung. Bayerns König Maximilian II. will damit an die jüngsten Erfolge von Industrie-Messen an anderen Standorten anknüpfen und zudem wichtige Impulse für die Industrialisierung seines noch sehr stark landwirtschaftlich geprägten Königreichs setzen. Mehr als 6.500 Aussteller sind vertreten, rund zwei Drittel davon mit Firmensitz außerhalb Bayerns. Das Spektrum der ausgestellten Objekte reicht von Gegenständen des täglichen Lebens über Spinnerei-Maschinen bis hin zu Schnellzug-Lokomotiven. Der Andrang der Besucher ist von Beginn an groß.
Trotz alledem steht die Ausstellung unter keinem guten Stern. Schon drei Tage nach Eröffnung bricht während einer „Faust“-Aufführung im begleitenden Kulturprogramm ein Besucher zusammen – das erste Opfer einer auf München übergreifenden Cholera-Epidemie. In den nächsten Wochen fordert die Seuche in der Stadt hunderte Tote, ohne dass die Veranstalter zunächst besondere Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.
Anfang August besuchen auch Sachsens König Friedrich August II. und seine Ehefrau Maria Anna – eine Tante des bayerischen Königs – die Ausstellung. Ohne sich anzustecken, fahren sie weiter nach Possenhofen zu Maria Annas Schwester Ludovika, Mutter der seit April 1854 mit Österreichs Kaiser Franz Josef I. verheirateten Prinzessin Elisabeth von Bayern („Sissi“). Während Maria Anna in Possenhofen bleibt, reist Friedrich August für einige Tage nach Tirol, wo er am 9. August unter tragischen Umständen ums Leben kommt: In der Nähe der Ortschaft Brennbichl gerät seine Kutsche ins Schleudern, der König wird hinausgeschleudert und gerät zwischen die Zugpferde. Dabei tritt eines der Pferde Friedrich August mit voller Wucht an den Hinterkopf. Er stirbt kurz darauf in einem nahegelegenen Gasthof, ohne das Bewusstsein noch einmal wiederzuerlangen.
Nur wenig später gibt es im Umfeld des bayerischen Königshauses einen weiteren Todesfall. In München nämlich greift die Cholera weiter um sich. Bis Ende September kostet die Seuche mehr als 3.000 Menschen das Leben, ehe sie unter Kontrolle scheint. Letzteres ist jedoch ein gefährlicher Trugschluss. Ein Ausläufer der nächsten Welle erfasst unter anderem mehrere Teilnehmer eines zum Dank für das Ende der Epidemie gefeierten Gottesdienstes, darunter die Mutter des Königs: Therese von Sachsen-Hildburghausen stirbt am 26. Oktober 1854 nicht einmal zwölf Stunden nach ihrer Infizierung.
In den folgenden anderthalb Jahrzehnten wütet die Cholera noch mehrere Male an verschiedenen Orten Deutschlands – am schlimmsten im Sommer und Herbst 1866, als zusätzlich der Preußisch-Österreichische Krieg tobt. Von beidem bleibt Hermanns Heimat verschont. Zwar nimmt das Großherzogtum Oldenburg, zu dem Tweelbäke gehört, am Krieg teil. Seine Truppen kämpfen jedoch ausschließlich in Süddeutschland und stehen dort auf der Seite der siegreichen Preußen.
Hermanns Vater ist in Oberhausen geboren, den von ihm bewirtschafteten Hof am Barkemeyersweg hat er 1845 mit seiner ersten, schon bald nach der Hochzeit verstorbenen Ehefrau Catharine Piper gekauft. Dort wächst Hermann zusammen mit den Geschwistern und der benachbarten Familie seines Onkels Friedrich Lüers auf. Ob er nach Schulabschluss und Konfirmation zunächst weiter auf dem elterlichen Hof mitarbeitet oder woanders in Stellung geht, liegt heute im Dunkeln – ebenso, wann und unter welchen Umständen er seine spätere Ehefrau Mathilde Haverkamp aus Hurrel kennenlernt.
Hermann und Mathilde heiraten am 25. Mai 1883 in Osternburg. Danach wohnen beide allem Anschein nach zunächst auf dem Lüers-Hof, wo im März 1884 Tochter Anna geboren wird. Zu diesem Zeitpunkt lebt Vater Hinrich bereits seit knapp zwei Jahren nicht mehr, er ist am 17. Mai 1882 im Alter von 64 Jahren gestorben. Im Januar 1885 stirbt auch Mutter Anna Beke, neun Monate später dann Schwiegervater Röbe Haverkamp in Hurrel. Daraufhin ziehen Hermann und Mathilde mit Anna auf den heute nicht mehr bestehenden Hof seiner Schwiegermutter Catharine Haverkamp an der Hurreler Straße (Eigentümerin des ganz in der Nähe errichteten Neubaus: Inge Molde). Dort kommen mit Katharine (November 1885), Diedrich (November 1887), Rosa (März 1890) und Clara (Oktober 1891) vier weitere Kinder hinzu.
Erbberechtigt für den Haverkamp-Hof ist Mathildes jüngster, im Mai 1877 geborener Bruder Georg. Als dieser die Volksschule beendet hat, sehen sich Hermann und Mathilde notgedrungen nach Alternativen um und pachten kurz vor der Geburt der nächsten Tochter Adele im August 1893 einen Hof in Immer. Mit Amalie (Mai 1895) und Martha (Februar 1897) folgen noch zwei weitere Töchter. Aus dieser Zeit ist innerhalb der Familie die Anekdote überliefert, dass Amalie eigentlich Alma heißen sollte. Weil aber Hermann die Geburt seiner sechsten Tochter ausgiebig im örtlichen Gasthaus feiert, bevor er sich auf den Weg zum Standesamt macht, bekommt er dort die Namen durcheinander.
Über die Größe und Lage des Hofes in Immer ist heute nichts mehr bekannt. Erzählungen von Hermanns Enkelin Ingeborg Diekmann zufolge besitzt die zehnköpfige Familie aber um die Jahrhundertwende neben mehreren Kühen und einem Pferd auch ein Fahrrad, was zur damaligen Zeit auf dem Land nicht unbedingt selbstverständlich ist.
Nach der Einschulung der jüngsten Tochter Martha steht ein erneuter Umzug an, dieses Mal nach Kirchkimmen. Welchen Hof Hermann und Mathilde dort pachten und mit Hilfe Diedrichs und der jüngeren Töchter bewirtschaften, liegt heute ebenfalls im Dunkeln. Die älteren Töchter haben den elterlichen Haushalt zu diesem Zeitpunkt sehr wahrscheinlich schon verlassen. Im Falle von Anna allerdings nur vorübergehend – sie kehrt Ende 1903 oder Anfang 1904 schwanger, aber ohne Ehemann nach Hause zurück und bringt dort im April 1904 Sohn Hugo zur Welt. Nach ihrer Hochzeit mit Johann Runge im Mai 1906 zieht Anna zu ihrem Ehemann nach Heide, wo schon im August 1906 Hermanns und Mathildes zweites Enkelkind Heinrich geboren wird. Hugo bleibt derweil in Kirchkimmen und wächst mit Hermanns und Mathildes jüngeren Kindern wie ein Bruder auf.
Kurz vor Marthas Konfirmation im Frühjahr 1911 wechseln Hermann und Mathilde zum letzten Mal ihren Standort und ziehen von Kirchkimmen nach Vielstedt. Auch in diesem Fall ist der genaue Wohnsitz heute in der Familie nicht mehr bekannt. In Vielstedt erleben beide im August 1914 den Ausbruch des Ersten Weltkriegs, dem knapp fünf Monate später Hermanns Schwager Georg und im September 1915 auch sein einziger Sohn Diedrich zum Opfer fällt. Hermann selbst überlebt das Kriegsende und den anschließenden Wechsel vom Kaiserreich zur Republik nur um zweieinhalb Jahre: Er erliegt am 3. Juli 1921 kurz vor seinem 67. Geburtstag einem Herzleiden und wird wenige Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.