Hermann Barkemeyer – Biographie

Johann Hermann Barkemeyer – Rufname Hermann – wird am 18. September 1836 als erstes Kind von Gerd Barkemeyer und Anna Margarete Barkemeyer auf dem elterlichen Hof in Hurrel (heute: Irmgard Wachtendorf) geboren. Er ist der ältere Bruder von Johann Gerhard Barkemeyer, Anna Sophie Barkemeyer, Meta Margarete Schmerdtmann, Diedrich Barkemeyer und Catharine Barkemeyer.

Anderthalb Wochen vor Hermanns Geburt wird Österreichs Kaiser Ferdinand I. in Prag zum König von Böhmen gekrönt. Ein vom Hofstaat in der österreichischen Hauptstadt Wien über Monate hinweg minutiös geplanter Akt, der Tausende von Menschen aus nah und fern in die Stadt lockt. Ferdinand selbst ist mit seiner Ehefrau Maria Anna von Savoyen bereits am 1. September angereist und absolviert bis zur sieben Tage später im Veitsdom vollzogenen Krönung einen wahren Marathon aus offiziellen Empfängen und zahlreichen anderen Programmpunkten. Auch danach gehen die Feierlichkeiten weiter, erst am 19. September tritt das Kaiserpaar die Rückreise nach Wien an.

Dass er außer auf dem österreichischen nun auch auf dem böhmischen Thron sitzt, verdankt Ferdinand einzig und allein dem Privileg, der älteste Sohn seines 1835 verstorbenen Vaters Franz I. zu sein. Die nötigen Voraussetzungen für ein so hohes Amt bringt er historischen Überlieferungen zufolge nicht mit – weshalb Franz I. vorgesorgt und die entsprechenden Vollmachten vor seinem Tode einem „Geheime Staatskonferenz“ genannten Ministerrat übertragen hat. Von Geburt an schwächlich, leidet Ferdinand ein Leben lang an epileptischen Anfällen und einer umgangssprachlich Wasserkopf genannten krankhaften Veränderung des Gehirns. Schwachsinnig im eigentlichen Wortsinn scheint er jedoch entgegen anderslautenden Darstellungen nicht zu sein: So besitzt Ferdinand trotz diverser Defizite wie einer eklatanten Entscheidungsschwäche nicht nur künstlerisches Talent, er zeigt auch viel Verständnis für technische Zusammenhänge und spricht fünf Sprachen.

Beim Volk ist Ferdinand durchaus beliebt – anders als der machtbewusste, zum Zirkel der Geheimen Staatskonferenz gehörende Kanzler Clemens Wenzel von Metternich. Vor allem gegen letzteren richtet sich die Wut, die 1848 zunächst in die März-Revolution und anschließend in den Wiener Oktoberaufstand mündet. In diesen Strudel wird auch Ferdinand hineingezogen: Er flieht mit seinem Gefolge in die mährische Provinzhauptstadt Olmütz und verzichtet dort im Dezember 1848 zugunsten seines Neffen Franz Joseph auf den Thron. Später lebt er überwiegend in Prag.

Nicht nur im Kaisertum Österreich, auch in den anderen Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes geht das Volk 1848 auf die Barrikaden. Hermann erlebt die erste Phase der Deutschen Revolution, die in abgemilderter Form auch das Großherzogtum Oldenburg erfasst, als Elfjähriger in der Volksschule in Lintel. Im Nachbardorf gehören aus Hurrel unter anderem Catharine Ellinghusen, Röbe Haverkamp, Tönjes Hinrich Haverkamp und Diedrich Wübbenhorst zu seinen annähernd gleichaltrigen Mitschülern. Von Hermanns Geschwistern ist 1848 auf dem täglichen Fußweg nach Lintel indes niemand dabei: Johann Gerd und Anna Sophie sind bereits verstorben, die anderen drei noch zu jung.

Der von Gerd und Anna Margarete Barkemeyer bewirtschaftete Hof am späteren Altenauweg weist eine Fläche von rund 20 Hektar auf – was für die damalige Zeit mehr als auskömmlich ist. Ihr ältester Sohn zu sein bedeutet für Hermann allerdings anders als in den meisten Königshäusern Europas keineswegs ein Privileg. Ganz im Gegenteil: In Hurrel herrscht Jüngstenrecht, somit läuft in puncto Erbfolge alles auf seinen 1846 geborenen Bruder Diedrich zu. Trotzdem dürfte Hermann in den ersten Jahren nach Schulabschluss und Konfirmation weiter im Betrieb mitarbeiten und seinen seit Juni 1853 verwitweten Vater unterstützen. Woran Mutter Anna Margarete im Alter von nur 44 Jahren stirbt, geht aus dem Kirchenbuch der Gemeinde Hude nicht hervor.

Welche Möglichkeiten hat Hermann, will er sein Leben nicht auf Dauer als Angestellter seines Bruders fristen? Das Thema Auswanderung ist damals in der Region durchaus schon aktuell – 1854 beispielsweise gehen fast 40 Personen aus den Kirchspielen Holle und Neuenhuntorf diesen Weg und schiffen sich nach Nordamerika ein. Mit dabei ist unter anderem Gerd Mönnich, ein Verwandter von Hermanns ehemaligem Schulkameraden Röbe Haverkamp. Letztlich entscheidet sich Hermann jedoch für eine näher liegende Alternative: Seit einigen Jahren nämlich gibt es seitens der großherzoglichen Regierung Bestrebungen, das nordöstlich von Hude gelegene Hochmoor zu besiedeln. Insgesamt stehen dort 41 Kolonate zur Verfügung, die von der Verwaltung ab 1850 nach und nach vergeben werden.

Wann Hermann diese Entscheidung trifft und unter welchen Umständen er den nötigen Zuschlag erhält, liegt heute im Dunkeln. Eine im Sommer 2002 zum 150-jährigen Jubiläum der Huder Moorkolonie erschienene Chronik datiert die Gründung seines an der späteren Königstraße gelegenen Hofes auf das Jahr 1865. Damit gehört Hermann eher zu den späten Siedlern, denn das Gros der Nachbarhöfe entsteht schon in den Jahren 1854 bis 1864. Dass der Start einen enormen Kraftakt erfordert, steht dabei außer Frage – muss doch sämtliches Baumaterial in kleinen Portionen über die zunächst nur notdürftig befestigten Moorwege herangeschafft werden. Die ursprüngliche Vorgabe der Regierung, den Hausbau innerhalb von drei Jahren abzuschließen, erfüllen deshalb nur wenige Siedler.

Das Moorsiedler-Dasein beginnt Hermann allem Anschein nach auf sich allein gestellt als Junggeselle – erst im November 1875 heiratet er Anna Gesine Wiedau. Seine zwölf Jahre jüngere Ehefrau stammt wie er selbst aus Hurrel und ist dort auf dem später von ihrem Bruder Bernhard bewirtschafteten Wiedau-Hof aufgewachsen (heute: Heinz und Alke Brinkmann). Die Verbindung steht jedoch unter keinem guten Stern: Anna Gesine stirbt im Juni 1877 bei der Geburt des gemeinsamen Sohnes Georg Hinrich.

Elf Monate nach Anna Gesines Tod heiratet Hermann ein zweites Mal. Aus der Ehe mit Marie Katharine Twille aus Westerburg gehen mit Diedrich (November 1879) und Johann (Mai 1885) zwei weitere Söhne hervor. Sie aufwachsen zu sehen und vor allem den bemerkenswerten Erfolg der 1910 von Diedrich begründeten „Huder Zeitung“ mitzuerleben, ist Hermann jedoch nicht vergönnt: Er stirbt am 30. November 1887 wie zwei Jahre zuvor Schulkamerad Röbe Haverkamp an einem Magenleiden. Beerdigt ist Hermann sechs Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.