Heinrich Schwarting – Biographie

Eberhard Heinrich Schwarting – Rufname Heinrich – wird am 7. August 1855 als drittes Kind von Christian Carl Schwarting und Anna Catharina Schwarting auf dem elterlichen Hof in Bergedorf-Ohe geboren. Er ist der jüngere Bruder von Johann Hermann Schwarting und der ältere Bruder von Georg Wilhelm Schwarting, Martin Hermann Schwarting und Johann Hinrich Schwarting. Zwei weitere Brüder – beide bleiben namenlos – kommen 1854 und 1863 tot zur Welt oder sterben unmittelbar nach der Geburt. Darüber hinaus hat Heinrich mit Johann Schwarting, Hinrich Schwarting, Christian Carl Schwarting Jr. und Anna Catharine Elise Schwarting noch vier Halbgeschwister aus der zweiten Ehe seines Vaters mit Margarete Siemers.

Eine Woche nach Heinrichs Geburt heiratet Friederike von Oldenburg, Tochter des 1853 verstorbenen Oldenburger Großherzogs August I. und Halbschwester seines Nachfolgers Peter II., den bayerisch-österreichischen Freiherrn Maximilian Emanuel von Washington. Ein gesellschaftliches Ereignis in der damals rund 11.000 Einwohner zählenden Residenzstadt –wenn auch von seiner Bedeutung her kaum vergleichbar mit der im November 1836 vollzogenen Eheschließung von Friederikes älterer Schwester Amalie mit Otto I., dem späteren König von Griechenland. Denn Friederikes Bräutigam trägt zwar einen klingenden Namen und ist auch entfernt mit George Washington, dem ersten Präsidenten der Vereinigten Staaten, verwandt. Rein adelsrechtlich gilt seine Verbindung mit der Tochter eines ranghöheren Großherzogs jedoch als nicht standesgemäß.

Letzteres ist einer der Gründe, warum Friederike in der Geschichtsschreibung immer etwas im Schatten ihrer Schwester – und natürlich des Halbbruders – steht. Nach der Trauung zieht sich das Paar auf das aus Friederikes Hochzeitsausstattung erworbene Schloss Pöls in der Steiermark zurück. In der alten Heimat erinnert bis heute unter anderem die noch zu Lebzeiten des Vaters nach ihr benannte Friederikeneiche im von Bergedorf rund fünf Kilometer entfernten Staatsforst Hasbruch an die Fürstentochter. Mit Friederike verbindet Heinrich darüber hinaus jedoch auch das Schicksal der Mütter: Beide sterben unmittelbar nach der Geburt eines ihrer Kinder. Im Falle von Friederike ist sie es selbst, die nach dem Tod von Prinzessin Adelheid von Beginn an als Halbwaise aufwächst. Heinrich ereilt dieses Schicksal am 18. August 1863, wenige Tage nach seinem achten Geburtstag. Zu diesem Zeitpunkt leben von den bis dahin geborenen Geschwistern nur noch die beiden jüngeren Brüder Georg Wilhelm und Martin Hermann.

Der zweiten Hochzeit des Vaters im September 1864 folgt im Januar 1865 die Geburt des ältesten Halbbruders, der allerdings kurz nach seinem dritten Geburtstag stirbt. Als im September 1870 neben den beiden weiteren, 1866 und 1868 geborenen Halbbrüdern Halbschwester Anna Catharine Elise die Familie komplett macht, hat Heinrich die Volksschule in seinem Heimatort mit einiger Sicherheit bereits verlassen. Vermutlich bleibt er aber in den Jahren danach zunächst auf dem elterlichen Hof, denn Vater Christian Carl ist gesundheitlich angeschlagen: Er stirbt im April 1874 an Auszehrung. Stiefmutter Margarete heiratet daraufhin im September 1875 Johann Hinrich Diedrich von Seggern, der nach Margaretes Tod im Juni 1881 den Schwarting-Hof übernimmt und sich um Heinrichs zu diesem Zeitpunkt noch minderjährigen Halbgeschwister kümmert.

Wann und bei welcher Gelegenheit Heinrich seine künftige Ehefrau Gesine Osterloh aus Sandersfeld kennenlernt, ist nicht überliefert. Mag sein, dass Heinrichs verwandtschaftliche Beziehungen ins nahe gelegene Hurrel eine Rolle spielen: Im Nachbardorf führt sein Onkel Gerhard Schweers den heutigen Hof von Gerold und Annegret Sparke, seine Großmutter Anna Meyer wiederum bewirtschaftet mit ihrem zweiten Ehemann Hermann Meyer einen Hof an der Pirschstraße (heute: Jörg und Monika Wittkopf). Durch diese räumliche Nähe dürfte Heinrich mit den Verhältnissen auf dem Osterloh-Hof (heute: Ingo und Elke Haverkamp) bestens vertraut sein: Dort lebt Gesine Margarete nach dem frühen Tod ihres ersten Ehemannes Hermann Osterloh im Januar 1882 allein mit den beiden Kindern Dietrich und Elise Catharine und Vater Johann Dierk Rodiek.

Heinrich und Gesine Margarete heiraten am 6. Mai 1884. Im März 1885 kommt die gemeinsame Tochter Anna Catharine zur Welt. Durch den Tod von Schwiegervater Johann Dierk Rodiek im April 1889 wird aus dem Sechs- wieder ein Fünf-Personen-Haushalt, wobei noch verschiedene Bedienstete hinzugerechnet werden müssen. Tatsächlich dürfte die Zahl der Knechte und Dienstmägde auf dem Osterloh-Hof in jenen Jahren höher sein als auf den meisten Hurreler Betrieben. Schließlich findet er schon im Oldenburger Salbuch von 1428 Erwähnung und gehört damit zu den ältesten und größten Höfen der Umgebung.

Trotz der Zugehörigkeit Sandersfelds zur Kirchengemeinde Ganderkesee und zum Schulbezirk Kirchkimmen pflegt Heinrich auch nach seiner Heirat enge Kontakte nach Hurrel – zumal dort inzwischen auch einer der beiden noch lebenden vollbürtigen Brüder ansässig ist: Stief-Großvater Hermann Meyer hat Martin Hermann Schwarting als Erbe seines Hofes an der Pirschstraße eingesetzt, letzterer lebt dort mit seiner Familie und – bis zu deren Tod im Februar 1899 – der gemeinsamen Großmutter Anna Meyer. Der zweite Bruder Georg Wilhelm hat sich in Bookhorn niedergelassen, wo er seinen Lebensunterhalt als Heuermann und Arbeiter verdient. Kurz nach der Jahrhundertwende kommen zwei weitere familiäre Bande nach Hurrel hinzu: Heinrichs frühzeitig als Hoferbe feststehender Stiefsohn Dietrich heiratet im Juni 1903 Johanne Heinemann, Tochter Anna Catharine wird im Februar 1910 die Ehefrau von Heinrich Rüdebusch.

Anders als auf so manch anderem umliegenden Hof bringt der Erste Weltkrieg die geplante Erbfolge nicht durcheinander: Da er bei Kriegsausbruch im August 1914 bereits 42 Jahre alt ist, entgeht Stiefsohn Dietrich einer Einberufung. Die nächste größere Veränderung auf dem Osterloh-Hof tritt deshalb erst mit dem Tod von Gesine Schwarting ein: Heinrichs Ehefrau erliegt im April 1920 einem Schlaganfall.

Obwohl längst im Rentenalter, arbeitet Heinrich auch als Witwer weiter im Betrieb seines Stiefsohns mit. Als Dietrich und Johanne Osterloh bald nach der Hochzeit ihrer Tochter Gesine Christine mit Johann Carl Haverkamp im Mai 1926 den Stammhof verlassen und ganz in der Nähe ein Heuerhaus beziehen, schließt er sich den beiden an. Am neuen Standort betreiben alle drei weiter Landwirtschaft, wenn auch in deutlich kleinerem Rahmen als zuvor und in erster Linie für den Eigenbedarf.

Ab 1939 prägen der von den Nationalsozialisten entfesselte Zweite Weltkrieg und dessen Folgen Heinrichs letztes Lebens-Jahrzehnt. Er erlebt die Bombardierung des Haverkamp-Hofes durch alliierte Bomber, den Tod seiner drei zur Wehrmacht einberufenen Enkel Gustav, Georg und Heino Rüdebusch, die bedingungslose Kapitulation Deutschlands und die bittere Not der Nachkriegsjahre. Heinrich stirbt am 23. November 1948 – wenige Monate nach seinem 93. Geburtstag und der im Juni 1948 vollzogenen Währungsreform, die auch in Sandersfeld und Hurrel ganz allmählich eine Wende zum Besseren einleitet. Beerdigt ist er vier Tage später auf dem evangelischen Friedhof in Ganderkesee.