Heinrich Bernhard Logemann wird am 8. Juni 1903 als zweites Kind von Diedrich Logemann und Adeline Logemann auf dem elterlichen Hof in Hiddigwardermoor geboren. Er ist der jüngere Bruder von Annie Tilman und der ältere Bruder von Hans Logemann, Elly Winkler und Karl Logemann.
Am Abend des 6. Juni 1903 feiern Mitglieder des Hamburger Senats mit hochrangigen Gästen in der Wandelhalle des neu errichteten Dammtor-Bahnhofs dessen Eröffnung. Die ganze Nacht hindurch werden an langen Tafeln Speisen und Getränke gereicht, bis in den frühen Morgenstunden des 7. Juni der erste Zug einläuft. Der elegante Jugendstil-Bau besitzt je zwei Gleise für den Fernverkehr und die Stadtbahn. Da die Stadt noch keinen zentralen Hauptbahnhof hat, ist der Bahnhof Dammtor, was den Schienenverkehr betrifft, bis auf weiteres Hamburgs Tor zur Welt. Im Erdgeschoss befinden sich spezielle Fürstenräume und es gibt ein eigenes Abstellgleis für Monarchen-Sonderzüge.
Auf eben diesem Gleis parkt zwei Wochen später ein Zug, der zum Tross von Wilhelm II. gehört. Deutschlands seit 1888 regierender Kaiser besucht am 20. und 21. Juni Hamburg, um dort der Enthüllung eines seinem Großvater Wilhelm I. gewidmeten Reiterdenkmals beizuwohnen. Während er sich mit dem auf dem Rathausmarkt platzierten, inklusive Sockel 12,5 Meter hohen Standbild vollauf zufrieden zeigt, lässt Wilhelm dem neuen Bahnhof weit weniger Lob zukommen. „Sieht ja ganz nett aus“, sagt er der Überlieferung zufolge bei der Ankunft. Seine Majestät und Jugendstil, das sind zwei Dinge, die ganz einfach nicht zusammenpassen wollen.
Vielleicht ist Wilhelm zu diesem Zeitpunkt auch noch etwas verärgert über das Ergebnis der am 16. Juni abgehaltenen Reichstagswahl, bei der die von ihm verachteten Sozialdemokraten deutlich zulegen konnten. Traditionell gingen dabei alle drei Hamburger Wahlkreise an die SPD – einer davon an den für Neustadt/St. Pauli kandidierenden Parteivorsitzenden August Bebel. Mit 81 statt wie bisher 56 Abgeordneten stellt die SPD im künftigen Reichstag hinter dem Zentrum erneut die zweitstärkste Fraktion.
Im Großherzogtum Oldenburg, zu dem Heinrichs Geburtsort gehört, kann die SPD ihr Ergebnis ebenfalls deutlich verbessern. Für einen eigenen Abgeordneten reicht es allerdings abermals nicht: Die der liberalen FVP angehörenden Abgeordneten Carl Bargmann und Albert Traeger können ihr bereits 1898 errungenes Reichstagsmandat verteidigen. Dritter im Bunde ist der in Südoldenburg verwurzelte Zentrums-Politiker Eduard Burlage.
Ob Diedrich Logemann – Ehefrau Adeline ist nicht wahlberechtigt – am 16. Juni seine Stimme abgegeben hat, lässt sich nur vermuten. Heinrichs Vater bewirtschaftet im zwischen Hude und Berne gelegenen Moor einen eigenen Hof, auf dem Heinrich bereits als Kind mit anpackt. Nach der achtjährigen Volksschulzeit, die er wie alle Hiddigwardermoorer seiner Generation beim damaligen Dorfschul-Rektor Wilhelm Harmjanz durchläuft, macht er eine Lehre zum Bootsbauer.
Wo genau Heinrich diese in der Schlussphase des Ersten Weltkriegs begonnene Ausbildung absolviert, ist in der Familie nicht mehr bekannt – auch nicht, wo er anschließend arbeitet. Die Blütezeit der Werften an der Unterweser – die Stadt Elsfleth etwa gehörte bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu den größten Reedereiplätzen Deutschlands – ist zwar 1920 bereits vorüber. Dennoch gibt es in unmittelbarer Nähe noch eine größere Anzahl von Schiffsbaubetrieben, unter anderem im rund zehn Kilometer nordöstlich von Hiddigwardermoor gelegenen Bardenfleth. Weil zumindest auf den kleineren Werften der Region nach wie vor überwiegend mit Holz gearbeitet wird, schließt Heinrich wie viele andere Bootsbauer noch eine zweite Ausbildung zum Zimmermann an.
Privat orientiert sich Heinrich augenscheinlich eher nach Süden, in die Gemeinde Hude. Bei welcher Gelegenheit er dabei seine künftige Frau Liesbeth Fröhlich kennenlernt, ist nicht überliefert. Liesbeth stammt zwar aus Bremen-Vahr, arbeitet Mitte der 20er Jahre jedoch als Dienstmädchen beim Hurreler Bauern Dietrich Schütte. Nach der am 5. August 1927 in Hiddigwardermoor gefeierten Hochzeit zieht das junge Paar zunächst in ein zum Hof von Gerhard Wieting gehörendes Haus an der Hurreler Straße (heutige Eigentümerin: Inge Molde). Dort kommt zwei Monate später, am 9. Oktober, Tochter Alwine zur Welt.
Nach der Geburt der Söhne Alfred (1930), Heinz (1932) und Walter (1934) fassen Heinrich und Liesbeth den Entschluss, in Hurrel sesshaft zu werden. Das eigene, zu großen Teilen von Heinrich selbst erbaute Heim (heutige Besitzerin: Meike Haucken) entsteht im Laufe des Jahres 1938 auf einem zuvor gekauften Grundstück an der Bremer Straße.
Nur ein Jahr nach dem Einzug ändert der von den Nationalsozialisten begonnene Zweite Weltkrieg zunächst alle Zukunftspläne. Heinrich wird zwangsverpflichtet und tut fortan Dienst auf der Kriegsmarinewerft Wilhelmshaven. Eine Tätigkeit, die es ihm immerhin ermöglicht, an manchen Wochenenden nach Hause zu kommen und neben den anderen Kindern auch seinen jüngsten, im Mai 1941 geborenen Sohn Konrad aufwachsen zu sehen.
Aufgrund der als kriegswichtig eingestuften Arbeit auf der Werft bleibt Heinrich bis zum Schluss eine Abkommandierung an die Anfang 1945 immer näher rückende Front erspart. Ungefährlich ist sein Einsatz jedoch keineswegs: So kostet ihn in den letzten Kriegswochen ein Tieffliegerangriff, der ihn bei der Reparatur eines im Hafen liegenden Schiffes überrascht, beinahe das Leben.
Nach der deutschen, im Nordwesten bereits am 5. Mai 1945 in Kraft tretenden Kapitulation der Wehrmacht kehrt Heinrich schnellstmöglich nach Hurrel zurück. Der Übergang ins zivile Leben fällt ihm nicht schwer, und zu tun gibt es für einen Zimmermann wie ihn in der Nachkriegszeit genug. Zunächst arbeitet er in der Sägerei und Stellmacherei von Johann Hinrich Möhlenbrock in Lintel, später dann in der Zimmerei seines Nachbarn Diedrich Schmidt und schließlich auf der Ziegelei Knabe in Kirchkimmen.
Dass es sich bei der Ziegelei bereits um die letzte Station in Heinrichs Arbeitsleben handeln soll, ist zu Beginn dieser Tätigkeit nicht unbedingt absehbar. Eine 1954 diagnostizierte Krebserkrankung zwingt ihn jedoch immer häufiger zu Auszeiten und diversen Aufenthalten im Krankenhaus. Am Ende ist es ein Kampf, den Heinrich nicht gewinnen kann: Er stirbt am 21. Dezember 1956 im Alter von nur 53 Jahren und wird drei Tage später auf dem Friedhof der St.-Elisabeth-Kirche in Hude beerdigt.