Helene Marie Timmermann wird am 9. Oktober 1896 als viertes Kind von Ahlerd Hullmann und Helene Hullmann in Augustfehn geboren. Sie ist die jüngere Schwester von Johann Hullmann, Anna van Kampen und August Hullmann und die ältere Schwester von Johanne Ströhmeijer und Heinrich Hullmann.
Am Tag von Helenes Geburt trifft der russische Zar Nikolaus II. zu einem offiziellen Besuch in der französischen Hauptstadt Paris ein. Dort wird er von Staatspräsident Félix Faure mit allen zeremoniellen Ehren und unter großer Begeisterung der Bevölkerung empfangen. Frankreich, seit Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1871 international weitgehend isoliert, setzt große Hoffnungen auf den jungen, erst im Mai 1896 gekrönten russischen Herrscher. Dessen Vater und Vorgänger Alexander III. hatte sich aus Enttäuschung darüber, dass das Deutsche Reich den 1890 ausgelaufenen Rückversicherungsvertrag mit Russland nicht verlängern wollte, Frankreich zugewandt und Anfang 1894 die Französisch-Russische Allianz geschlossen. Tatsächlich tut Nikolaus II. seinen Gastgebern den Gefallen und spricht in einem seiner Trinksprüche von einer gemeinsamen „Waffenbrüderschaft“.
Das neue Bündnis, zu dem sich 1907 im Rahmen der Triple Entente auch noch Großbritannien gesellt, fördert nicht eben den Frieden in Europa. Denn Deutschlands Kaiser Wilhelm II. und die ihn umgebenden Militärs fühlen sich zunehmend eingekreist und rüsten massiv auf – was auf der Gegenseite nicht ohne Reaktion bleibt. Bis zur im November 1911 nur mit Mühe beigelegten Zweiten Marokko-Krise kommt es deshalb gleich zu mehreren Situationen, in denen ein Krieg zwischen den europäischen Großmächten förmlich in der Luft liegt. Eine Grundkonstellation, an der sich auch 1912 und 1913 wenig ändert.
Unter welcher Adresse Helene in diesem von Nationalismus und Militarismus geprägten Umfeld am Vorabend des Ersten Weltkriegs aufwächst, ist heute in der Familie nicht mehr bekannt. Ihr Vater stammt aus Hengstforde, die Mutter aus Vreschen-Bokel. Bei ihrer Hochzeit am 30. Dezember 1890 arbeiten beide unter den um die Jahrhundertwende geläufigen Bezeichnungen „Dienstknecht“ und Dienstmagd“ als Angestellte in Augustfehn – ob in der Landwirtschaft oder in einem bürgerlichen Haushalt, geht aus dem Standesamts-Eintrag nicht hervor. Die erst 1850 gegründete Moorkolonie hat durch den 1869 erfolgten Anschluss an die Eisenbahnlinie Oldenburg-Leer und die Gründung des Stahlwerks Schultze, Fimmen & Co. drei Jahre später einen bemerkenswerten Aufschwung genommen. Zu den damals mehr als 100 Bediensteten des Stahlwerks gehört sehr wahrscheinlich auch Helenes Großvater Johann Hullmann: Der eingangs erwähnte Standesamts-Eintrag bezeichnet ihn als „Fabrikarbeiter“ mit Wohnsitz Augustfehn. Bei Helenes Geburt ist dann der Beruf von Vater Ahlerd mit „Eisenbahnarbeiter“ angegeben.
In einer 1950 zum 100-jährigen Bestehen Augustfehns veröffentlichten Jubiläums-Broschüre findet sich der Hinweis, dass die 1859 erbaute Schule des Ortes angesichts des kräftigen Bevölkerungszuwachses schon bald aus allen Nähten platzt. Ganz in der Nähe des Stahlwerks entsteht deshalb 1906 ein zweites Schulhaus. Ob Helene als mutmaßliche Viertklässlerin fortan im neuen oder weiter im alten Gebäude unterrichtet wird, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Auch wo sie im August 1914 nach Schulabschluss und Konfirmation den Ausbruch des für ihren Bruder August tödlichen Krieges erlebt, liegt heute im Dunkeln. Möglicherweise aber bereits in der Nähe von Hude, denn dort heiratet sie am 11. November 1920 – auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Waffenstillstand von Compiègne – Adolf Timmermann aus Hurrel.
Nach der Hochzeit mieten sich Helene und Adolf in einem mittlerweile abgebrochenen Heuerhaus im Hurreler Sand ein, das zum Hof von Johann Schwarting (heute: Gerd und Ute Schwarting) gehört. Der Geburt von Tochter Fredegunde im September 1921 folgt im März 1926 Sohn Arnold. Während Helene sich um die beiden Kinder kümmert und außer in der eigenen kleinen Landwirtschaft vermutlich auch des Öfteren auf dem Schwarting-Hof und dem Hof ihres Schwiegervaters Diedrich Timmermann (heute: Thomas und Kerstin Schwantje) arbeitet, nimmt Adolf im nahegelegenen Kirchkimmen eine Stellung auf der 1918 gegründeten Ziegelei von Friedrich Knabe an. Helenes Schwestern, die vermutlich in den Wirren der bis Ende 1923 andauernden Hyperinflation ihr Heil in der Hollandgängerei gesucht haben, sind derweil im Nachbarland geblieben und haben 1924 beziehungsweise 1925 in der Nähe von Rotterdam geheiratet.
Nahezu parallel zur Geburt der zweiten Tochter Henni bietet sich Adolf und Helene die Möglichkeit, am Voßbarg von Friedrich Brinkmann ein eigenes Haus (heute: Ewald und Adda Haverkamp) mit einem rund ein Hektar großen Grundstück zu kaufen. Dorthin siedelt die nun fünfköpfige Familie kurz vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Herbst 1929 über. Am Voßbarg bleibt es zunächst bei der bisherigen Arbeitsteilung, auch wenn Adolf krisenbedingt immer wieder über Monate hinweg zu Hause bleibt und so viel Zeit in die Renovierung des baufälligen Hauses investieren kann.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 verbessert sich das ökonomische Umfeld wieder – was die neuen Machthaber natürlich auf ihre gegen die Massenarbeitslosigkeit gerichtete und in diesem Punkt zunächst durchaus wirksame Politik zurückführen. Letztlich zielt ein darauf aufbauender, wenige Tage nach Helenes 40. Geburtstag im Oktober 1936 von Adolf Hitler verordneter Vierjahresplan für die Wirtschaft jedoch vor allem auf eines ab: durch beschleunigte Rüstung und größtmögliche Unabhängigkeit von ausländischen Rohstoffen bis 1940 kriegsfähig zu sein.
Solange braucht es gar nicht, schon im September 1939 beginnt mit dem Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. Ein Krieg, zu dem Ehemann Adolf aufgrund seiner im Ersten Weltkrieg erlittenen Verletzungen nicht mehr ausrücken muss und für den Sohn Arnold noch zu jung ist – der aber an Helene trotzdem nicht spurlos vorbei geht: Zum einen durch die Hochzeit von Tochter Fredegunde mit Bernhard Deharde, der als Angehöriger der U-Boot-Flotte an vorderster Front sein Leben riskiert. Zum anderen durch einen der sich ab 1942 häufenden feindlichen Fliegerangriffe auf Hurrel, der das Anwesen der Familie im vorletzten Kriegsjahr 1944 in Schutt und Asche legt.
Noch im selben Jahr muss auch Arnold an die Front, wo er die Invasion der Alliierten in der Normandie miterlebt. In der Schlussphase des Krieges, an dessen Ende Hurrel von britischen und kanadischen Truppen eingenommen wird, ist Helene viele Wochen lang ohne jede Nachricht von ihrem in amerikanische Gefangenschaft geratenen Sohn und von Schwiegersohn Bernhard. Letzterer versinkt im April 1945 mit den anderen Besatzungsmitgliedern seines U-Boots in den Tiefen des Atlantiks, ohne seinen im September 1945 geborenen Sohn Helmut je zu Gesicht zu bekommen.
Gut möglich, dass Enkel Helmut und sein bereits 1943 geborener Bruder Manfred Helene in jenen dunklen Monaten ein wenig Halt geben – ebenso wie der Umstand, dass Arnold letztlich doch wohlbehalten nach Hurrel zurückkehrt. Die ersten Jahre in der neugegründeten Bundesrepublik Deutschland sind dann für Helene unter anderem geprägt von Fredegundes Hochzeit mit ihrem zweiten Ehemann Paul-Heinz Pung im September 1949 und – bis 1964 – der Geburt von insgesamt sieben weiteren Enkelkindern.
Fünf Jahre nach Geburt der jüngsten Enkeltochter stirbt Adolf Timmermann nach längerer Krankheit. Helene überlebt ihren Ehemann nur um 17 Monate und stirbt am 8. November 1970. Beerdigt ist sie drei Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude.